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Tage, dem 14. November, erreichten wir mittags die
Plantage Derema, die nach dem gleichnamigen
Bache so genannt ist, im Munde der Leute aber nach
einem früher dort gelegenen Dorfe Msassa heißt.
Der Verwalter Herr Cowley war abwesend. Wir
waren in Magila mit ihm zusammengetroffen und
hatten dort eine längere Unterredung mit ihm, in
welcher er sich, wie er dies schon in einem Schreiben
an das Gonvernement gethan hatte, in einer ruhigen
und sachlichen Weise außerordentlich günstig über die
Boden= und Klimaverhältnisse äußerte. Der Augen-
schein belehrte uns, daß der rothe Lehmboden, der
schon vor Lewa begonnen hatte, hier von hervor-
ragender Güte war. Es standen 80 000 Bäume in
der Erde, die durchweg kräftiges Aussehen hatten.
Die älteren von ihnen, etwa zweijährig, trugen sogar
schon reichlich Blüthen. Die Temperaktur war am
Tage fast so hoch wie an der Küste, in der Nacht
kühlte es aber derartig ab, daß wir in dem fast ganz
aus Bambus gebauten Hause unter vier wollenen
Decken schliesfen. Dem Bade wird morgens stets ein
Eimer voll heißen Wassers zugesesßt.
Anm solgenden Morgen wanderten wir nach der
¾“ Stunden weiter gelegenen Plantage Nguelo, die
etwa ein halbes Jahr jünger als Derema ist. Nach
Angabe des Verwalters Herrn Rowehl standen dort
130 000 Bäume im Boden. An den vor dem
Winde geschüßlen Stellen waren diese vorzüglich
gediehen, an den freieren hatten sie zum Theil durch
neue Bäume ersetzt werden müssen, zum Theil waren
diese Stellen zu anderen Zwecken, z. B. zum Anbau
von Bananen als Nahrung für die Arbeiter oder
zur Aulage eines Gemüsegartens oder ciner Viehweide
von europäischem Gras, benußt worden. Auch auf
Nguelo tragen die älteren 11/ jährigen Bäume schon
Blüthen, und der Verwalter erwartet in diesem Jahre
schon die Jungfernernte. Er behauptete, daß er,
obwohl er acht Jahre in Mexiko Kaffeepflanzer ge-
wesen sei, noch keine so günstigen Vorbedingungen für
Kaffee gefunden habe wie hier im Handeigebirge.
Er ist ebenso wie Herr Cowley persönlich an der
Plantage belheiligt und hat die Absicht, seine eigenen
Mittel noch weiter für den Plantagenbau zu ver-
wenden, indem er so seine Ueberzeugung von der
Fruchtbarkeit der Gegend auf das Praktischste be-
thätigt.
Ueber die Arbeiterfrage äußerten sich die Ver-
walter beider Plantagen gleichermaßen günstig, aber
in dem Sinne, daß sie nur mit Chmesen und Java-
nesen, auch Singhalesen vorwärts kommen könnten.
Die Eingeborenen werden nur zu den einfachsten
Arbeiten, wie zum Graben der Löcher für die Bäume
und zwar ebenso wie auf Lewa in Akkord verwendet.
Die Verbindung der beiden Plantagen mit der
Küste war noch mangelhaft, namentlich deswegen,
weil der letzte Anstieg nach Derema sehr steil und
beschwerlich ist. Die Deutsch-Ostafrikanische Gesell-
schast beabsichtigte aber, einen breiten Fahrweg her-
zustellen, der die Entsernung auch erheblich verkürzen
"
–
soll, und Herr Rowehl versicherte mir, daß dieser
Weg in drei Monaten fertiggestellt sein würde. In-
dessen war die Verbindung auch jeßtzt schon gegen
früher verbessert, da die Träger sich an den Weg
gewöhnt hatten und Lasten von nicht weniger als
75 engl. Pfund in drei Tagen von Tanga hinauf
und in zwei Tagen hinunterschaffen und für jede
Last nur drei Rupien erhalten. Die Ernährungs-
verhältnisse waren ebenfalls noch mangelhaft. Rind-
vieh ist gar nicht vorhanden, Ziegen und Schafe
habe ich auch nicht gesehen. Für die Chinesen und
Javanesen muß Reis von der Küste herbeigeschafft
werden, für die Eingeborenen sind dort nur Bananen
vorhanden. Herr Rowehl glaubt aber, auf seiner
Weide Nindvieh halten zu können, jedoch hat er sich
bisher vergeblich bemüht, etwas anzukaufen.
Die Wasserverhältnisse sind sehr günstig, es regnet
viel und zahlreiche Bäche mit klarem Wasser durch-
ziehen die Gegend. In Aguelo ist auch am FJusße
des Berges eine Quelle aufgefunden worden, die
den Bewohnern der Plantage schönes Trinkwasser
in reichstem Maße liefert und unschwer zu er-
reichen ist.
Der Holzbestand ist vorzüglich. Kerzengerade
gewachsene Stämme von 40 bis 50 Meter liefern
das beste Bauholz, auch Färbholz ist zahlreich vor-
handen. Nur kann dies alles bloß so weit ver-
werthet werden, als es an Ort und Stelle Verwen-
dung findet, da die Schwierigkeit und somit die
hohen Kosten des Trausportes eine Verschickung nach
anderen Orten ausschließt. Es erscheint möglich,
daß nach Herstellung guter Verkehrswege, insbeson-
dere der Eisenbahn, die Plantagen durch Anlage
von Holzschneidemühlen, die durch die zahlreichen
wasserreichen Gebirgsbäche begünstigt wird, sich einen
lohnenden Nebenverdienst verschaffen können.
Von Nguelo marschirten wir größtentheils an
einem Bache entlang drei Stunden durch den Ur-
wald nach der neu angelegten Plantage der Usambara=
Kaffeebau-Gesellschaft, welche nach dem Hügel, der
den Mittelpunkt bildet soll, Bulwa genannt ist.
Es waren vielleicht 15 Morgen Urwald niedergelegt,
und die dort noch durch Neger ausgeführte Arbeit
bestond vorläufig nur im Fällen und Beseitigen der
Bäume. Die Bedingungen für eine Kaffeeplantage
scheinen dort insofern noch günstiger zu sein, als der
Plaßz von überragenden, mit Urwald bestandenen
Höhen rings umgeben und daher gegen den Wind
besser geschützt ist.
Nach einem Abstecher nach Ngambo, woselbst der
Häuptling Kipanga seinen Wohnsithz hat, kehrten wir
nach Nguelo zurück und brachten dort einen Ruhetag
zu, da die letzten Märsche unter fortwährendem starken
Regen und bei dem aufgeweichten und schlüpfrigen
Boden ungemein anstrengend gewesen waren. Für
Wege, welche bei gutem Wetter in drei Stunden
zurückgelegt werden, brauchten wir sechs und acht
Stunden.