Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

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Stunden in Anspruch. Während des ganzen 
Tages regnete es in Strömen, der Weg war 
zum großen Theil unter Wasser gesetzt. Abends 
um 5 Uhr wurde zwischen den Dörfern Poli 
und Luhamba Lager bezogen. Die Träger, 
welche mit ihren Lasten nicht hatten folgen 
können, nächtigten in Poli oder unterwegs. 
Auch am nächsten Tage mußte bei starkem 
Regen durch eine überschwemmte Grasebene 
marschirt werden, und wurde nach siebenstündi- 
gem Marsche Luhamba erreicht. Dieses Dorf 
ist eines der vielen zu Tununguno gehörigen 
Dörsfer. 
In der Nacht vom 6. auf den 7. März 
hatte es wieder stark geregnet, so daß der 
Kinganifluß die hier befindliche Brücke (Baum- 
stamm) weggerissen hatte. Ich mußte daher 
den anderen Weg einschlagen, der nach der 
französischen Mission führt, woselbst eine Furth 
vorhanden ist. Dieser Weg führt durch zwei 
kleine Bäche, den Mgobeta und Mtschemesi, 
welche gewöhnlich nur sehr wenig Wasser haben, 
an diesem Tage aber, infolge der starken Nie- 
derschläge, stark angeschwollen waren. Ueber 
den ersteren ließ ich mit Baumstämmen einen 
Steg bauen, auf welchem der Ucbergang rasch 
erfolgte. Dagegen war der Uebergang über 
den Mtschemesi sehr schwierig und zeitraubend. 
Ein Steg konnte über denselben nicht gelegt 
werden, da in der Nähe keine geeigneten Bäume 
vorhanden sind; der schon vorhandene Baum- 
stamm aber lag unter Wasser, und schoß dieses 
mit großer Gewalt darüber hinweg. Beim 
Uebergang ertrank ein Sudanese. Die von 
mehreren Seiten unternommenen Rettungsver- 
suche blieben erfolglos, und wäre Lientenant 
Johannes hierbei beinahe selbst ertrunken, auch 
konnte der Leichnam des Sndanesen nicht ge- 
sunden werden. 
Nachmittags um 2 Uhr bezog ich am linken 
User des Kinganiflusses in der Nähe des Dorfes 
Mhalaka, gegenüber der französischen Mission 
Lager. Der Marsch von Luhamba bis dahin, 
welcher unter normalen Verhälktnissen eine 
Stunde dauert, hatte an diesem Tage sieben 
Stunden in Anspruch genommen. 
Tununguo, eine kleinc Landschaft, liegt in 
einem fruchtbaren, reich bewässerten Thale, die 
Bewohner sind fleißig und zutraulich, die Felder 
sind in gutem, wohlgepflegten Zustande. Man 
sollte meinen, hier müßte Wohlhabenheit herr- 
schen. Doch hat bis jetzt hier, in Folge der 
häufigen Mafiti-Einfälle, keine Sicherheit des 
Besitzes bestanden, die Bewohner waren meist 
veranlaßt, ihre Ernten preiszugeben, um ihr 
nacktes Leben zu retten, und wenn sie zurück- 
kamen, fanden sie ihre Ernten entweder zerstört 
oder verdorben. So kommt es, daß hier, trotz# 
  
  
  
der schönen Mais= und Mtamafelder Hungers- 
noth herrscht. Es ist daher begreiflich, daß die 
Leute sich freuten, als ich ihnen mittheilte, daß 
in Kisaki eine Station angelegt werde und daß 
sie von den Mafitis nicht mehr belästigt wer- 
den würden. 
Am Morgen des 8. März war der Wasser- 
stand des Kingani um drei bis vier Meter höher, 
wie am vorhergehenden Tage, da es während 
der ganzen Nacht stark geregnet hatte. Da cs 
eine andere Uebergangsstelle nicht giebt, so war 
ich gezwungen, das Fallen des Flusses hier 
abzuwarten. Ich wollte ein Floß zimmern 
lassen, um auf diesem überzusetzen, doch er- 
wiesen sich sämmtliche vorhandenen Holzarten 
als zu schwer und sanken im Wasser unter; 
auch versuchte ich es mit dem Bau einer noth- 
dürftigen Bockbrücke, derselbe gelang bis auf 
25 m, doch erwies er sich in seiner leßten 
Strecke, wegen der großen Stromgeschwindigkeit 
als mit den vorhandenen Mitteln unausführbar. 
Erst am 15. März war das Wasser so 
weit gefallen, daß der Uebergang am Nach- 
mittag diceses Tages ausgeführt werden konnte. 
Das Wasser reichte noch bis an die Brust. 
Am andern Ufer wurde Lager bezogen. 
Das lange Lagern in der durch die Regen- 
güsse vollständig versumpften Flußniederung 
hatte zahlreiche Erkrankungen zur Folge. Von 
den farbigen Mannschaften mußten drei als 
nicht transportfähig in der französischen Mission 
in Tununguo zurückgelassen werden. Viele 
Andere konnten nur mit Mühe und langsam 
folgen. Von den Trägern entliefen von Tu- 
nunguo aus, des langen Wartens müde, viel- 
leicht auch, weil es nicht viel zu essen gab oder 
weil sie Angst vor einem etwaigen Zusammen- 
treffen mit den Mafitis hatten, der größte Theil. 
Nur 30 blieben übrig, welche sofort in Ge- 
wahrsam genommen wurden. Das Anwerben 
neuer Träger fiel jedoch hier nicht schwer, da 
die Gegend überhaupt sehr bevölkert ist, vielc 
Leute ohnedies gern nach Kisaki mitgingen, um 
bei dieser Gelegenheit wieder in den Besitz 
ihrer von den Mafitis geraubten Verwandten 
zu kommen; auch waren die Lasten durch Ver- 
brauch und durch Verderben infolge des vielen 
Regens bedentend zusammengeschmolzen. 
Der in der Kiepert'schen Karte punktirt ge- 
zeichnete Nufu (Kingani) ist, sowohl was Breite 
wie Tiefe anbelangt, weit bedeutender als die 
Flüsse Mgeta, Ngasi und Dutumi; nach der 
Karte könnie leicht der Mgcta als Hauptfluß 
angesehen werden. 
Am 16. März marschirte ich Morgens mit 
Tagesanbruch von Tunungno ab. Der nächste 
Weg nach Kisaki führt von da über Tulo nach 
Kisaki, doch konnte dieser wegen Ueberschwem-
	        
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