Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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benutzt habe verstreichen lassen, in welcher es die 
Forschungen seiner großen Reisenden als Titel zum 
Erwerb der von ihnen erschlossenen Länder hätte 
verwerthen und sie zum Abschluß von Verträgen 
hätte ermächtigen können. Alle diese Reisen fallen 
in die voreinheitliche Zeit, vor 1871. Wenn ferner 
mehrfach darauf hingewiesen worden ist, daß den 
Flegelschen Verträgen von Seiten der Kaiserlichen 
Regierung ein zu geringer Werth beigelegt und die- 
selben im politischen Sinne zu wenig ausgenutzt 
worden seien, so muß hierzu bemerkt werden, daß 
die von dem Reisenden R. Flegel im Niger= und 
Bennsgebiet abgeschlossenen Verträge Handels= und 
Freundschaftsbündnisse oder nur Kaufverträge über 
Grundstücke für die spätere Anlage von Faktoreien 
waren. Gerade diecjenigen unter diesen Verträgen, 
welche bei den Verhandlungen mit Frankreich am 
meisten hätten in Frage kommen können, wie die von 
Flegel in Yola, Ngaundere, Kontsha, Tshamba u. .w. 
1882 abgeschlossenen, waren nur mündliche Abreden, 
über die eine schristliche Urkunde oder ein sonst 
irgendwie verwerthbarer Beweis leider nicht vorlag. 
Nach allen Erwägungen der gesammten Sachlage 
konnte es gar keinem Zweifel unterliegen, daß Frank- 
reich in dem Hinterland von Kamerun uns überall 
zuvorgekommen war, sowohl in politischer wie in 
kommerzieller Beziehung. 
Die deutsche Privatthätigkeit hatte, abgesehen von 
der mehrerwähnten, in letzter Stunde mit etwa 
50 000 Mark ausgerüsteten verdienstvollen aber 
die Verhandlungen mit Frankreich anstreben. 
15. November 1893, gegen die Uebergriffe Frank- 
reichs hätte alle Hoffnung nur auf neue und große 
Expeditionen gesetzt werden müssen, für deren Aus- 
rüstung Mittel nicht mehr zu erlangen waren. Seit 
1890 war diese Verschlechterung von Jahr zu Jahr 
gewachsen. Es galt jetzt in kolonialem Interesse, 
ehe es zu spät wurde, zu sichern, was von dem 
Hinterland in Kamerun zu dessen wirthschaftlicher 
Ausnutzung bis in die weiteste Zukunft nöthig war, 
und es mußte die Zeit benutzt werden, in der sich 
auch in Frankreich das Bedürfniß nach einer Ver- 
ständigung um so mehr zeigte, als man daselbst nicht 
ohne Besorgniß aus etwaige Erfolge der Uechtribschen 
Expedition blickte. " 
Nur durch diplomatische und langwierige Ver- 
handlungen war es gelungen, England gegenüber 
eine Abgrenzung zu finden, die Deutschland mit dem 
größten Theile von Adamana auch den Zugang zum 
Tschadsee sicherte, und das gleiche Ziel mußten auch 
Da 
Frankreich den Mitbesip des südlichen Tschadsee-Users 
östlich von der Sharimündung als conditio sine 
Qua non für alle weiteren Verhandlungen bezeichnete, 
und Deutschland, wenn es nicht eine Verwerthung 
des östlichen Theiles seines Schutgebietes, wohin noch 
nicht einmal ein einziger deutscher Reisender ge- 
drungen war, gänzlich aufgeben wollte, unter allen 
schwachen Expedition v. Uechtritz, nichts für die 
Erschließung und Erweiterung unserer Beziehungen 
zum Hinterland von Kamerun gelhau. Die Wünsche 
auf eine weitere Ausdehnung der Kolonialpolitik 
über Baghirmi nach dem Centralsudan hin standen 
in einem schreienden Misverhältuiß zu den hierfür 
von öffentlichen und privaten Kreisen aufgewandten 
Mitteln und ließen Verwickelungen so schwerer Art 
erkennen, daß die Regierung bei einer Befolgung so 
abenteuerlicher Pläne, die für die Gegenwart nur 
kriegerische und politische Schwierigkeiten, wirthschaft- 
liche Vortheile aber laum noch für eine in den Bereich 
von Erwägungen zu ziehende Zukunft in Aussicht 
stellte, die Anhänger einer maßvollen Kolonialpolitik, 
die sie sich in den Ausschlag gebenden Kreisen des 
Reichstags mit Mühe in den leßten Jahren er- 
worben hat, bald wieder verloren haben würde. 
Die Gegner einer Verständigung mit Frankreich 
meinten: „Wir sollten bessere Zeilen 
Auch die Befolgung dieses Standpunktes wäre für 
die Kaiserliche Regierung eine überaus bequeme 
gewesen. Sie wäre dadurch jeder Verlegenheit in 
der Gegenwart überhoben gewesen, hätte sich auch 
Angriffe erspart, aber sie hätte sich damit nicht der 
Verantwortung vor der Zukunft entzogen. 
Von Jahr zu Jahr war unsere Stellung im 
Kameruner Hinterlande Frankreich wie England 
gegenüber eine schlechtere geworden. 
abwarten.“ 
Gegen die 
Umständen einen Zugang zum Sanga fordern 
mußte, — eine Forderung, deren Nothwendigkeit 
auch in kolonialen Kreisen auf das Lebhafteste betont 
worden war —, so erhob Frankreich gleichsam als 
Gegemverth den Anspruch auf einen Zugang zum 
Beuuc. Leßtere Forderung mußte von vornherein 
zurückgewiesen werden, und man einigte sich schließ- 
lich dahin, daß Frankreich sich mit einem terrikorialen 
Zugang zum Mayo Kebbi gegen Gewährung eines 
gleichen Zugangs zum Ngoko und Sanga begnügte. 
Unter möglichster Wahrung des deutschen Stand- 
punktes nach dem Abkommen von 1885 sollte die. 
Grenzlinie im Norden des Mayo Kebbi so gegen 
Osten nach dem Logone und Syhari gezogen werden, 
daß ein thunlichst großes Stück des linken Schari- 
ufers und ein Theil von Baghirmi bis zum 
Schnittpunkt mit dem 17.5 ö. Gr., Deutschland 
zufallen solle. Diese nach langen Verhandlungen 
erreichten Grundzüge zu einem Abkommen wur- 
den während der durch die Weihnachtsseiertage 
veranlaßten Unterbrechung der Verhandlungen zur 
vertraulichen Kenntnißnahme einer Versammlung von 
Persönlichkeiten unterbreitet, welche in kolonialen 
Dingen besonderes Interesse und besondere Sachkunde 
hatten, um deren Rath und Ansichten zu hören. 
Nach einer eingehenden Berathung dieser Grundzüge 
zu einem Abkommen wurden dieselben von der 
Mehrheit der Anwesenden mit 11 gegen 3 Stimmen 
als für die Fortführung der Verhandlungen geeignet 
anerkannt. 
Lettere konnten nach weiteren langwierigen Unter- 
Uebergrisse Englands schützte das Abkommen vom handlungen über die Einzelheiten der Grenzführung
	        
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