Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

mit 10 Mann; auch stellte der Wali sofort 
40 Bewaffnete in die Nähe der Station. 
Wir hatten außer den Regulären noch etwa 
20 mit Mausergewehren bewaffnete zuverlässige 
Leute. In Ipuli angekommen, schwärmten wir 
vor der einen Front der etwa 100 m im 
Quadrat messenden Tembe aus und eröffneten 
das Gefecht mit Geschützfeuer auf verschiedene 
Theile der Tembe. Hierauf stürmten wir von 
der rechten Flanke, indem wir uns einzeln auf 
das Dach heben ließen, von wo wir ein wirk- 
sames Feuer auf die im ersten Dorfring befind- 
lichen Waniamwezi eröffneten, die sich in die 
innere Tembe zurückzogen. In diesem Moment 
wurden wir von einem Schwarme von 100 Ge- 
wehrlrägern von außen angegriffen, welche aus 
den benachbarten Ortschaften kamen, doch er- 
hielten dieselben ein derartiges Kreuzfeuer von 
uns vom Dache und von den Bedeckungs- 
mannschaften des Geschützes, daß sie mit be- 
deutendem Verluste flohen. Die Vertheidiger 
des zweiten Ringes, durch die im ersten Ring 
angezündeten Hütten belästigt, flohen nun 
ebenfalls in die Felder, so daß nach zwei- 
stündigem Gefecht das ganze Dorf in unseren 
Händen war. Einzelne Waniamwezi-Schützen 
hatten sich noch in den Häusern versieckt, 
wurden aber herausgestöbert. 
Unsere Verluste sind nur gering: es wurden 
im Ganzen vier Sudanesen und einige Ir- 
reguläre durch Schüsse und Speerstiche ver- 
wundet. 
Als dem Sudanesen Faragallah Dia 
durch einen Schuß zwei Finger der linlen 
Hand zerschmettert wurden, schwenkte er die 
zerschossene Hand in der Lust und rief auf 
deutsch: „Schadet nichts, ich bin deutscher 
Soldat!“ Die Haltung der Soldaten war gut, 
sie lnallten nicht sinnlos herum, sondern sparten 
Munition, so daß durchschnittlich pro Kopf 
30 Patronen verschossen wurden. 
Ueber die Sklavenausfuhr in GOstafrika und die 
Behandlung befreiter Sklaven 
entnehmen wir einem Berichte des Freiherrn 
v. Soden Folgendes: 
Die Sklavenausfuhr ist in letzter Zeit, be- 
sonders im Süden unseres Schutzgebictes, wieder 
mit ganz besonderer Frechheit betrieben worden. 
Die Länge und nakürliche Beschaffenheit unserer 
Küste machen ihre Beaussichtigung an sich 
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schon schwicrig; diese Schwierigleiten werden 
erhöht durch die Knappheit der für eine wirk- 
same Ueberwachung zu Gebote slehenden Mittel. | 
Trohdem ist es schon mehrfach gelungen, sowohl! 
Karawanen wie auch Dhaus abzufassen, die 
mitgeführten Sklaven zu befreien und die Führer 
zur Verantwortung zu ziehen. 
Besondere Schwierigkeiten verursacht die 
Unterbringung und Beschäftigung der in Frei- 
heit gesetzten Sklaven. Für die Kinder findet 
sich bislang noch eine Unterkunft in den Missio- 
nen; ob dies auf die Dauer der Fall sein 
wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls fallen die 
Erwachsenen schon zur Zeil dem Gouvernement 
zur Last, dem für Befreiung von Sklaven nicht 
mehr als 30 000 Mk. zur Verfügung stehen. 
Daß mit dieser Summe nicht viel erreicht 
werden kann, bedarf wohl keiner weiteren Aus- 
führung. Aus den befreiten Sklaven irgend 
einen nennenswerthen Nutzen zu ziehen, woraus 
die Unterbringungs= und Unterhaltungskosten 
gedeckt werden könnten, ist nicht angängig. 
Denn erstens sind die Leute körperlich meist 
wenig leistungsfähig, sodann haben sie weder 
arbeiten gelernt noch haben sie Lust dazu. 
Es bedarf also europäischer Beaufsichtigung 
und Auleilung, deren Kosten mit den Leistungen 
dieser Leute wieder in keinem Verhältniß 
siehen. Endlich sind derarlige Arbeiten, wo- 
bei elwa befreite Sklaven zu verwenden 
wären, wie beispielshalber Straßenbauten, doch 
immer noch mit anderem Aufwand als dem 
bloß physischer Kräfte verbunden, und zu diesem 
Aufwande sind gleichfalls keine Mittel vorge- 
sehen. Dabei sind solche Sklaven mit Vorsicht 
zu behandeln, d. h. es darf von ihnen zunächst 
überhaupt nicht zu viel verlangt werden, damit 
sie die arabische Knechtschaft nicht der euro- 
päischen Freiheit vorziehen. Sie einfach zu 
befreien und dann laufen zu lassen, hat ande- 
rerseits auch keinen Sinn, denn sie würden 
dann bloß von Neuem den Sklavenhändlern 
in die Hände fallen und das nächste Mal am 
Ende gar nicht mehr befreit werden wollen. 
Eines der wirksamsten Mittel, dem Sklaven- 
raub zu slteuern, muß darin liegen, dem 
Handel mit Stklaven die Absaßgebiete zu 
nehmen. Der Absatz innerhalb unserer Grenzen 
ist doch immerhin beschränkt, und an der Küste 
wenigstens der damit verbundene Gewinn schon 
heut bei der bestehenden Rechtspraxis, wonach sich 
jeder Sklave slets ohne besondere Schwierigkeit 
selbst die Freiheit geben kann, höchst illusorisch. 
Das Verlockende für den Sklavenjäger ist und 
bleibt somit die Ausfuhr und die Verwerthung 
im Auslande. Diese nach Kräften zu verhin- 
dern, muß das Bestreben einer zugleich pral- 
tischen und humanen Kolonialpolitik sein.
	        
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