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durchzog, in dem reichen Gebiet von Buiti, in
Kibindo (Daluni) und in der Ebene von Kitiwa,
unterhalb Mlalo. Die Haltung der Bevöllerung
in den sämmtlichen Gebieten war, nachdem die
erste Schen überwunden, eine durchaus ent-
gegenkommende und bescheidene. Diese Stämme
hier sind von jeher den Naubzügen der Massais
und Wateita ausgesetzt gewesen, welche auch in
diesem Monat noch in der Umgebung von Moa-
geplündert haben, und sie heißen demnach, wie
mir scheint, mit aufrichtiger Freude die deutsche
Schutherrschaft willkommen.
Ethnographisch ist die Bevölkerung in diesen
nördlichen Grenzgebielen aus sehr verschieden-
artigen Stämmen zusammengesetzt. Die Wa-
digo sind, glaube ich, mit den Wapokomo am
Tana nahe verwandt. In Buiti besteht die
vorherrschende Nasse aus den intelligenten und
auch lulturell höher stehenden Wasegeju, mit
deren Häuptling Vege ich vornehmlich freund-
schaftliche Beziehung angelnüpst habe. Dancben
sitzen Wadigo, Wasambara (oder wie sie sich
selbst neunen Washambaa) und Wateita. In
der Ebene von Kitiwo, besonders in Makan-
gala und Mgalo, wo ich unsere Flagge hißte,
befindet sich eine Kolonie von Walamba, wäh-
rend hier oben in Mlalo wiederum Wasambara
unter dem Häuplling Sikinyasi sitzen.
Was die wirthschaftliche Eigenart dieses
nördlichen Grenzgebietes anbetrifft, so besteht
der größere Theil desselben aus der trockenen
unfruchtbaren Nyika, welche vom Umba durch-
flossen wird, und in welche die Ausläuser des
Usambarablocks fransenartig hinabsallen. Diese
Nyila wird durchwegs aus einem rothen Laterit
geformt und stellt größtentheils Vuschsteppe dar,
welche nur hin und wieder in Baumsteppe
übergeht. Am mittleren Umba sollen, wie ich
hier ersahre, sich einige armselige Wadigo-
ansiedelungen befinden; im übrigen ist die Nyila
unbewohnt. Von ihr aus gesehen, heben sich
die Gipfel von Usambara schrosf und pittoresk
hervor, indeß können sie sich in Bezug aus
ihre Kulturfähigkeit sicherlich mit den südlichen
Abhängen von Usambara nicht vergleichen. Sie
sind trocken und kahl und infolge dessen auch
sast durchweg ohne Anpflanzungen. Wie eine
üppige Oase in diesem Gebiet slicht die breite
Bucht von Buiti mit ihren Bergabhängen her-
vor. Ich schäbe dieselbe auf drei bis vier
Quadratmeilen Flächeninhalt. Hier gelangen
zahlreiche Bäche von den Abhängen in die
Ebene, und der Boden stellt einen schwarzen,
üppigen Humus dar. Hier ist demnach die
ganze Landschaft auch gut angebaut. Bohnen-
felder wechseln mit Mtama, Mais, Zuckerrohr,
Tabak, Bataten und Mhogo ab, und in der
ganzen breiten Senkung sieht man von der
Höhe aus auf die malerischen Wipfel der
Kokosnußpalmen. Auch die Abhänge sind feucht
und fruchtbar und demgemäß gut bevölkert.
Insbesondere beehre ich mich, ganz gehorsamst
auf das kleine Bergland von Tshaua hinzu-
weisen, welches Buiti im Osten vorgelagert ist,
und welches ich Anfang April d. J. durchzog.
Hier und in der breiten Thalsenkung zwischen
Maramba und Tshaua findet man einen in
Ostafrika sonst seltenen herrlichen Hochwald,
der stets als das Zeichen guten Vodens be-
trachtet werden darf. Die Erde ist schwarz
und feucht, und die Abhänge des Tshaua-
gebirgsstocks bieten Gelegenheit für kühle und
wohl auch gesunde Wohnungsanlagen. Dabei
ist dies Gebiet merkwürdigerweise noch fast
gar nicht besiedelt — nur am Westabhange
von Tshana befindet sich seit mehreren Jahren
einc kleine Washambaaansiedelung. Da man in
diesen Landstrich von Amboni aus, den Sige-
fluß aufwärts, in einem starken Tagemarsch
gelangen kann, so glaube ich, denselben für
deutsche Plantagenunternehmungen empfehlen
zu können.
Als zweites fruchtbares Gebiet in diesen
Grenzgegenden muß Mlalo genannt werden.
Dasselbe mag 1½⅛ bis 2 Quadratmeilen um-
fassen. Mlalo, wenn man den schwierigen
Aufstieg von der Kitiwoebene aus vollzogen
hat, erinnert in seiner geschwungenen Higel-
formation und seiner reichen Bewässerung an
das üppige Kiluju, wiewohl es erheblich nie-
driger liegt — es ist im Durchschnitt chwa
1000 m über dem Meeresspiegel, nicht 1400 m,
wie man nach der Baumannschen Karte anzu-
nehmen gencigt sein lönnte. Mlalo ist das
eigentliche Quellgebiet des Umbaflusses. Hier
bringt der Boden, nach der Aussage der hie-
sigen Missionarc, schlechterdings Alles. Das
Thermometer sinkt des Nachts bis auf 10° C.,
und ich glaube mit den Missionaren, daß das
Land auch fieberfrei ist. Die Anlage der
evangelischen Missionsgesellschaft für Ostafrilu
hier, welche unter der Leitung des Herrn Pastors
Wohlrab steht, macht einen sehr guten Ein-
druck. Trotzdem hier erst ein Jahr gearbeitet
ist, sind vom Herrn Gärtner Holst tüchtige,
praktische Ergebnisse erzielt worden, und ich bin
überzeugt, daß die Station sehr bald den An-
lagen der katholischen Mission in Mrogo eben-
bürtig sein wird. Dabei ist die Bevölkerung
durchaus friedlich, und, wie die Missionare
mittheilen, auch zur Arbeit geneigt. Einer
Planutagenanlage deutscherseits wird allerdings
für lange, absehbare Zeit die Transportfrage
nach der Küste entgegenstehen.
ier in Mlalo erwarte ich nunmehr meinen
britischen Kollegen, um mit ihm gemeinschaftlich