Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Leider ist bisher bei den beschränkten Mitteln die 
Anstellung eines Thierarztes immer noch nicht möglich 
gewesen, so daß über Art und Ursache der Krankheit 
noch keine Klarheit herrscht. Die Seuche ist noch 
nicht erloschen. Namentlich an der Küste stirbt das 
Vieh noch immer, und das Gouvernement steht dem 
machtlos gegenüber, da man nicht weiß, wie die 
Erkrankung zu verhindern, und wie bei Eintritt der- 
selben eine Heilung möglich ist. 
Bezüglich der Arbeiterfrage bin ich der Ansicht, 
daß für größere Plantagenunternehmungen zunächst 
ein Stamm geschulter Arbeiter, Chinesen oder der- 
gleichen, wünschenswerth ist; bei richtiger Behand- 
lung der Eingeborenen wird auch dieses bald über- 
flüssig werden. Obwohl die Bevölkerungszahl der 
Kolonie mit Ausschluß der Küste im Ganzen nur 
eine sehr schwache zu nennen ist, ist sie in genügender 
Zahl doch in allen zum Anbau geeigneten Theilen 
vorhanden. Aber der Neger ist nicht gewöhnt, au- 
haltend und regelmäßig zu arbeiten, er kommt und 
geht, wie es ihm paßt, nur mit Geduld und rich- 
tiger Behandlung wird er sich allmählich gewöhnen, 
regelmäßig zu kommen und seine Arbeit ohne Unter- 
brechung zu leisten. Die Beweise hierfür liefern 
heute schon alle die Unternehmungen, welche von 
ruhigen, besonnenen Leuten geleitet werden. Nie 
hört man von dort Klagen über Arbeitermangel; wo# 
hingegen der Stock regiert, heftige, launenhafte Leiter 
sind, laufen die Leute sehr bald wieder fort, und 
ein Stamm regelmäßiger, geschulter Arbeiter ist nicht 
zu erzielen. 
Wenn ich somit den Werth der Kolonie als 
einen sehr hohen glaube bemessen zu müssen, so kann 
ich ihn leider als einen realen nicht eher bezeichnen, 
als bis nicht Mittel und Wege gefunden sind, die 
zu gewinnenden Bodenerzeugnisse auch gewinnbringend 
zu verwerthen. 
In berufenen Kreisen, in der Presse und im 
großen Publikum, von Sachverständigen und solchen, 
die es zu sein glauben, sind hierüber bereits die 
verschiedensten Ansichten und Vorschläge laut ge- 
worden. Ich muß jedoch bei der von mir schon 
öfter ausgesprochenen Ansicht beharren, daß einzig 
und allein der Bau von Eisenbahnen das Land für 
Handel und Wandel in größerem Maßstabe erschließen 
kann. 
Der Transport durch Lastthiere ist zu theuer, 
zumal nur der Esel in Betracht kommen kann, da 
das Kameel das feuchte Klima nicht verträgt. Der 
Transport zu Wagen bedingt den sehr theuren 
Straßenbau. Außerdem fehlt das Zugthier, da 
Pferde bisher nur in sehr kleinen Rassen und sehr 
gering an Zahl vorhanden sind, schwerere Schläge 
voraussichtlich überhaupt das Klima nicht vertragen 
würden. Der Ochse, das wahrscheinlich geeignetste 
Zugkhier, ist nach dem Viehsterben nicht vorhanden, 
die hiesige Rasse auch zu leicht für schweren Zug. 
Eine Einführung südafrikanischer oder indischer Zug- 
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thiere aber ist vor Lösung der Seuchenfrage nicht 
rathsam. 
Es bleibt somit nur die Eisenbahn, welche sich 
um so mehr empfiehlt, als ihre Anlage, wenn sie zweck- 
entsprechend billig und primitiv gehalten wird, im 
Kostenpunkt den einfachen Wegebau für Lastfuhrwerk 
nicht sehr übersteigen dürfte. 
Bericht des Lieutenants Dalliersch über einen Susammen. 
siob mit wabebes und Wagogos. 
Tabora, den 1. Dezember 1893. 
Am 24. Oktober 1893, 5 Uhr vormittags, mar- 
schirte ich mit der Absicht, Msalala zu erreichen, von 
Muhale ab in nachstehender Marschordnung: 
2 Mann Spitze; Lieutenants Halliersch, v. Rap- 
pard, Unteroffizier Hartmann, 12 Askaris; etwa 
300 Träger; Unteroffizier Gregeratzki, 5 Askaris; 
etwa 300 Träger; Unteroffizier Oppermann, 
5 Askaris. 
Gegen 6¼ Uhr vormittags hörte ich hinter mir, 
meiner Ansicht in der Mitte der Karawane, lautes 
Geschrei und bald darauf lebhaftes Gewehrfeuer. 
Ich ließ sofort halten, ließ 4 Askaris an der Spitze 
zurück und lief. mit den vorn befindlichen Europäern 
und den übrigen Askaris nach der Stelle, woher das 
Schießen kam. 
Nach ungefähr 3 Minnten tam ich an einem 
Todten vorbei und nahm einen unbewaffneten Wahehe 
im Alter von 15 Jahren, der sich im Busch ver- 
steckt hatte, gefangen. Kurz darauf erreichte ich den 
Unteroffizier Gregeratzki, der bereits die Wahehe 
und Wagogo, welche die Karawane angegriffen hatten, 
vertrieb. Der Gegner war, sich nach allen Seiten 
zerstreuend, entflohen. Da dem Angreifer bereits 
eine ganze Anzahl geraubter Lasten wieder abgenommen 
war, ich infolge des sehr dichten Busches eine weitere 
Verfolgung für aussichtslos und meine baldige Rück- 
kehr zu der Karawane, bei der sich nur Unteroffizier 
Oppermann mit einigen Askaris befand, für noth- 
wendig hielt, so befahl ich bald die Einstellung der 
Verfolgung. Nachdem ich die Askaris, die sich in 
dem vollständig unübersichtlichen Gebüsch etwas zer- 
streut und bis zuletzt noch auf einzelne Flüchtlinge 
geschossen hatten, gesammelt hatte, marschirte ich nach 
der Stelle, wo der Angriff erfolgt war. 
Bis zu meinem Eintreffen hatte sich, nach der 
Meldung des Unteroffiziers Gregeratzki der Vor- 
gang folgendermaßen zugetragen: Gegen 6¼ Uhr 
vormittags war plöhzlich aus dem nördlich gelegenen 
Busch, der bis an den Weg herantrat, gegen die vor 
Unteroffizier Gregeratzki marschirenden Träger eine 
Anzahl Wahehe und Wagogo hervorgebrochen. Die 
Träger hatten sofort ihre Lasten weggeworsen und 
waren entflohen. Unteroffizier Gregeratzki gelang 
es, mit den Askaris durch lebhaftes Schießen die
	        
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