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Stunden in Anspruch. Während des ganzen
Tages regnete es in Strömen, der Weg war
zum großen Theil unter Wasser gesetzt. Abends
um 5 Uhr wurde zwischen den Dörfern Poli
und Luhamba Lager bezogen. Die Träger,
welche mit ihren Lasten nicht hatten folgen
können, nächtigten in Poli oder unterwegs.
Auch am nächsten Tage mußte bei starkem
Regen durch eine überschwemmte Grasebene
marschirt werden, und wurde nach siebenstündi-
gem Marsche Luhamba erreicht. Dieses Dorf
ist eines der vielen zu Tununguno gehörigen
Dörsfer.
In der Nacht vom 6. auf den 7. März
hatte es wieder stark geregnet, so daß der
Kinganifluß die hier befindliche Brücke (Baum-
stamm) weggerissen hatte. Ich mußte daher
den anderen Weg einschlagen, der nach der
französischen Mission führt, woselbst eine Furth
vorhanden ist. Dieser Weg führt durch zwei
kleine Bäche, den Mgobeta und Mtschemesi,
welche gewöhnlich nur sehr wenig Wasser haben,
an diesem Tage aber, infolge der starken Nie-
derschläge, stark angeschwollen waren. Ueber
den ersteren ließ ich mit Baumstämmen einen
Steg bauen, auf welchem der Ucbergang rasch
erfolgte. Dagegen war der Uebergang über
den Mtschemesi sehr schwierig und zeitraubend.
Ein Steg konnte über denselben nicht gelegt
werden, da in der Nähe keine geeigneten Bäume
vorhanden sind; der schon vorhandene Baum-
stamm aber lag unter Wasser, und schoß dieses
mit großer Gewalt darüber hinweg. Beim
Uebergang ertrank ein Sudanese. Die von
mehreren Seiten unternommenen Rettungsver-
suche blieben erfolglos, und wäre Lientenant
Johannes hierbei beinahe selbst ertrunken, auch
konnte der Leichnam des Sndanesen nicht ge-
sunden werden.
Nachmittags um 2 Uhr bezog ich am linken
User des Kinganiflusses in der Nähe des Dorfes
Mhalaka, gegenüber der französischen Mission
Lager. Der Marsch von Luhamba bis dahin,
welcher unter normalen Verhälktnissen eine
Stunde dauert, hatte an diesem Tage sieben
Stunden in Anspruch genommen.
Tununguo, eine kleinc Landschaft, liegt in
einem fruchtbaren, reich bewässerten Thale, die
Bewohner sind fleißig und zutraulich, die Felder
sind in gutem, wohlgepflegten Zustande. Man
sollte meinen, hier müßte Wohlhabenheit herr-
schen. Doch hat bis jetzt hier, in Folge der
häufigen Mafiti-Einfälle, keine Sicherheit des
Besitzes bestanden, die Bewohner waren meist
veranlaßt, ihre Ernten preiszugeben, um ihr
nacktes Leben zu retten, und wenn sie zurück-
kamen, fanden sie ihre Ernten entweder zerstört
oder verdorben. So kommt es, daß hier, trotz#
der schönen Mais= und Mtamafelder Hungers-
noth herrscht. Es ist daher begreiflich, daß die
Leute sich freuten, als ich ihnen mittheilte, daß
in Kisaki eine Station angelegt werde und daß
sie von den Mafitis nicht mehr belästigt wer-
den würden.
Am Morgen des 8. März war der Wasser-
stand des Kingani um drei bis vier Meter höher,
wie am vorhergehenden Tage, da es während
der ganzen Nacht stark geregnet hatte. Da cs
eine andere Uebergangsstelle nicht giebt, so war
ich gezwungen, das Fallen des Flusses hier
abzuwarten. Ich wollte ein Floß zimmern
lassen, um auf diesem überzusetzen, doch er-
wiesen sich sämmtliche vorhandenen Holzarten
als zu schwer und sanken im Wasser unter;
auch versuchte ich es mit dem Bau einer noth-
dürftigen Bockbrücke, derselbe gelang bis auf
25 m, doch erwies er sich in seiner leßten
Strecke, wegen der großen Stromgeschwindigkeit
als mit den vorhandenen Mitteln unausführbar.
Erst am 15. März war das Wasser so
weit gefallen, daß der Uebergang am Nach-
mittag diceses Tages ausgeführt werden konnte.
Das Wasser reichte noch bis an die Brust.
Am andern Ufer wurde Lager bezogen.
Das lange Lagern in der durch die Regen-
güsse vollständig versumpften Flußniederung
hatte zahlreiche Erkrankungen zur Folge. Von
den farbigen Mannschaften mußten drei als
nicht transportfähig in der französischen Mission
in Tununguo zurückgelassen werden. Viele
Andere konnten nur mit Mühe und langsam
folgen. Von den Trägern entliefen von Tu-
nunguo aus, des langen Wartens müde, viel-
leicht auch, weil es nicht viel zu essen gab oder
weil sie Angst vor einem etwaigen Zusammen-
treffen mit den Mafitis hatten, der größte Theil.
Nur 30 blieben übrig, welche sofort in Ge-
wahrsam genommen wurden. Das Anwerben
neuer Träger fiel jedoch hier nicht schwer, da
die Gegend überhaupt sehr bevölkert ist, vielc
Leute ohnedies gern nach Kisaki mitgingen, um
bei dieser Gelegenheit wieder in den Besitz
ihrer von den Mafitis geraubten Verwandten
zu kommen; auch waren die Lasten durch Ver-
brauch und durch Verderben infolge des vielen
Regens bedentend zusammengeschmolzen.
Der in der Kiepert'schen Karte punktirt ge-
zeichnete Nufu (Kingani) ist, sowohl was Breite
wie Tiefe anbelangt, weit bedeutender als die
Flüsse Mgeta, Ngasi und Dutumi; nach der
Karte könnie leicht der Mgcta als Hauptfluß
angesehen werden.
Am 16. März marschirte ich Morgens mit
Tagesanbruch von Tunungno ab. Der nächste
Weg nach Kisaki führt von da über Tulo nach
Kisaki, doch konnte dieser wegen Ueberschwem-