Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

Die Zollgeschäfte werden durch die Zollverwaltung 
in Kamerun und das Bezirksamt in Victoria sowie 
die Zollstation Kampo geführt. Durch die großen 
Entfernungen der einzelnen Handelsplätze von dem 
Sitze der Zollverwaltung werden die Geschäfte der- 
selben erschwert und verlangsamt. Wenn auch die 
Verordnung vom 1. April 1891, welche von den 
Imvorteuren eidesstattliche Versicherungen über die 
Menge der eingeführten zollpflichtigen Waaren ver- 
langt, für die richtige Angabe der Zolldeklarationcn 
seitens der enropäischen Handelshäuser hinreichende 
Garantien bieten dürfte, so ist doch dem Schmuggel 
der die Bedeniung des Eides nicht kennenden Ein- 
geborenen Thor und Thür geöffnet. Namentlich 
treiben an der Nordgrenze unseres Schutgebictes 
die Kalabarhändler vermiltelst ihrer großen, an der 
ganzen Westtüstc berühmten Kanus einen schwung- 
haften Schmuggelhandel mit den einzelnen Stämmen 
der Vevölkerung am westlichen Abhange des Kamerun= 
gebirges. Leßtere bringen ihre Handelsprodukte bis 
an das Ende der fahrbaren Kreeks den Kalabar- 
händlern entgegen und tauschen dieselben dann gegen 
mwerzollte europäische Güter um. Da sich aus 
technischen und klimalischen Gründen die Einführung 
einer wirlsamen Zollkontrole an der Nordgrenze bis 
jetzt noch nicht hat ermöglichen lassen, so wurde 
bisher dem Uebelstande dadurch entgegengetreten, 
daß der im Rio del Rey ansässigen Firma Kuntson, 
Valdau & Heilborns Afrikanska Handelsaktiebolag 
und der an der Nordgrenze handelnden Ambas Bay 
Trading Co. Ermächtigung ertheilt wurde, ohne 
Deklaration in das Schutgebiet eingeführte Waaren 
zu konfisziren und an das Gonvernement abzuliefern. 
Nachdem durch das deutsch-englische Abkommen vom 
14. April d. Is. festgestellt worden ist, daß der Nio 
del Rey mit beiden Usern zum deutschen Gebiete 
gehört, wird die Einrichtung einer Zollstation nahe 
der an diesem Flusse gelegenen schwedischen Faktorei 
alsbald ersolgen. 
Die Erledigung der Zollgeschäfte in Kamerun 
wird sich nach Fertiystellung der Hasenbauten und 
des in Aussicht genommenen Zollschuppens bedeutend 
vereinfachen. 
Da die Mitwirkung, welche den Duallas auf 
dem Gebiete der Rechtspflege durch die Verordnung 
vom 7. Oktober 1890, betrefsend Einführung eines 
Eingeborenen-Schiedsgerichts, eingeräumt ist, sich 
auch im Berichtsjahre als durchaus unßWbringend er- 
wiesen hat, ist beabsichtigt worden, auch für Victoria 
ein solches Gericht ins Leben zu rusen. Dasselbe 
wird aus Victorianern, Balwilis und Subnleuten 
zu bilden sein, damit durch die Berufung heterogener 
Elemente eine Garantie geschaffen ist, daß etwaige 
Verstöße des Gerichts gegen die Gerechtigkeit zur 
Kenntniß der Regierung gelangen. An der Rechts- 
oslege im Kribibezirke sind die als Oberhäuptlinge 
des Bezirks von der Regierung anerkannten Häupt- 
linge Boballa und Madola betheiligt, von denen 
Ersterer zu den Banokos, Letzterer zu den Bapukos 
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gehört. Dieselben schlichten die Streitigkeiten und 
kleineren Angelegenheiten der Eingeborenen des Kribi- 
bezirks. Das Verbrechen des Mordes und des 
Todtschlages ist jedoch in allen Bezirken des Schutz 
gebietes dem Gorwernementsgericht ausschließlich vor- 
behalten. 
Im Berichtsjahre sind beim Gorwwernements- 
gerichte im summarischen Verfahren, welches bei 
Rechtsstreitigkeiten der Eingeborenen untereinander 
sowie bei Verfolgung von Rechtsansprüchen der 
Nichteingeborenen gegen Eingeborene zur Anwendung 
kommt, inhaltlich des Gerichtsjournals 1342 Sachen 
erledigt worden. In 308 Fällen kam es zur Zwangs- 
vollstreckung. Von den Streitigkeiten betrasen 61 Dieb- 
stahl bezw. Unterschlagung, 9 Hausfriedensbruch, 
14 Körperverletzung, 5 Widerstand gegen die Staats- 
gewalt, je 2 Aufruhr, Mord, Todtschlag und Noth- 
zucht. Die übrigen Sachen waren Schuldklagen 
und zwar meist Trustklagen. Bei Lehteren wieder- 
holte sich stets dasselbe. Der Eingeborenc empfängt 
von dem Kaufmann Waaren, für welche er sich ver- 
pflichtet, im „Busch“ Produkte zu kaufen. Kehrt 
nun der Eingeborene zurück, ohne die Produkte zu 
bringen, oder stellt sich bei der Abrechnung zwischen 
Trustgeber und Trustnehmer heraus, daß Waaren 
fehlen, über deren Verbleib Leßterer die Auskunft 
schuldig bleibt, so ist das „Palaver“ da. 
Bei den auf dem Mungo, Wuri, Abo, Dibamba und 
Sannaga ausgeführten Dienstreisen sind 182 Rechts- 
streitigkeiten zur Erledigung gebracht. 
Richter ersier Instanz bezüglich der summarischen 
Prozesse sind in Victoria und Kribi die Bezirks- 
amtsmänner. Die Zahl der Gerichtsfälle in Victoria 
während des Berichtsjahres betrug 169, darunter 
besanden sich 71 Strassachen, besonders Diebstahl 
und Zauberei betresfsend. Die übrigen Fälle bezogen 
sich auf Schuldsorderungen. 
Beim Bezirlsamt Kribi kamen insolge der 
ausgedehnten Mitwirkung der Eingeborenen bei der 
Rechtspflege nur 35 Streilsachen zur Cutscheidung. 
Der Umfang der Gerichtsbarkeit über Nicht- 
eingeborene erhellt aus der beigefügten Geschäfts- 
übersicht. Aus derselben geht unter Anderem hervor, 
daß die im Jahre 1891 begonnene Grundbuch= 
regulirung rüstig fortgeschritten ist. Während des 
Berichtsjahres sind im Vezirke Kamerun 152 Ver- 
träge über den Erwerb von Grundeigenthum durch 
Nichteingeborene geprüst. Die daraus resultirenden 
Grundeigenthumsverhällnisse sind im Grundbuche des 
Schutgebietes von Kamerun Bd. 1 Bl. 1 bis 74 
zur Einrragung gelangt. Dabei wurde von der im 
§ 2 Abschnitt 2 der Verfügung vom 7. Juli 1888 
der Grundbuchbehörde eingeräumen Befugniß, für 
mehrere in demselben Grundbuchbezirke liegende 
Grundstücke desselben Eigenthümers ein gemeinschaft- 
liches Grundbuchblalt anzulegen, geeigneter Gebrauch 
gemacht. " 
Im Bezirk Kribi ist die Prüfung der Land- 
erwerbsverträge nahezu vollendet. Die bezüglichen
	        
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