Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Merere wohnen, ihre Unterwerfung und freundliche 
Gesinnung für das deutsche Regiment belundet. Der 
Stationschef von Langenburg, der den Nachfolger 
Mereres besucht und diesen erst in seine neue Würde 
eingesetzt hat, scheint bisher die Geschäfte in geschickter 
Weise verwaltet zu haben. 
Dampfer „H. v. Wissmann". 
Der Dampfer „Hermann v. Wissmann“ ist ein 
vorzügliches Schiff, viel größer als alle englischen 
Fahrzeuge, welche auf dem See schwimmen. Neben 
dem politischen Einflust, welchen wir durch den Besitz 
eines solchen Dampfers haben, leistet derselbe jetzt 
schon wesentliche Handelsdienste, die vorläufig aller- 
dings nur den Engländern zu Gute kommen, immer- 
hin aber für uns Einnahmen abwerfen. 
Bei der Fahrt von Langenburg nach der Amelia- 
bucht befanden sich außer dem eigentlichen Schiffs- 
personal 19 Europäer, etwa 375 Schwarze (Sol- 
daten, Träger, Diener), sämmtliche Reitthiere und 
alle Lasten der Expedition an Bord. Diese Zahlen 
geben einen annähernden Begriff von der Leistungs- 
fähigkeit des Dampfers „Hermann v. Wissmann“. 
Daß wir Deutsche ein Fahrzeug solcher Größe und 
Leistungsfähigkeit auf dem Nyassasee besitzen, ist 
ausschließlich das große Verdienst des Majors 
v. Wissmann, dessen Bemühungen nicht genug an- 
erkannt werden können. Der Aublick dieses schönen 
Dampfers unter deutscher Flagge hat uns Alle mit 
großer Freude und mit Stolz erfüllt; Major 
v. Wissmann kann sicher mit großer Genugthuung 
auf sein Werk zurückblicken. 
Die Verbindung mit der Station Langenburg 
auf dem Wege Shire—Zambesi—Kilimane—Dar--es- 
Saläm wird verhältuißmäßig sehr theuer und lang- 
wierig sein. Ich werde deshalb versuchen, die Ver- 
bindung mit der Station Langenburg auf dem Wege 
Kilwa—Anmeliabay billiger und kürzer herzustellen. 
Die Lastenlarawanen können diesen Landweg bequem 
in 30 Tagen zurücklegen. Mit der Unterwerfung 
von Schabruma ist dieser Weg gefahrlos und bietet 
auch hinsichtlich der Verpflegung und des Wassers 
viele Vortheile, er wird sicherlich nicht nur von den 
Regierungslarawanen, sondern auch von Händlern 
nunmehr häufiger frequentirt werden. Ich glaube, 
daß die Unterwerfung der Masiti nach Errichtung 
einer Station am Ulanga und namentlich, wenn ich 
nach der Regenzeit nochmals Gelegenheit habe, ein 
Detachement von Kilwa zu Schabruma hinzuschicken, 
eine endgültige sein wird. Einzelne Straßenräubereien 
werden naturgemäß auch hier noch immer vorkommen, 
doch werden sie nicht mehr den Umfang haben und 
den Handel nicht so abschrecken wie bisher. Ferner 
beabsichtige ich, nach der Regenzeit im Dondegebiet 
einen kleinen Posten von 25 Mann mit einem Offi- 
zier, welcher alle acht Wochen abgelöst werden könnte, 
von Kilwa aus zu stationiren. Dieser Posten genügt 
vollständig, um die Einfälle der Masiti in das Küsten- 
gebiet von Mohoro und Kilwa zu verhindern. 
  
230 — 
Für den Dampfer „Hermann v. Wissmann“ ist 
ein bestimmter Fahrplan sowie ein Tarif für Per- 
sonen= und Güterbeförderung erlassen worden.*) Es 
sind am unteren Nyassa noch zwei Leichter vorhanden, 
welche aus dem ehemaligen Besitz der Antifklaverei- 
gesellschaft stammen. Die Erwerbung dieser Leichter 
für das Gouvernement würde sehr vortheilhaft sein; 
ob dieselben in eigenen Betrieb genommen würden 
oder zu verchartern wären, bleibt noch der Erwägung 
vorbehalten, jedenfalls ist es wünschenswerth, daß 
sie sowie der Dampfer „Pfeil“ nicht in fremden 
Besitz gelangen. 
Resultate der Reise. 
Zu den auf der viermonatlichen Reise nach meinem 
Erachten gewonnenen Resultaten möchte ich Folgendes 
bemerken: 
I. Es ist die nähere Bekanntschaft mit einem 
Lande gemacht worden, das sowohl für Plan- 
tagenbau als auch als Auswanderungsgebiet 
soviel günstige Chancen bietet, daß dieser Besitz 
allein die Erhaltung der Kolonie Deutsch- 
Ostafrika, auch wenn sie noch auf lange Jahre 
Kosten verursachen sollte, erfordert. 
II. Es ist nöthig, daß wir zur Erhaltung und 
Förderung unseres Ansehens und zum Schutze 
unseres Handels an unserer Binnengrenze 
energischer vorgehen, namentlich auch durch 
Errichtung von Zollstationen. 
Die Unsicherheit der Straßen und die Stö- 
rungen der Handelsbeziehungen durch die Ein- 
sälle und Raubzüge der Mafili und Lihuhn 
werden durch die Anlage einer Station am 
Ulanga sowie eines Postens in Donde ver- 
muthlich beseitigt werden, außerdem dadurch, 
daß nunmehr häufiger Offiziere mit Truppen- 
abtheilungen von Kilwa nach Langenburg 
marschiren und bei dieser Gelegenheit die 
Ordnung herstellen werden. 
IV. Durch die außerordentlich fleißigen Arbeiten 
des Kompagnieführers Ramsay ist die geo- 
graphische Kenntniß des Landstriches südlich 
des Rufidji, Ruaha bis zum Nyassasee und 
von dort bis Kilwa wesentlich bereichert 
worden. 
III. 
Ueber den Werth und die Entwickelungssähigkeit der 
Nolonie Deutsch-Ostafrika 
äußert sich der Kaiserliche Gouverneur Frhr. v. Schele, 
wie folgt: 
Durch meine drei Reisen in das Innere habe 
ich das Gebiet der Kolonie im Norden bis zum 
Kilimandjaro, im Centrum bis Mpapna, Kilossa, 
Kisaki, das ganze Flußgebiet des Rufidji und den 
  
*) Vergl. unter „Verkehrsnachrichten“.
	        
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