Leider ist bisher bei den beschränkten Mitteln die
Anstellung eines Thierarztes immer noch nicht möglich
gewesen, so daß über Art und Ursache der Krankheit
noch keine Klarheit herrscht. Die Seuche ist noch
nicht erloschen. Namentlich an der Küste stirbt das
Vieh noch immer, und das Gouvernement steht dem
machtlos gegenüber, da man nicht weiß, wie die
Erkrankung zu verhindern, und wie bei Eintritt der-
selben eine Heilung möglich ist.
Bezüglich der Arbeiterfrage bin ich der Ansicht,
daß für größere Plantagenunternehmungen zunächst
ein Stamm geschulter Arbeiter, Chinesen oder der-
gleichen, wünschenswerth ist; bei richtiger Behand-
lung der Eingeborenen wird auch dieses bald über-
flüssig werden. Obwohl die Bevölkerungszahl der
Kolonie mit Ausschluß der Küste im Ganzen nur
eine sehr schwache zu nennen ist, ist sie in genügender
Zahl doch in allen zum Anbau geeigneten Theilen
vorhanden. Aber der Neger ist nicht gewöhnt, au-
haltend und regelmäßig zu arbeiten, er kommt und
geht, wie es ihm paßt, nur mit Geduld und rich-
tiger Behandlung wird er sich allmählich gewöhnen,
regelmäßig zu kommen und seine Arbeit ohne Unter-
brechung zu leisten. Die Beweise hierfür liefern
heute schon alle die Unternehmungen, welche von
ruhigen, besonnenen Leuten geleitet werden. Nie
hört man von dort Klagen über Arbeitermangel; wo#
hingegen der Stock regiert, heftige, launenhafte Leiter
sind, laufen die Leute sehr bald wieder fort, und
ein Stamm regelmäßiger, geschulter Arbeiter ist nicht
zu erzielen.
Wenn ich somit den Werth der Kolonie als
einen sehr hohen glaube bemessen zu müssen, so kann
ich ihn leider als einen realen nicht eher bezeichnen,
als bis nicht Mittel und Wege gefunden sind, die
zu gewinnenden Bodenerzeugnisse auch gewinnbringend
zu verwerthen.
In berufenen Kreisen, in der Presse und im
großen Publikum, von Sachverständigen und solchen,
die es zu sein glauben, sind hierüber bereits die
verschiedensten Ansichten und Vorschläge laut ge-
worden. Ich muß jedoch bei der von mir schon
öfter ausgesprochenen Ansicht beharren, daß einzig
und allein der Bau von Eisenbahnen das Land für
Handel und Wandel in größerem Maßstabe erschließen
kann.
Der Transport durch Lastthiere ist zu theuer,
zumal nur der Esel in Betracht kommen kann, da
das Kameel das feuchte Klima nicht verträgt. Der
Transport zu Wagen bedingt den sehr theuren
Straßenbau. Außerdem fehlt das Zugthier, da
Pferde bisher nur in sehr kleinen Rassen und sehr
gering an Zahl vorhanden sind, schwerere Schläge
voraussichtlich überhaupt das Klima nicht vertragen
würden. Der Ochse, das wahrscheinlich geeignetste
Zugkhier, ist nach dem Viehsterben nicht vorhanden,
die hiesige Rasse auch zu leicht für schweren Zug.
Eine Einführung südafrikanischer oder indischer Zug-
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thiere aber ist vor Lösung der Seuchenfrage nicht
rathsam.
Es bleibt somit nur die Eisenbahn, welche sich
um so mehr empfiehlt, als ihre Anlage, wenn sie zweck-
entsprechend billig und primitiv gehalten wird, im
Kostenpunkt den einfachen Wegebau für Lastfuhrwerk
nicht sehr übersteigen dürfte.
Bericht des Lieutenants Dalliersch über einen Susammen.
siob mit wabebes und Wagogos.
Tabora, den 1. Dezember 1893.
Am 24. Oktober 1893, 5 Uhr vormittags, mar-
schirte ich mit der Absicht, Msalala zu erreichen, von
Muhale ab in nachstehender Marschordnung:
2 Mann Spitze; Lieutenants Halliersch, v. Rap-
pard, Unteroffizier Hartmann, 12 Askaris; etwa
300 Träger; Unteroffizier Gregeratzki, 5 Askaris;
etwa 300 Träger; Unteroffizier Oppermann,
5 Askaris.
Gegen 6¼ Uhr vormittags hörte ich hinter mir,
meiner Ansicht in der Mitte der Karawane, lautes
Geschrei und bald darauf lebhaftes Gewehrfeuer.
Ich ließ sofort halten, ließ 4 Askaris an der Spitze
zurück und lief. mit den vorn befindlichen Europäern
und den übrigen Askaris nach der Stelle, woher das
Schießen kam.
Nach ungefähr 3 Minnten tam ich an einem
Todten vorbei und nahm einen unbewaffneten Wahehe
im Alter von 15 Jahren, der sich im Busch ver-
steckt hatte, gefangen. Kurz darauf erreichte ich den
Unteroffizier Gregeratzki, der bereits die Wahehe
und Wagogo, welche die Karawane angegriffen hatten,
vertrieb. Der Gegner war, sich nach allen Seiten
zerstreuend, entflohen. Da dem Angreifer bereits
eine ganze Anzahl geraubter Lasten wieder abgenommen
war, ich infolge des sehr dichten Busches eine weitere
Verfolgung für aussichtslos und meine baldige Rück-
kehr zu der Karawane, bei der sich nur Unteroffizier
Oppermann mit einigen Askaris befand, für noth-
wendig hielt, so befahl ich bald die Einstellung der
Verfolgung. Nachdem ich die Askaris, die sich in
dem vollständig unübersichtlichen Gebüsch etwas zer-
streut und bis zuletzt noch auf einzelne Flüchtlinge
geschossen hatten, gesammelt hatte, marschirte ich nach
der Stelle, wo der Angriff erfolgt war.
Bis zu meinem Eintreffen hatte sich, nach der
Meldung des Unteroffiziers Gregeratzki der Vor-
gang folgendermaßen zugetragen: Gegen 6¼ Uhr
vormittags war plöhzlich aus dem nördlich gelegenen
Busch, der bis an den Weg herantrat, gegen die vor
Unteroffizier Gregeratzki marschirenden Träger eine
Anzahl Wahehe und Wagogo hervorgebrochen. Die
Träger hatten sofort ihre Lasten weggeworsen und
waren entflohen. Unteroffizier Gregeratzki gelang
es, mit den Askaris durch lebhaftes Schießen die