Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

mit der Zeit eine mehr oder minder große 
Unabhängigkeit erwerben und so zu sagen aus 
den Schuhen wachsen, wodurch sie für die 
Herren ungefügige Diener werden, so wird das 
Bedürfniß nach Erwerbung neuer Sklaven in- 
solange bestehen, als sich die Eingeborenen nicht 
an eine andere Kapitalsanlage, als die in 
Sklaven und Weibern bestehende, gewöhnt 
haben, und das liegt noch in weiter Ferne. 
Um die lediglich aus dem Innern kom- 
mende Einfuhr von Sklaven zu sperren, müßte 
der Regierung eine ausreichende Menge von 
schwarzen Polizeisoldaten zur Verfügung stehen, 
so daß sämmtliche zur Küste aus dem Innern 
führenden Handelswege beständig überwacht 
werden könnten. Dazu käme einc erhebliche 
Vermehrung des Beamtenpersonals durch Er- 
richtung weiterer Bezirksämter im Innern. 
Ich glaube nicht, daß unter tausend Mann 
Polizeitruppe genügend wären, um das Schutz- 
gebiet in seiner ganzen Küstenausdehnung unter 
Aussicht zu siellen. Gegenwärtig reichen die 
Mittel nur zur Haltung von 50 Mamn aus. 
Sklavenmärkte giebt es im Schutgebiete 
nicht, so daß also die Möglichkeit nicht besteht, 
mit Aufhebung einiger weniger Gelegenheiten 
zum Handel die Sklavenzufuhr abzuschneiden, 
vielmehr werden nur einzelne Individnen auf 
einer Menge von Handelswegen zum Verkaufe 
gebracht, was also die Kontrole ganz gewaltig 
erschwert. 
ad 20. Der einzige Fall, in welchem die 
Regierung des Schutzgebietes in die Lage kam, 
für befreite Sklaven zu sorgen, hat sich ergeben 
infolge des im vorigen Jahre stlattgehabten 
Freikaufs von Dahomesklaven. Dieselben wur- 
den an verschiedenen Plätzen des Schutzgebietes 
unter dem Schutge und der Aufsicht von 
Weißen angesiedelt. Sie haben sich jetzt ihre 
Wohnungen gebaut und sind theils mit dem 
Auspflanzen ihrer Feldfrüchte, theils mit Roden 
des Waldes beschäftigt. Bis sie sich aus dem 
Ertrage ihrer eigenen Arbeit ernähren können, 
was nicht mehr lange dauern wird, müssen sie 
auf Kosten des Schutzgebietes unterhalten 
werden. Nach dem Urtheile von Leuten mit 
langjähriger Erfahrung in Afrika ist diese Me- 
thode die einzig richtige; damit der Sklave 
nicht entweder in der Gewalt seines Befreiers 
zum Müßiggange erzogen werde oder in eine 
wiederholte Sklaverei oder in einc neue Art 
derselben verfalle, ist es nothwendig, ihn wirth- 
schaftlich selbständig zu machen und auf seine 
eigene Arbeit zur Fristung seiner Existenz an- 
zuweisen. 
ad III. A. 21. Ich wüßte nicht, 
welcher Ergänzung oder Abänderung 
der Gesetzesentwurf bedürfte, und halte 
520 
  
die allgemein gehaltene Fassung des- 
selben für seinen größten Vorzug. 
Durch einen Versuch, weitere strafbare Hand- 
lungen in demselben unter Strafe zu stellen, 
könnte höchstens eine das richterliche Ermessen 
beengende Kafuistik eingeführt werden. 
ad 22. Für die Verhältnisse des Schutz- 
gebietes, in welchem es als Nichteingeborene 
bloß wenige Europäer giebt, deren Thun und 
Treiben genau überwacht werden kann, und 
eine Sklavenausfuhr zur See gar nicht denkbar 
ist, bin ich nicht in der Lage, eine Maßregel 
vorzuschlagen, welche im Sinne des Gesetz- 
entwurses durch Kaiserliche Verordnung ge- 
regelt werden sollte. 
ad 23. Aus dem zu II A Gesagten, ins- 
besondere zu Ziffer 10, muß ich überhaupt das 
Bedürfniß zur Erlassung von Vorschriften über 
Eingehung von Dienstverträgen für den jetzigen 
Stand des Schutzgebietes bezweifeln. 
ad B. 24. Die im Schutgebiete vor- 
kommenden Sklaven sind entweder als Kriegs- 
gefangene oder als gelegentlich von einem feind- 
lichen Stamme abgefangene Individnen zu 
Sklaven gemacht worden, und zwar in so ent- 
legenen Gebieten, wo cin Einfluß der Negierung 
weder jetzt noch für die nächste Zeit sich wird 
äußern können. Die Stämme, die hierbei in 
Betracht kommen, sind, im Gegensatze zu jenen 
der Küstenzone, kriegerischer, mächtiger und 
haben eine festere Organisation. Ihnen gegen- 
über sehlt es der Regierung an jeder Macht, 
Strafbestimmungen in Anwendung zu bringen, 
wohl aber wird es durch allmähliches Vor- 
schieben von Stationen gelingen, einen Einfluß 
zu üben, der gercgelte, friedlichere Zustände 
ermöglicht und dadurch die ewigen Fehden und 
somit die ständige Quelle der Sklaverei ver- 
siegen läßt. 4 
Wo aber die Regierung Macht hat und 
strafen kann, bedarf es ebenfalls keiner beson- 
deren Strafvorschriften gegen Eingeborene, weil 
dann die Strafbestimmungen gegen Nichteinge- 
borene analog in Anwendung gebracht werden 
(efr. § 234 ff. d. Reichsstrafges.). 
Dagegen kann der bloße Besitz von Sklaven 
nicht unter Strafe gestellt werden. Mit den 
jetzt in dieser Richtung bestehenden Zuständen 
muß sich die Negierung des Schuhgebietes ab- 
sinden, so gut es geht, wie ich schon bei 
Frage 16 ausgeführt habe. 
Wenn die Selbstständigkeit der 
Sklaven in Kamerun nur noch eine 
kleine Steigerung erfährt, und das ist 
innerhalb des von der Regierung be- 
herrschten Gebietes unausbleiblich, so 
wird man auch vom Bestehen sklaverei- 
ähnlicher Verhältnisse nicht mehr
	        
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