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den Vormarsch auf Moschi an. Die Station Ma-
rangn blieb unter Lieutenant v. Dobeneck mit
60 Mann besetzt. Die von Kompagnieführer Jo-
hannes eingezogenen Nachrichten und angestellten
Rekognoszirungen hatten als günstigste Angriffs-
richtung auf die allen Nachrichten nach stark be-
festigte Boma des Meli diejenige von Südwest be-
zeichnet; das Expeditionskorps marschirte deshalb in
drei Märschen am Südfuß des Kilimandjarogebirges
nördlich der Landschaft Kahe herum und erreichte
am 11. August nachmittags den Punkt, von wo aus
der Angriff erfolgen sollte, ungefähr vier bis fünf
Kilometer von der Boma entfernt. Es wurde abends
im Lager folgender Befehl ausgegeben:
Expeditionsbefehl, 11. August d. Is.
I. Das Expeditionskorps wird morgen nach Moschi
marschiren.
II. Um 6 Uhr steht Alles zum Abmarsch bereit.
III. Marschordnung folgende:
Avantgarde: 1. Kompagnie, 500 Meter Abstand.
Gros: Kombinirte Kompagnie Ax, Stab, die
drei Geschüthee und sämmtliche Geschützmunition,
Spreng= und Beleuchtungsmittel, Kompagnie v. El-
pons, Kompagnie Mergler, Kompagnie Podlech.
Die Kompagnien solgen mit 50 Schritt Abstand.
Unmittelbar hinter jeder Kompagnie folgt (wenn
vorhanden) die Medizinlast. Hinter der Kompagnie
Podlech, gleichfalls mit 50 Schritt Abstand, sämmt-
liche Lasten des Stabes und der Kompagnien sowie
sämmtliche Boys, mit Ausnahme der Europäerboys.
Hinter den Lasten und den Boys ein Zug der
3. Kompagnie unter Lieutenant Kielmeyer und
einem europäischen Unteroffizier. Aus dieser Marsch-
ordnung darf ohne meinen speziellen Befehl Niemand
ausbiegen. Jede Kompagnie hat für ihre unmittel-
bare Seitendeckung rechts und links selbständig Sorge
zu tragen. Die Kompagnien haben beim Antreten
laden und sichern zu lassen.
Um 6 ¼ Uhr wurde der Vormarsch aus dem Lager
in besohlener Weise angetreten. Um 7 Uhr 20 Min.
stieß die Spiße auf den Gegner, bog nach rechts aus
und marschirte auf; die Kolonne, welche zu Einem
auf dem Wege folgte, marschirte in folgender Weise
auf:
Kompagnie Ax, Verlängerung Kompagnie Jo-
hannes in der rechten Flanke, Kompagnie v. Elpons
in Kompagniekolonne mit 100 Meter Abstand hinter
dem rechten Flügel; Kompagnie Mergler mit glei-
chem Abstand in gleicher Formation hinter dem
linken Flügel. 100 Meter hinter der Quene der
Flügelkompagnie Kompagnie Podlech als Reserve,
dahinter, unmittelbar aufgeschlossen, sämmtliche Lasten
u. s. w., dahinter die Bedeckung unter Lieutenant
Kielmeyer. Gleich nach dem Aufmarsch der Kom-
pagnie Johannes war das 6,5 cm, das Maxim-
geschütz und das 3,.7 cm Geschütz in Front ge-
nommen und die beiden Ersteren in Wirksamkeit getreten.
Das Maximgeschütz versagte schon infolge seines
Alters und seiner Abnutzung nach den ersten paar
Schüssen, das 6,5 cm Geschüßz warf Granaten in
den gegenüberliegenden Bananenhain, in welchem der
Gegner anscheinend ziemlich stark sass, und in der
vermuthlichen Richtung auf die Boma des Meli.
Nachdem der Aufmarsch in oben beschriebener Weise
vollendet war, wurde der Vormarsch um 8 Uhr
27 Minuten mit dem gesammten Korps angetreten.
Das Terrain war durch dichten, übermannshohen
Dornenbusch fast überall derarlig unübersichtlich und
ungangbar, daß es nicht möglich war, die geschlossene
Formation und Verbindung zwischen den einzelnen
Theilen aufrecht zu erhalten. Um 8 Uhr 40 Min.
entwickelte sich auf dem rechten Flügel ein sehr scharfes
Feuergefecht; ich begab mich dorthin, zog die Kom-
pagnie Podlech bis 100 Meter heran und fand die
Kompagnie Ax im Gefecht an der ersten Vertheidi-
gungslinie des Gegners. Dieselbe bestand aus einem
über 4 Meter tiefen, unten ganz spitz zulaufenden
steilen Graben in harter Erde und einem Schützen-
graben am jenseitigen Nande, hinter welchem der
Gegner lag. Als ich hinkam, hatte die Kompagnie
Ax bereits dreimal einen vergeblichen Anlauf gegen
die Stellung des Gegners gemacht, Lieutenant Ax
war gefallen und Feldwebel Mittelstädt verwundet,
mehrere Askari todt und verwundet, und der in der
Kompagnie noch übrige Europäer, Sergeant Wein-
berger, meldete mir, daß es nicht möglich wäre,
ohne Weiteres die Stellung des Gegners zu nehmen.
Ich befahl, daß die Kompagnie an Ort und Stelle
liegen zu bleiben hätte und nicht weitere Versuche
zum Vorgehen unternehmen sollie, und begab mich
zur Kompagnie v. Elpons, welche dicht an die
rechte Flanke angeschlossen war. Die Kompagnie,
welche gleichfalls Feuer bekommen hatte, war nach
der halben rechten Flanke aufmarschirt. Ich gab
den Befehl, mit dem rechten Flügelzug die rechte
Schulter vorzunehmen und zu versuchen, den Gegner
durch den Druck auf seine Flanke aus der Stellung
herauszubringen.
Die Fühlung mit der Kompagnie Johannes
und Mergler war gänzlich verloren gegangen.
Nachdem dieselbe durch den Adjutanten Lieutenant
v. Schreuck um 9 Uhr wieder hergestellt war, er-
fuhr ich, daß der Kompagnieführer Johannes die-
selbe Schlucht, ohne auf erheblichen Widerstand zu
sloßen, passirt hatte und mit der Kompagnie Mergler
auf seinem linken Flügel ungefähr 300 Meter vor-
wärts Stellung genommen habe. Das Terrain war
so buschig und so unübersichtlich, daß man auf diese
kurzen Distanzen selbst absolut nichts voneinander
sehen konnte. Kompagnieführer Johannes bat, mit
der ganzen Masse wieder auf ihn aufzurücken, auch
schon deshalb, weil er durch unser eigenes Feuer
von der rechten Flanke gefährdet war. Infolge dessen
erhielt die kombinirte Kompagnie den Befehl, sich
nach dem linken Flügel zusammenzuziehen, Kompagnie
v. Elpons, gleichfalls links abzumarschiren und sich
bei der Kompagnie Podlech links vorwärts zu