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Missionsthätigkeit in den Deutschen Schutzgebieten.
3. Südwestafrika.
Seitens der Rheinischen Missions-=
gesellschaft haben infolge der Kämpfe zwischen
Namas und Hereros zwei Nama-Stationen
(Gibeon und Hoachanas) aufgegeben werden
müssen. Dagegen macht die Mission auf den
drei südlichen und den beiden am Rande der
Kalihari gelegenen Stationen erfrenlicherweise
ruhige und sichibare Fortschritte. In Riet-
fontain, wo die Jahreskonferenz stattfand,
konnte eine neuc stattliche Kirche geweiht wer-
den. Die Gesammtzahl der getauften Christen
auf den neun zur Nama-Konserenz gehörenden
Stationen beträgt 5046.
Die Stalionen im Hererolande haben im
letzten Jahre unter einer Heuschreckenplage und
großer Trockenheit zu leiden gehabt. Dazu
brachen die Pocken im Lande aus; es sind jedoch
sofort energische und wirksame Mittel ergriffen,
um die Wiedereinschleppung dieser Seuche für
die Zukunft zu verhindern. Die Mission ver-
fügt im Hererolande über acht Stationen, nach-
dem zwei ältere Stationen, Otyozondjupa und
Okambahe, neu besetzt und einc dritte, Franz-
sontain im Otambolande, neu angelegt worden
sind. Die Gesammtzahl der getauften Christen
im Hererolande beträgt 2499.
Der belannte Missionar der Nheinischen
Missionsgesellschaft, Rautanen, welcher eine
Zeit lang nach Deutschland beurlaubt war, ist
im Juni von Hamburg mit dem von dort nach
der Walfischbai abgelassenen Dampfer „Agnes“
nach Südwestasrila abgereist und befindet sich
dort bereits wieder in voller Thätigkeit.
Sehr erfreulich ist die Nachricht, daß die
Rheinische Missionsgesellschaft im vorigen Jahre
auch die Ovambo-Mission kräftig in die
Hand genommen hat. Unter dem Stamme
der Orakuanjama ist die Missionsstation Ond-
gira mit Beihülfe der Missionare der finni-
schen Mission gegründet worden. Diese Unter-
stützung war umso wirksamer, als die letzt-
genannte Missionsgesellschaft seit mehr als
20 Jahren im äußersten Norden des deutschen
Schutggebietes von Südwestasrika im Ombolande
arbeitet und dort vier blühende Stationen in
Onipa, Omulonga, Omandongo und Olukonda
besihzt.
Ueber den Dienst in der Naiserlichen Schutztruppe
für Deutsch-Gflafrika
entnehmen wir den Mittheilungen eines unlängst
in Ostafrika eingetrosfsenen Osffiziers solgende
Angaben:
Der Dienst macht mir ungemeines Ver-
gnügen, ist aber natürlich anstrengender wie
zu Haus, da man dem einzelnen Manne die
Uebungen mittelst Zeichensprache beibringen
muß. Wenn ich auch in Uleia schon eine
Menge Vokabeln und Grammatik gelernt habe,
gerade das, was ich zum Dienst brauche, hat
in meinen Lehrbüchern nicht gestanden. Außer-
dem sind eine Anzahl Leute dabei, die gar
nicht Kisnaheli verstehen. Täglich übersetze ich
ein Stückchen vom Exerzierreglement ins Kisna-
heli, immer etwa die Erllärung eines Griffes,
gehe mein Opus dann mit meinem Feldwebel,
der fließend, wenn auch nicht grammatikalisch
richtig, spricht, durch und belehre dann die
Unteroffiziere und Gefreiten. Es ist spaßig
zu sehen, welches Vergnügen den Leuten diese
Instruktion macht, bei der ich den Zettel in
der Hand halte, um ab und zu meinem Ge-
dächtniß aufhelfen zu können. Kommt gar mal
ein ihnen nicht geläufiger Ausdruck vor — die
Leute sprechen selber nicht richtig, sondern nach
besonderen Gewohnheiten —, so verbessern sie
mich voller Eiser. Zum Beispiel heißt nach
meinen Lehrbüchern „rechte Hand“ „mkono
wamkuunme“. Das verstand kein Mensch. Als
ich nun meine Hand vorzeigte und erklärte,
das wäre „mkono wamkuume“, schricen sie alle
voll Entzücken „mkono mkula“, d. h. „die Hand,
mit der man ißt“.
Heute Nachmittag wurde ich durch die
Nachricht ausgeschreckt, die Sulu der zweiten
Kompagnie wären im hellen Ausstande, ständen
mit aufgepflanztem Seitengewehr im Kasernen-
hofe und hätten ein Paar Soldaten halbtodtl
geschlagen. Ich machte natürlich, daß ich nach
der Kaserne kam, und fand tiessten Frieden vor.
Die Sulu waren, als ich sie antreten ließ,
nüchtern und vernünftig, und der ganze furcht-
bare Aufstand erwies sich als eine Privat-
prügelei, bei der etwas Blut geflossen war.
So, sagte ich mir, entstehen in Afrika die
Gerüchte.
Nach den neuesten Meldungen aus Bukoba
sind die Verhältnisse am Sce im Allgemeinen
friedlich. Der Handel ist ein ziemlich reger,
da die Straßen von Uganda nach Mombassa
gesperrt sind. Von Emin waren am 16. Juni
noch keinerlei Nachrichten in Bukoba einge-
troffen.