Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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auf das Innere des Quikurn eröffnen. Die ersten 
Granaten bewirkten bald ein Ausreißen einzelner 
Leute. Mittlerweile war die Kompagnie mit dem 
schwieriger den Berg hinauf zu tragenden 4,7 cm 
Geschütz eingetroffen. Für letzteres mußte wegen des 
größeren Rücklaufs erst mit dem Schanzzeug durch 
Beseitigen großer Steine eine geeignete Feuerstelle 
geschaffen werden. Vom Lieutenant Halliersch per- 
sönlich gerichtet, griff es bald mit Erfolg in die Be- 
schießung ein; die Flüchtlinge wurden allmählich zahl- 
reicher. In der linken Flanke schlichen sich auf meinen 
Befehl die Wangoni erkundend ziemlich nahe an die 
Boma heran, ohne Feuer zu bekommen. Ich ging 
daher mit der ganzen Kompagnie in Schützenlinie 
vor, ließ auf 50 Meter eine Salve gegen die Palli- 
saden abgeben, dann hieß es: „Auf, Marsch, Marsch, 
Hurrah!“ Im Umsehen waren Breschen in die 
Pallisaden gehauen und die Kompagnie, ohne Gegen- 
wehr zu finden, im Innern. Am jenseitigen Rande 
des Quikuru angekommen, ließ ich zum Sammeln 
blasen und sicherte die vorgefundene ansehnliche Beute 
durch Posten. Bis sich Alles durch die vielen Gänge 
und Schlupfwinkel des Quikuru durchgearbeitet hatte, 
waren die Flüchtlinge, versolgt von den „Bundes- 
genossen“, schon außer Schußweite, nachdem sie Feuer 
von der das Quikurun rechis umgehenden Gefechts- 
patrouille erhalten hatten. Von dem ersten Zuge 
wurde noch ein feindlicher Krieger innerhalb der 
Boma niedergeschossen, sonst in derselben nur noch 
Weiber und Kinder angetroffen. Den Ausreißern 
wurde noch eine Anzahl Vieh abgejagt. 
Die Kompagnie bezog außerhalb der Boma Lager; 
später schickte ich einen Schausch mit einer stlärkeren 
Patrouille zur weiteren Aufklärung ab; derselbe ent- 
deckie weit und breit nichts mehr vom Feinde und 
zündeie ein zweites befestigtes Dorf an. 
Das genommene Ouilurn war außerordentlich 
fest, 800 bis 900 Meter im Umfange, 300 Meter 
größter Durchmesser, hauptsächlich mit Steinmauer, 
sonst mit Pallisaden und Euphorbienhecken umgeben. 
Die Mauer, aus Bruchsteinen, mit Scharten für 
knieende und stehende Schützen versehen, war 1 bis 
1,50 Meter dick, 3 bis 4 Meter hoch, sehr geschickt 
in ein= und ausspringenden Winkeln gebrochen und 
an der Ostseite mit Bastion versehen. Das Innere 
in verschiedene unregelmäßige, mit Pallisaden und 
Lehmmauern umgebene Qnartiere getheilt, das Sul- 
tansviertel noch besonders durch Steinmauern ab- 
geschlossen, der Zugang von beiden Seiten pallisadirt. 
Im Sultansviertel standen Temben, sonst Lehmhütten 
mit Strohdach. 
Nach Aussage der gefangenen Weiber hatte Kandi 
die feste Absicht gehabt, sich zu vertheidigen, und war 
erst im letzten Moment von seinen Kriegern verlassen 
worden und selbst geslüchtet. Hierfür spricht die 
verhältuißmäßig große Beute, die der Truppe und 
den Hülfsvölkern in die Hände gefallen, sonst würde 
Kandi wohl, wie es gewöhnlich geschieht, sein Hab 
und Gut bei Zeiten in Sicherheit gebracht haben. 
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Die Pallisaden, Hütten und 
  
Es wurden von der Kompagnie erbeutet: 
11 Elfenbeinzähne, Gesammtgewicht auf drei bis vier 
Centner geschätzt. 
1 eisernes Geschütz, Kaliber 3 cm, mit den Buch- 
staben B. P. unter Königskrone; auf einem 
Schildzapfen die Zahl 1594; nebst vierräderiger 
Blocklaffete. 
Mehrere Gewehre, darunter ein Winchester-Mehrlader= 
Karabiner mit gefülltem Magazin. 
Hinterladerpatronen verschiedener Systeme, 
englischen Ursprungs. 
1 Sultansflaßzge, 1 deutsche Flagge, anscheinend nie 
gehißt. 
5 Kriegstrommeln in verschiedenen Größen, 
Zebrahaut verziert. 
Einige 70 Stück Rindvieh. Eine Menge Kleinvieh. 
Letzteres wurde zum größten Theil den Askaris 
überlassen. 
3 Fässer Pulver. 
Außerdem erbeuteten die Askaris, besonders aber 
die Ruga-Ruga, sehr viel Stoffe und bunte Tücher, 
Tauschartikel, Hausgeräth u. s. w. Die Letzteren 
haben dewiß auch manches Stück Vieh auf die Seite 
gebracht. 
Am Nachmittag ließ ich das Quikuru anzünden 
und die Zerstörung am 15. gründlich vollenden. 
Temben vernichtete das 
Feuer, die Mauer wurde niedergelegt, die großen, 
die Einsicht hindernden Bäume möglichst durch Agxr# 
und Feuer beseitigt. 
Am 16. früh marschirte ich in nordöstlicher Rich- 
tung weiter, unter Zurücklassung des Stationschefs 
Sigl, welcher mit Unteroffizier Oppermann und 
11 Askaris am selben Tage den Rückweg nach Tabora 
antrat. Bei Mbulu angekommen, welches auf einem 
Höhenrücken liegt, wurden auf große Entsernung im 
Busch Leute sichtbar, welche durch Abschießen von Ge- 
wehren ihren Muth zu zeigen suchten. Ein paar Gra- 
naten machten sie schleunigst verschwinden. Ortschaften 
waren weit und breit nicht zu entdecken. Es wurde 
Lager bezogen und der Schausch Abderrachman Achmed 
mit 12 Mann und den Wangoni als Patrouille zur 
Aufklärung ins Vorgelände geschickt. Nach einer 
Stunde meldeten die Posten, in großer Entfernung 
etwa sieben Salven gehört zu haben. Ich alarmirte 
die Kompagnie, ließ nur die Wache im Lager und 
marschirte eiligst nach jener Richtung ab. Schießen 
war nicht mehr hörbar, nach 1/1 Stunden Marsch 
durch Busch sah man Nauch aufsteigen, und nach 
einer weiteren halben Stunde auf eine freie Ebenc 
tretend, bemerkte man in der Nähe zwei brennende 
Dörfer. Der Schausch fand sich mit seiner Patrouille 
und den Wangoni wieder ein und meldete, daß er 
von einer Anzahl Feinde angegrissen worden sei. Er 
habe einige Salven abgegeben, worauf der Gegner 
unter Zurücklassung eines Todten geflohen sei. Dies- 
seits hatte der Wangonianführer einen Schuß durch 
den Oberschenkel erhalten. Am 17. wurde Bukowa 
kwa Magulu und damit wieder befreiordetes Gebiet 
meist 
mit
	        
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