ostfront des Gouvernementsgebäudes vorgehend, wäh-
rend der linke Flügel gegen dessen Südwestfront
vorkrang. Gegen 10 Uhr abends wurde Lazareth-
gehülse Siepert durch zwei Schuß in beiden Beinen
verwundet und kurz darauf ein Schwarzer getödtet.
Morgens gegen 1 Uhr griffen die Schiffe „Nachtigal“
und „Soden“, die durch Lieutenant z. S. Deimling
benachrichtigt waren, mit Geschützfener ein. Es
wurde dadurch erreicht, daß wenigstens für kurze
Zeitabschnitte das sehr heftige, einmal durch Maxim-
geschütz unterstützte Feuer des Gegners vom Gon-
vernementsgebäude auf die beiden Schiffe abgelenkt
wurde.
Am Morgen des 16. von 5 Uhr an war eine
etwa dreistündige Gefechtspause. Man konnte mit
dem Beamtenhaus in Verbindung treten, wo die
Herren Drees, Dr. Vallentin, Hering und
Bieberstein, welche die Nacht daselbst zugebracht
hatten, zum Vorschein kamen. Herr Drees machte
die Mittheilung, daß am Abend des vorigen Tages
kurz nach 7 Uhr Assessor Riebow im ersten Meßhause
in die Brust geschossen und im Lause der Nacht
daselbst verstorben sei. Die vier Herren begaben
sich gegen 7 Uhr in das Gouvernementsgebäude, und
Herr Bieberstein ging gegen 9 Uhr zurück nach
dem Beamtenhause, um ein Telegramm nach St.
Thomê aufzugeben, welches die Rückkehr S. M. S.
„Hyäne“ hierher beschleunigen sollte
Um 8 Uhr morgens wurde das Feuer seilens
der Gegner mit großer Heftigkeit wieder aufgenommen.
Das Geschützfeuer aus den 3,7 cm Schnellfeuer-
kanonen wurde wirksamer, und es entstand nunmehr
die Frage, wie lange es noch möglich sein würde,
mit einer geringen Anzahl von Gewehren und wenig
Munition sich gegen den mit 4 Geschüßen —
2 Schnellfeuerkanonen, 2 Maximgewehren —, theil-
weise überlegenen Handfeuerwassen — 20 Gewehre
und Karabiner M/88 — und überreicher Munition
versehenen Gegner zu halten. Da unter diesen
Umständen keine Aussicht vorhanden war, mit
noch etwa 600 Patronen das Gouvernementsgebände
bis zur Ankunft der „Hyäne" zu vertheidigen, so
wurde gegen 10 Uhr vormittags das Gouvernements-
gebäude seitens der Insassen geräumt und unter
dem Verfolgungsfeuer der Gegner der Rückzug nach
dem Fluß an Bord S. M. S. „Nachtigal“ au-
getreten.
Eine kurze Erwägung über Ursache und Ver-
anlassung dieses Soldatenaufstandes möge hier ein-
geschaltet werden:
Die Ursache dürste in einer lange genährten
Unzufriedenheit der Dahomesoldalen zu finden sein.
Bei aller sonstigen Mangelhaftigkeit dieses Soldaten-
materials gab es doch darunter ungefähr ein Dutzend
tüchtiger Soldaten die sich bei verschiedenen Busch-
Gesechten und im Friedensdienste durchaus bewährt
hatten, ohne daß diese Dienste durch gute Löhnung
anerkannt wurden. Mitte dieses Jahres war auch die
allerdings etwas überreichliche Soldatenverpflegung
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verkürzt worden, was in erster Linie den unbesoldcten
Dahomesoldaten sich fühlbar machte und sie zu Klagen
veranlaßte.
Die am 15. d. Mts. 5 Uhr 30 Min. durch den
Herrn stellvertretenden Gouverneur verhängte Bestra-
sung einer Anzahl von Dahomeweibern mit Hieben,
weil diese Weiber sich fortgesetzt der ihnen über-
wiesenen leichten Gartenarbeit entzogen hatten, mag
ein willkommener Anlaß gewesen sein, den Aufstand
ins Werk zu setzen. Der Zeitpunkt war günstig ge-
wählt; denn das zur Zeit in Kamerun stationirte
Kriegsschiff befand sich seit dem 25. November auf
Reise, und seine Rückkehr wurde erst im Laufe des
20. Dezember erwartet. Die Lage des Waffen= und
Munitionsmagazins in der Nähe der Dahomeweiber=
Town war ein weiteres Element, welches die Be-
strebungen der aufrührerischen Soldaten unterstützte.
Das Magazin, in der Nähe der Zukunftskasernen
erbaut, enthielt bereits Anfang Oktober, als ich das-
selbe besichtigte, große Mengen von Gewehrmunition
M,71 und M/88, etwa 600 Gewehre M/71, etwa 20 Ka-
rabiner N/88, sowie 2 3,7 cm Schnellfeuerkanonen und
2 Maximgeschütze mit einiger Munikion. Außerdem
war es im Interesse eines geregelten Schießdienstes
und in Rücksicht auf die Schwäche des den Polizei-
soldaten zugetheilten weißen Aufsichtspersonals erfor-
derlich, die zeitraubenden Gänge und Fahrten nach
dem großen Pulverschuppen an der Aquabeach
zu vermeiden und wenigstens die Uebungsmunition
in der Nähe des Schießstandes unterzubringen.
Die Zeit bis zum Eintreffen der „Hyäne“ wurde
dazu benutzt, die im eben genannten Pulverschuppen
befindlichen bedeutenden Vorräthe an Munition aus
demselben zu entfernen und zunächst in zwei Prähmen
nahe am Hickory-Ufer bei der Suttonschen Faktorei
zu verstauen. Außerdem wurde bei Tage und bei
Nacht zu verschiedenen Zeiten die Stellung der Re-
bellen auf der Joßplatte mit Geschütz= und Gewehr-
seuer durch „Nachtigal“ und „Soden“ beschossen.
Der Gegner antwortete slets mit heftigem, aber
schlecht gezieltem Gewehrseuer, das weit rückwärts
der Uferlinie abgegeben wurde. Unteroffizier
Steinecke, inzwischen vom Fieber genesen, erhielt
einen leichten Streisschuß an die Brust.
Am 20. d. Mts. gegen Mittag traf S. M. S.
„Hyäne“ hier ein. Nachdem bis zum 22. abends
die Beschießung der Joßplatte unter wirksamstem
Eingreisen des Kriegsschiffes fortgesetbzt war, und
man durch wiederholte nächtliche Aussendung schwarzer
Patrouillen ein Bild über die ungefähre Aufslellung
der Rebellen gewonnen hatte, wurde für den 23. der
Sturm auf die Joßplatte beschlossen.
Die Stärke des Gegners beläuft sich nach der
Stammrolle auf 53 Dahomemänner und 43 Dahome=
weiber, eine von den Angaben einiger zuverlässigen
Kamernnleute abweichende Berechnung, welche die
Stärke des Gegners auf 70 Männer und 40 Weiber
angaben. Die Weiber wurden zum Zutragen von
Munition verwendet.