Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Die Landung der schwarzen Soldaten und der 
aus Victoria durch Dr. Preuß zugeführten Wey- 
leute begann am 23. d. Mts. um 4 Uhr morgens 
von Bord der „Nachtigal“ aus. Die Ausschiffung 
erfolgte, unbehelligt vom Gegner, gegen 4 Uhr 
10 Minuten vormittags an der Brücke der Jantzen= 
und Thormaehlenschen Faktorei und war nach etwa 
einer Vierkelstunde beendet, so daß kurz vor 4 Uhr 
30 Minnten vormittags der Vormarsch angetreten 
werden konnte. 
Der Vormarsch erfolgte gemäß einem tags zu- 
vor ausgegebenen Befehl in folgender Marschordnung: 
1. Zug unter Dr. Preuß — 22 Weyleute, 
2. Zug unter Lieutenant z. S. Deimling 
— 22 Polizeisoldaten, 
3. Zug unter Premierlientenant v. Brauchitsch 
— 24 Polizeisoldaten. 
An den 3. Zug schloß sich, mit etwa 200 Meter 
Abstand, unter Kaibauer Maus und Dr. Plehn eine 
Kolonne von 10 Munitions= und 10 Kranken- 
trägern an. 
Den einzelnen Zügen hatten sich ageschfosteu- 
1. Zug: die Herren Polizeimeister Pfeil, 
Gärtner Scholz und Faktorist Lindow 
(Schwede), 
2. Zug: die Herren Faktoristen Hesse, Plaens- 
dorf, Stegemann und Bichsen- 
macher Zimmermann, 
die Herren Faktoristen Holthusen, 
Scholtz, Vanselow und Polizei= 
meister Wia zowsky, 
Munitions= und Sanitätskolonne: die 
Herren Braun und Dammhorst. 
Dem Matrosen-Landungskorps hatten sich an- 
geschlossen: die Herren Kanzler Leist und Ingenieur 
Drees. 
Vom Gegner unbelästigt, wurde unker dem 
Schute einer von Dr. Preuß vorgeschickten Patrouille 
auf dem Hauptweg durch Akwadorf nach Belldorf 
marschirt. Nach 5 Uhr vormittags wurde das Geschütz- 
seuer S. M. S. „Hyäne“, welches die Landung und 
Ausschiffung des Matrosen-Landungskorps am Gou- 
vernements-Bootshause decken sollte, hörbar. Bald 
nach dem Eintritt in Belldorf, 5 Uhr 30 Minuten 
vormiltags, bog die ganze Kolonne links ab in 
Richtung auf den Exerzirplatz und gerieth ungefähr 
in Höhe des Beamtenhauses in heftiges Feuergefecht 
mit einzelnen in den Häusern von Belltown und in 
der Nähe des Beamtenhauses aufgestellten Posten 
des Gegners. Der 1. und. 2. Zug drangen schräg 
in der Richtung auf den Exerzirplatz vor, während 
der 3. Zug, zunächst geradeaus als linker Flügel sich 
anschlichend, durch die Häuser von Belldorf nach 
Joßdorf vorging und daun halbrechts am Wachhause 
vorbei den über Exerzirplatz und Kaffeeplantage zu- 
rückweichenden Gegner mit Feuer verfolgte. Es war 
Lieutenant zur See Deimling bereits vorher ge- 
lungen, die beiden Schnellfeuerkanonen, unterstützt 
von Büchsenmacher Zimmermann und 5 Schwarzen, 
3. Zug: 
der 
96 
  
zu nehmen. Um diese Geschütze in Sicherheit 
zu bringen, war Lieutenant zur See Deimling mit 
seinen Leuten einige Schritte nach dem den Exerzir= 
platz gegen den Gorvernementspark abschließenden 
Heckenzann zurückgegangen. Nach Eintreffen des 
3. Zuges unter Premierlieutenant v. Brauchitsch 
entwickelten sich die beiden anderen Züge unter dem 
Schutz des Feuers dieses 3. Zuges rechts und links 
desselben. Während des sehr lebhaften Feuergefechts 
auf dem Exerzirplatze, während dessen unseren 
Schwarzen die Munition auszugehen drohte, wurden 
verwundet Herr Holthusen und 2 Schwarze. 
Unterdessen hatte das gegen 5 Uhr 40 Minuten 
vormittags mittelst Sternsignal über den Aufenthalt 
unserer linken Kolonne benachrichtigte Matrosen- 
Landungskorps am rechten Flügel eingegriffen, und 
unter fortwährendem Hurrahrufen gelang es der 
ganzen Linie, bis nach dem Schießstande vorzurücken. 
Der Gegner ging sehr zerstreut theils in südlicher 
Richtung auf Beseke, theils in westlicher nach dem 
Flusse zurück. Unter dem Schute einer bis nach 
den ersten Häusern von Tokoto-town vorgeschobenen 
elwa 2 Züge starken Abtheilung wurde die Räumung 
des am Schießstande gelegenen Magazins vor- 
genommen, in welchem die Rebellen noch viel Mu- 
nition A,71 und 88 sowie ekwa 200 Gewehre 
71 zurückgelassen hatten. 
Gewehre und Mumition wurden nach Schluß des 
Gefechts — 6 Uhr 45 Minuten vormittags — all- 
mählich nach dem Beamtenhause verbracht. Das 
Beamtenhaus wurde unter Aussendung zahlreicher 
schwarzer Patrouillen mit dem Matrosen-Landungs- 
korps besetzt, nothdürftig zur Vertheidigung ein- 
gerichtet, und wurde durch Abschlagen von Bäumen 
und Stränchern rings um dasselbe freies Schußfeld 
geschaffen. 
Ferner wurde im ersten Meßhause und im Kranken- 
hause zur Sicherung je eine Wache, bestehend aus 
3 Matrosen und 9 Schwarzen, aufgestellt, während 
der Rest der weißen und schwarzen Mannschaften 
theils als Wache, theils ruhend im Beamtenhause, 
der Hauptvertheidigungsstellung, verblieb. Die dem 
Feinde abgenommenen zwei Schnellfeuerkanonen 
wurden in Ordnung gebracht und auf dem Dache 
des Beamtenhauses nebst Munition aufgestellt. 
Es gehen täglich schwarze Patronillen in Richtung 
auf Beseke. Die bis gestern Abend eingetroffenen 
Meldungen lassen den Schluß zu, daß ein Theil der 
Dahomes sich ziemlich geschlossen in der Nähe des 
Doktor-Creeks in einer Entsernung von etwa 
1½ Stunden vom Beamtenhause aufhält. Bis heute 
sind die drei Wachen vom Gegner in keiner Weise 
belästigt worden. Gefangen wurden vier Dahomc- 
männer und acht Dahomeweiber. Erstere erlitten 
den Tod durch den Strang, Lebtere wurden begnadigt 
und zunächst nach Viktoria übergeführt. Die Leichen 
dreier im Kampfe gefallenen Dahomesoldaten wurden 
bier aufgesunden. 
gez. Haering, Premierlientenant.
	        
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