aber schon auf halbem Wege zwischen Doktorhaus
und Hospital hörten wir ein wahnsinniges Feuern
auf das Letztere und ebenso in unserem Rücken nach
dem Gouvernementsgebände zu. Vorwärts konnten
wir nicht mehr, so kehrten wir um und erreichten
ungesehen die Vorderseite des Doktorhauses und
gingen in das dunkele Wohnzimmer des Doktors;
dort setzten wir uns in ängstlicher Erwartung des
Kommenden. Um uns, vor uns, in das Haus,
überoll hin flogen die Kugeln. Ich machte mich
gesaßt, in der nächsten Viertelstunde sterben zu
müssen. Dem armen Herrn V. mag auch nicht ge-
müthlich zu Sinn gewesen sein, nur einen Arm be-
an#en zu können, und ohne Waffen mit mir allein.
Ich nahm mir vor, wenn die Rebellen kämen, ihnen
entgegenzugehen, um wenigstens möglichst schnell
geködtet zu werden. Wir hatten wohl eine halbe
Stunde dort verbracht — und was für eine! — da
lom Herr Hesse, Gott segne ihn! (er ist der
Vertreter von Woermann hier draußen); der war
erst zum Hospital gegangen mit noch drei anderen
Herren — Plaensdorf, Stegmann und Mr.
Gibney —, um uns zu holen. Im Hospital fand
er Schwester Emma mit zwei Patienten; der
Schwerkranke war schon fort, zum Wasser hinunter,
halle sich ein Kanoe genommen und mit den Händen,
ohne Paddel, zum „Soden“ gerudert. Die anderen
wRrei nun wurden in dem Boot, in dem Herr Hesse
lom, auf die „Nachligall“ gebracht, und Letßterer
lam durch das Wasser am Ufer entlang den Hügel
zum Doktorhause hinauf, weil er gehört hatte, daß
Her Vanselow und ich dort seien. Die Empfin-
dung, die ich hatte, als ich einen weißen Schritt,
d. h. Stiefel, auf der Veranda und Herrn Hesse
msen hörte, kann ich Niemand beschreiben. Nun
brachte er uns unter Deckung zum Gorvernements-
haus und dort verlebten wir eine Nacht, wie sie
wohl wenige Menschen erlebt haben. Wir saßen im
oberen Aufbau des Hauses: Kanzler Leist, die
Offiziere der Schutztruppe, Lieutenant Haering,
dver Offizier des Vermessungs-Detachements, Lieute-
nant Deimling mit seinen Matrosen, nebst den
Herren von der Woermann-Faktorei, die uns geholt
halten. Das Parterre des Gebäudes wurde von
verschiedenen Anderen, die ich nicht alle mehr im
Kopfe habe, vertheidigt. Kanzler Leist wies mir
sein Schlafzimmer, das neben dem Raum, in dem
Alle versammelt waren, liegt, an. Kaum zwei
Stunden im Gouvernementsgebäude, wurde unser
Lazarethgehülse Siepert verwundet heraufgebracht.
Da hieß es verbinden! Ich zerriß Betttücher von
Konzler Leist und verband Siepert, während die
Kugeln uns immer um den Kopf sausten. Eine
Konone hatten die Feinde dicht beim Haus, an der
Küche, aufgestellt und alle Augenblicke krachte es um
und unter uns von Mauerstücken. Die Fenster-
scheiben, die Borrikaden, Alles wurde glatt durch-
schossen und flog uns in Splittern in das Gesicht.
Munition war wenig vorhanden, und am 16.
129
morgens gegen 10 Uhr hieß es: Wir müssen uns
zurückziehen. Zuerst wurde Siepert von vier
schwarzen Soldaten fortgebracht. In dem Augen-
blick, als wir hinunter wollten, schlug eine Granate
noch das Treppenhaus entzwei. Ueber die Trümmer
hinweg eilten wir nach unten. Vorher hatten wir
uns aber erst die Taschen voll Patronen gesteckt und
ich ebenfalls eine Waffe, einen geladenen Revolver,
den ich fand, zu mir genommen, um mich, falls es
zum Letten kommen sollte, davor zu schüten, den
Barbaren lebendig in die Hände zu fallen. Die
Front des Hauses war frei; dorthin gingen wir.
Da bekamen wir von den Seiten ein wahnsinniges
Feuer. Zuletzt sagte Jemand: „Schwester Grete,
nun müssen Sie versuchen, voraus zu fliehen; wir
wollen feuern, um Sie zu decken, und unmittelbar
nachkommen.“ Da befahl ich meine Seele Gott und
lief voraus, so schnell mich meine Füße tragen
konnten. Auf dem Wege wurde auch auf mich ge-
feuert. In einem Moment, als ich einen Schuh
verlor und mich danach bückte, sauste mir eine
Kugel über den Kopf fort. — Mag übrigens ein
reizendes Bild gewesen sein: in einer Hand den
Schuh, in der Rechten den Nevolver, das Kleid von
oben bis unten voll Blut. Auf dem Kopf einen
großen Hut vom schwarzen Lazarethgehülfen!
So kamen wir, immer umsanst von den Kugeln
der Schwarzen, ans Wasser, auf die neue Landungs-
brücke und in die Boote. Von der „Nachtigall“
schickte man sofort die Pinasse, die nahm uns ins
Schlepptau und brachte uns an Bord.
Die Post muß fort, also so viel für heute, daß
Sie nicht ganz ohne Nachricht blieben; in acht Tagen,
mil der „Aline“, sende ich die Fortsetzung.
Das Hospital ist arg zerschossen, und momentan
hat Herr Hesse, unser Lebensretier (denn fünf
Minuten nachdem wir fort waren, wurde das Doktor-
haus gestürmt), uns mitsammt den Patienten in
seinem Hause ausgenommen.
von der Ramerun-Land- und Plantagen= Gesellschaft.
Die Plantage der Kamerun-Land= und Plantagen-
Gesellschaft bei Victoria an der Hriegsschiffsbucht hat
mit jedem Jahre steigende Erträgnisse zu verzeichnen,
wie sich aus nachstehender Aufstellung ergiebt.
1889: 5 Sack Kakao, Erlös 316 Mk.
1890: 171 = - - 11 457 =
1891: 342 - - 18 841
1892: 749 = - - 43374 -
1893:1324 (— 66200 kg)
Kakao, Erlös 75 575 „=
Im Jahre 1893 wurden auch bereits 58 kg
Kaffee geerntet. Vor Kurzem sind wiederum über
16 000 kg Kakao zur Verschiffung gelangt. Die
Qualität des Kalao war eine befriedigende, das
Pfund wurde zu 67 Pfennig verkauft. Dieser er-
freuliche Erfolg ist in erster Linie der großen prak-