Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Die folgenden Tage vergingen unter nutzlosen Ver- 
handlungen mit Schabruma, wurden aber gleichzeitig 
benutzt, um die Expedition in dem sehr reichen Lande 
mit einer zwölftägigen Verpflegung auszurüsten, da 
Erkundigungen ergeben hatten, daß nach Ueberschreiten 
des Luwegn ein Marsch von 10 Tagen folge, auf 
welchem keine Nahrung zu erhalten sei. Dann erst 
sollte in Donde die Verproviantirung wieder mög- 
lich sein. 
Am 25. kehrte der Kompagnieführer Ramsay 
in Begleitung des Lieutenants Hornung zurück. 
Der größte Theil der Lasten hatte nicht heran- 
geschafft werden können, da Kiwanga keine Träger 
hatte stellen können. 
Nachdem Schabruma sich, wie schon gesagt, auf 
alle Aufforderungen, zu kommen, ablehnend verhalten 
hatte, wurden verschiedene Detachements in die dicht 
bevölkerte Gegend entsandt und die noch nöthigen 
Lebensmittel nunmehr auf dem Wege der Requisition 
entnommen. Einige Männer wurden gefangen, 
Widerstand wurde nicht geleistet. 
Am 27. Februar wurde der Weitermarsch an- 
getreten, und am 18. März kraf die Expedition in 
Kilwa ein. Da eine Verproviantirung im Donde- 
gebiet sich nicht hatte bewerkstelligen lassen, von dort 
aber ebenfalls ein fünftägiger Marsch durch unbe- 
wohnte Gegend zu machen war, so war ich genöthigt, 
sehr starke Märsche zu machen — es wurden an 
verschiedenen Tagen über 40 Kilometer zurückgelegt. 
Auf diese Weise gelang es, die Expedition ohne 
wirklichen Nahrungsmangel bis in die bewohnte 
Küstengegend zu bringen; allerdings blieben viele 
Nachzügler zurück. Von Kilwa ist jedoch bereits die 
Meldung hier eingetroffen, daß die sämmtlichen zu- 
rückgebliebenen Askaris (15), bis auf einen, in Kilwa 
von dem ihnen entgegengeschickten Detachement zurück- 
gebracht seien; einige Träger sind allerdings an 
Erschöpfung gestorben. Die übrigen sind aber auch 
alle in Kilwa eingetroffen. » 
In Kilwa wurden sieben von den gefangenen 
Schabrumaleuten zum Tode verurtheilt und im Bei- 
sein einer großen Volksmenge sowie ihrer übrigen 
Kameraden gehängt, die Letzteren alsdann in ihre 
Heimath entlassen. 
Beschreibung des Landes. 
Das überaus fruchtbare Rufidjigebiet bis Kun- 
guliosdorf war schon bekannt; das Nordufer des- 
selben ist noch immer dicht bevölkert und angebaut, 
das Südufer dagegen infolge der Mafitieinfälle 
gänzlich verlassen. Nur die überall noch stehenden 
Mango= und Palmenhaine geben Zeugniß, daß auch 
dieses früher mit Dorfschaften dicht bedeckt gewesen 
ist. Von Kunguliosdorf bis zum Ulanga folgt 
eine unbewohnte, nicht sehr fruchtbare hügelige Steppe, 
dann aber wieder im Thal des Ulunga beginnt ein 
überaus fruchtbarer Boden. Das Land ist dicht 
bevölkert. Die Mafiti und die von ihnen unter- 
worfenen Urbewohner Wa-ulanga sind vorzigliche 
228 
  
— 
Ackerbauer; sie produziren Reis, Mtama, Mais, 
Erdnüsse und dergleichen im Ueberfluß, so daß man 
sich ihre sonstigen räuberischen Gewohnheiten, da sie 
der Mangel dazu in keiner Weise treibt, nur durch 
das Bestreben erklären kann, für den heimischen 
Ackerbau und für den Verkauf an Küstenhändler 
Sklaven zu gewinnen. 
Nachdem von dem Nuhndji, einem Quellfluß des 
Ulanga, das schroffere, indessen in seinen Thälern 
sehr fruchtbare und auf seinen Hängen mit leidlichem 
Holz bestandene Randgebirge überschritten war, ge- 
langt man auf eine wellige Hochebene, welche im 
Durchschnitt 1500 Meter Höhe hat. Dieses Land 
ist schwach bevölkert, hauptsächlich durch die wieder- 
holten Einsälle der Wahehe und Schabrumaleute. 
Wo noch Menschen wohnen, ist es in Kultur, und 
allenthalben findet man die Spuren früherer Kultur. 
Es ist ein überaus fruchtbares Land mit tiefgründigem 
Boden, theils humos, theils lehmig, und hat einen 
vollständig anderen Charakter als die niederen Steppen- 
gebiete. Während in diesen schilfartige holzige Gräser 
überwiegen, gleicht dieses ganze Land einer deutschen 
Wiese mit kurzen kräftigen Gräsern und blumigen 
Kräutern. 
Die Flora erinnert an die europäische; stellen- 
weise glaube ich in Deutschland vorkommende Gräser 
und Kräuter wiedergesunden zu haben. Wasser ist 
überall reichlich in großen und kleinen Gebirgsbächen 
und in vorzüglicher Qualität vorhanden. Das Klima 
ist kühl und angenehm. Des Morgens sinkt das 
Thermometer hin und wieder bis auf 6 Grad Cel- 
sins, so daß die Mitglieder der Expedition, welche 
hiergegen nicht genügend ausgerüstet waren, viel unter 
der Kälte litten. In der Mittagszeit stieg die 
Wärme nicht über die eines heimischen Sommertages. 
Das dort noch vorhandene Vieh — auch hier hatte 
die Seuche ungehener ausgeräumt — sah kräftig und 
wohlgenährt aus, Ziegen und Schafe waren im Ver- 
hältniß zur vorhandenen Bevölkerung reichlich vor- 
handen. Die Bevölkerung selbst ist friedfertig, nur 
schwebt sie in sleter Angst vor den Einfällen der 
Wahehe. Alle Theilnehmer der Expedition waren 
der Ansicht, daß dies ein Land sei, in dem der 
deutsche Einwanderer selbstthätig Ackerbau und Vieh- 
zucht mit großem Erfolge treiben könnte. Ein Land- 
erwerb würde keine Kosten machen, indessen ist ein 
Absatz irgend welcher Produkte bisher ausgeschlossen. 
Das reichste Land jedoch, welches ich sowohl auf 
dieser Reise wie auf allen früheren kennen gelernt 
habe, ist die Landschaft Konde im Norden des 
Nyassasees. In einer ungefähren Größe von 
10 000 Quadratkilometer erhebt sich die Landschaft 
in verschiedenen Terrassen vom See bis zur Paßhöhe 
des Livingstonegebirges (2000 Meter). Die Bevöl- 
kerung möchte ich auf annähernd 50000 bis 75000 
Seelen beziffern. Dieselbe wohnt in Dörfern, welche 
in dichten Bananenwäldern liegen. Prachtvolle große 
Schattenbäume umgeben die einzelnen von Bambus 
und Lehm höchst sauber und niedlich hergestellten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.