Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

ein Gesetz verfügen würden, welches mangels 
geeigneter Ueberwachung einfach auf dem Pa- 
pier stände und zur Förderung unserer Anto- 
rität nicht beitragen würde. Nur allmälig 
wird man die Eingeborenen, etwa familien- 
weise, ermuntern und ihnen gestatten, die an- 
fänglich baar zu entrichtende Familiensteuer 
abzuarbeiten; ist dieser Modus gefunden, dann 
erst wird eine Kopfsteuer ohne Unterschied 
einzuführen sein, die Jeden trifft und ihm 
im Unvermögensfalle die Aupflanzung 
einer gewissen Anzahl von näher anzugebenden 
Objekten auserlegt. 
Der Neger ist von Natur aus bekanntlich 
habgierig und direkte Leistungen aus seinem 
Beutel, ohne dafür ein Aequivalent mit einigen 
Hundert Prozent Verdienst zu erhalten, sind ihm 
sehr unangenehm, namentlich nachdem die 
große Masse der Küstenbevölkerung die Nütz- 
lichkeit, um nicht zu sagen Nothwendigkeit, 
einer Negierung nicht nur nicht einsieht, 
sondern ihr ablehnend gegenüber sieht: das 
kann für den, welcher die Negerart studirt, 
keinem Zweifel unterliegen, ganz abgesehen von 
den dieses bestätigenden Thatsachen. Aus 
diesem Grunde ist es wahrscheinlich, daß die 
Familienväter, welche für ihre zahlrcichen 
Weiber und Sklaven eine baare Steuer be- 
zahlen sollen, mit Freuden die Gelegenhcit 
ergreisen werden, dieselbe durch ihre Familien- 
mitglieder abarbeilen zu lassen. Dadurch wird 
ihr Säckel nicht in Anspruch genommen, und 
sie haben die Aussicht, später obenein an ihren 
Plantagen zu verdienen. Ja, dieselben werden 
dem Staat noch dankbar sein, daß er sie, das 
heißt ihre sonst so faulen Sklaven, zwingt, 
für sie die Farmen anzulegen, wozu sie die- 
selben aus sich in dem Maßstabe, wie wir es 
wollen und sie es auch nicht ungern sehen, 
niemals bringen werden. Oder hätten die 
Häuptlinge in Kamerun, diese großen Kings, 
jemals auch nur einen Spatenstich thun 
lassen, wenn das Gonvernement es wollte? 
Die durch die Dualladörfer führende 
große Landstraße, die großen Landungswege, 
alle diese Arbeiten mußte das Gonvernement 
mit großen Kosten und eigenen Leuten aus- 
führen, trotz der ernstlichsten Versuche, die 
Eingeborenen dafür zu gewinnen. Direkt be- 
sohlener Plantagenbau wird zu zahllosen Pa- 
lavern Anlaß geben. Anders aber, wenn der- 
selbe an Stelle einer andern, noch unangenehmer 
empfundenen Leistung tritt. Die baare Steuer 
wird sich eintreiben lassen; der einzelne zur 
Zahlung verpflichtete Hausvorstand ist bald 
hesaßt. Als echter Händler aber wird er die 
beiden Uebel, Steuer und Plantagen- 
arbeit, miteinander abwägen und sich freuen, 
  
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zur Abarbeitung zugelassen zu werden, denn 
darin liegt der Gewinn für ihn. 
Schließlich bemerke ich noch, daß der Neger 
nicht in dem Sinne faul ist, wie man gewöhn- 
lich behauptet. Ein Dualla wäre thöricht, 
wenn er zur Zeit etwas anderes thun wollte, 
wie den einträglichen Zwischenhandel treiben, 
jeder Mensch strebt eben danach, auf schnellste 
und bequemste Weise seine Interessen, nament- 
lich wenn es sich im Handel um das liebe 
Geld handelt, zu erreichen. Hat aber erst 
einmal der mit so überaus billigen Arbeits- 
krästen — Sklaven, Weiber! — arbeitende 
Neger den für ihn bedeutenden Werth einer 
rationell angelegten Plantage begrisfen, dann 
werden sich, wie erst einer, alsbald Hunderte 
dazu drängen, ohne Prämien und dergleichen. 
Zudem sollen ja dic einzelnen Plantagen nicht 
so übermäßig groß angelegt werden, daß die- 
selben die Kräfte einer Familie vollständig ab- 
sorbiren. Hier heißt cs auch wieder: Die 
Menge muß es bringen und wofern sie es 
nur bringt, ist dem Staatsinteresse vollkommen 
Genüge gethan. Man muß übrigens nicht 
denken, daß die durch die Neger verrichteten 
Arbeiten wenig Mühe verursachen. Die Farmen 
nehmen einen ansehnlichen Theil der Arbeits- 
kraft der Bevölkerung in Anspruch. Die Oel- 
bereitung erfordert einheitliches Zusammen= 
arbeiten ganzer Verbände, die Gummibereitung 
ist überhaupt nur möglich, wenn sich viele 
billige Hände regen, ein Beweis, daß der 
Neger nur erst wissen muß, wo der Profit 
steckt, dann geht er schon heran an ihm vorher 
fremde Beschäftigungen. Oder haben wir hier 
oben nicht schon die Eingeborenen in militä- 
rischem Drill geübt, eine Arbeit für sic, deren 
späteren Nutzen sie vielleicht noch weniger 
schnell begreifen, wie den Anbau von Kakao. 
Wie schon bemerkt, soll die Plantagen- 
wirthschaft der Schwarzen unter staatlicher Auf- 
sicht und mit staatlicher Unterstützung betrieben 
werden, insofern die Regierung Saalpflanzen 
unentgeltlich hergiebt oder Werlzeuge zur leih- 
weisen Benußung überläßt. 
Plantageninspektoren haben sich von dem 
Gang und Stand der Plantagen der Einge- 
borenen zu überzeugen, nachdem ihre Belehrung 
und Anordnungen in dieser Hinsicht voraus- 
gegangen sind. Um stets die erforderlichen 
Saatpflanzen vorräthig haben zu können, sind 
an geeigneten Stellen Baumschulen von Kalao, 
Kassee und anderen geeignet erscheinenden 
Kolonialprodukten anzulegen, wobei zu gleicher 
Zeit die Aufmerksamkeit auf Ausbildung 
schwarzer Gehülsen zu richten ist. Der um- 
fassende und vorausschauende Geist eines Soden 
hat auch in dieser Hinsicht schon der noch fern
	        
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