Hütten. Es ist verhältnißmäßig noch ein reicher
Viehstand vorhanden. Die Bevölkerung selbst ist
friedfertig, harmlos und baut außer Bananen, Maniok,
Mais, Mtama hauptsüchlich die einheimische dunkele
Bohne, welche ein Hauptnahrungsmittel bildet. Hier
wie auf dem Hochplateau östlich des Sees kommt
auch die gewöhnliche europäische weiße Bohne und
die europäische weiße Erbse sehr vielfach vor. Ein-
heimische Gurken u. s. w. werden reichlich angebaut;
das Land lieferte mühelos für die Expedition in
Langenburg über 15 000 Verpflegungsportionen,
trotzdem es kurz vor der Ernte war und die Vor-
räthe eigentlich aufgezehrt waren. In diesem Lande
geben die verschiedenen Höhenlagen die Möglichkeit,
den Plantagenbau (Kaffee, Kakao, Thee, Tabak,
Chinarinde u. s. w.), wie aller anderen tropischen
Produkte mit großem Erfolge zu betreiben. In den
höher gelegenen Theilen ist die Ansiedelung deutscher
Ackerbauer und Biehzüchter unbedingt möglich,
namentlich für Letztere bietet das weite Grasland,
welches sich vom Kamme des Livingstonegebirges in
der Richtung auf den Rikwasee in das Quellgebiet
des Ruaha erstreckt, unermeßliche, prachtvolle Flächen.
Auch hier ist neben den reichlichen Niederschlägen
überall Wasser in Bächen und Flüssen stets vor-
handen. Indessen fehlt auch hier überall noch die
Möglichkeit des Absatzes, denn der Transport über
den Shire und Zambesi zur Küste wird selbst für
die werthvollsten Kolonialprodukte zu theuer.
Von der Ameliabucht aus, von welcher man das
Randgebirge des Sees sehr bequem überschreitet,
gelangt man in das gleichfalls außerordentlich frucht-
bare Gebiet der Magwangwara und der unter
Schabruma slehenden Masiti. Auch dieses ist ein
leicht gewelltes Hochplateau, welches sich im Durch-
schnitt 1200 Meter über den Meeresspiegel erhebt.
Der Voden ist wechselnd vom schweren Lehmboden
bis zu leichteren Mischungen. Ueberall gedeihen die
landesüblichen Feldfrüchte in vorzüglichster Weise.
Namentlich sehr slark betrieben wird die Kultur von
Erdnüssen, welche ein Hauptnahrungsmittel der
dortigen Bevölkerung sind. Ebenso wie die Mafiti am
Ulanga sind die dortigen Einwohner vorzügliche
Ackerbauer; sie stehen in dieser Beziehung viel höher
als die Küstenneger, die Felder sind ordentlich und
regelmäßig in Beeten bestellt, und allenthalben sieht
man die fleißige Hand des Menschen. Auch hier
ist niemals die Noth die Triebseder für ihre Rän-
bereien gewesen. Das Land ist dicht bevölkert; ich
schätze die unter Schabruma sltehenden Masiti auf
50.000 bis 60 000 Seelen; nicht geringer dürften
die Magwangwara (Mharulileute) sein. Das Land
ist reichlich zu einem Drittel angebaut.
Nachdem der Luwegu, an dem die bewohnte
Gegend aufhört, überschritten ist, kritt wieder der
Steppencharakter etwas mehr hervor, obgleich das
Land auch hier noch im Durchschnitt 1000 Meter
hoch und der Boden nicht unfruchtbar ist. Wasser
war auch hier bis zur Küste überall reichlich vor-
229
handen, indessen waren schon häufige Gewitterregen
niedergegangen, so daß nicht mit Sicherheit anzu-
nehmen ist, daß immer so viel Wasser vorhanden ist.
Handel und Zoll.
Außer einigen Küstenhändlern, welche am Ulanga,
bei den Magwangwara und bei Schabruma sitzen,
ist ein eigentlicher Handel überhaupt nicht vor-
handen. Die Ausfuhr beschränkt sich auf etwas
Elfenbein und Kautschuk; in letzterem Artikel kann
das Land jedoch bei rationeller Wirthschaft sehr viel
mehr liefern, und sobald bei friedlichen Verhältnissen
die Nachfrage durch alsdann hinaufgehende Händler
gesteigert wird, wird die Produktion dieses Artikels
schnell wachsen.
In dem reichen Kondelande ist von irgend
welchem Handel gar keine Rede. Nur für die
wenigen Lebensmittel, welche die Station Langen-
burg, die Missionsstationen und die englischen Fak-
toreien brauchen, werden etwas Stoffe in das Land
eingeführt. Der hauptsächlich englische Handel vom
Nyassa geht nach dem Tanganyika= und Rikwasee,
von wo erhebliche Elfenbeinquantitäten ausgeführt
werden. Es stellt sich die Nothwendigkeit immer
mehr heraus, daß wir durch Errichtung einer Zoll-
schranke vom Nyassa bis zur Nordspitze des Tanga-
nyikasees unseren Handel schützen. Die Ein-
nahmen der zu errichtenden Zollstationen werden
allerdings vorläufig nicht erhebliche sein, aber der
Einfluß, den sie ausüben werden auf die Entwickelung
unseres Handels nach unserer Küste hin, wird be-
deutend sein.
Zur Befestigung unseres Einflusses, sowohl in
politischer wie in Handelsbezichung, ist die Errichtung
einer Station am Südende des Tanganyika sowie
einer zweiten in der Gegend von Udjüdji unbedingt
nöthig. In Verbindung mit diesen würde die Er-
richtung einer Zollschranke keine Schwierigkeiten
haben, namentlich würde ein Bedarf besonderer
Beamten nicht entstehen. Die Hauptbedingung für
eine genügende Wirksamkeit dieser Stationen, sowohl
in politischer Beziehung wie in der Zollkontrolle, ist
indeß der Besitz eines Dampfers auf dem Tanga-
nyikasee.
Allgemein Politisches.
Der Einfluß, den die Station Langenburg jett
schon am Nyassa in hohem Maße ausübt, beruht
nur auf dem Besis des Dampfers „Hermann
v. Wissmann"“. Die Beförderung eines anderen
Dampfers nach dem Tanganyika (vielleicht Peters-
dampfer) muß eine der ersten Bestrebungen der
Zukunft sein. Von weither schicken die eingeborenen
Häuptlinge, namentlich die im Norden des Sees
wohnenden, Gesandtschaften. Der bekannte Merere
ist vor einiger Zeit gestorben. Der vom Volke er-
wählte Nachfolger erbat sich die Bestätigung seiner
Wahl vom Stationschef von Langenburg. Ebeuso
haben mächtige Häuptlinge, welche noch nördlich von