— 241
Antisklavereikomitees kaum einer erfahreneren und
thatkräftigeren Persönlichkeit anvertraut werden konnte,
nachdem dem Major v. Wissmann die Ausführung
des Dampferunternehmens übertragen worden war.
Waren die Ergebnisse der Expeditionen im Großen
und Ganzen bereits aus den Veröffentlichungen des
Autisklavereikomitees bekannt, so bietet uns das vor-
liegende Werk eine sorgfältige und eingehende Be-
arbeitung in mustergültiger Ausstattung, für welche
wir dem Verfasser und dem verdienstvollen Verleger
Herrn Ernst Vohsen zu besonderem Danke ver-
bflichtet sind. Das Werk zerfällt in zwei Theile,
von denen der erste den Verlauf der Expedition
darstellt, während im zweiten Theil eine Uebersicht
über die wissenschaftlichen Ergebnisse enthalten ist.
Dr. Baumann führte zunächst den ihm gewordenen
Auftrag durch, indem er, von Tanga durch das
Massaigebiet marschirend den Viktoria-Nyansa in der
kurzen Zeit von 2½ Monaten erreichte. Auf dieser
Reise entdeckte er den Manyara-See, welcher im
Süden und Norden von den wasserreichen kühlen
Hochplateaus von Iraku und Mutyek berührt wird,
die er zu den besten Gebieten Ostafrikas rechnet;
ferner den Cyassi-See, von dessen Vorhandensein
bisher nicht einmal gerüchtweis etwas bekannt war.
Nach näherer Erforschung der südöstlich vom Viktoria-
See belegenen Länder wandte er sich nach Westen
und drang in das Gebiect von Urundi ein, vor
welchem Stanley s. Zt. Halt machte, welches bisher
von keinem Weißen betreten war, und dessen Ein-
wohner angeblich keinen Fremden in ihr Land ließen.
Er wurde mit Jubel empfangen und wie ein
Herrscher begrüßt. Die Warundi waren närmlich
von einem Herrschergeschlecht regiert worden, welches
seine Abkunft vom Mond (mwesi) herleitete und
dessen Königstitel „Mwesi“ war. Der lehte Mwesi,
Namens Makisavo (das Bleichgesicht), war seit Langem
verschollen, lebte aber der Tradition nach im Monde
fort und wurde von Norden her erwartet; als nun
plötzlich ein weißer Mann von Norden ius Land
kam, sahen sie in ihm den ersehnten Herrscher. Die
Reise durch Urundi glich einem Triumphzug. Bau-
mann überschritt den Kagera (Ruvuvu) sowie dessen
Nebenfluß Akanyaru und fand nördlich des Tanga-
nyika, unweit der Grenze des Kongostaates den
Ursprung des Kagera, des mächtigen Hauptstromes
des Viktoria-Nyansa, welchen die Engländer Alexandra-
Nil nennen, weil er zugleich der Quellsluß des Nil
ist. Die Quelle des Nil war entdeckt, das
uralte Räthsel gelöst. Auf den Höhen neben der
Quelle, den Missosi ya Mwesi, wörtlich überseßzt
„Mondberge“, wurden die Beherrscher der Warundi,
die verstorbenen Mwesi, bestattet; der Ort galt den
Bewohnern von jeher als heilig. Eine wunderbare
Uebereinstimmung mitl der alten Ueberlieferung,
wonach der Nil dem Mondgebirge entströmen sollte!
Von hier zog Baumann nach dem Tanganyika und
dann über Irangi nach Pangani
Von hohem Interesse ist auch der zweite Theil
—
des Werkes, welcher die physische Erdkunde und die
Ethnographie der erforschten Gebiete behandelt. In
letzterer Hinsicht müssen namentlich die vortrefflichen
Charaktertypen der verschiedenen Völkerstämme hervor-
gehoben werden, welche mit photographischer Treue
in ausgezeichneter Ausführung wiedergegeben sind.
Allen denen aber, welche mit der Verwaltung und
der Erschließung Ostafrikas befaßt sind, sei der Ab-
schnitt über den wirthschaftlichen Werth des Landes
empfohlen, welcher die Ansichten des erfahrenen Be-
obachters“) über den Handel, die Produkte, die
Anbau= und Besiedelungsfähigkeit wiedergiebt. Be-
sonderen Werth legt er dabei auf die Gründung von
Wanyamwesiniederlassungen in dünn bevölkerten, aber
besiedelungsfähigen Gebieten; jede Niederlassung dieser
zähen und intelligenten Arbeiter vertrete, wenn sie
unter gehöriger Aufsicht stehe, eine Station mit
einem Europäer, werde die Straßen sichern und die
Heranbildung der Eingeborenen fördern.
Der Anhang enthält Monographien botanischer,
zoologischer und geologischer Natur.
Die perniziöse Malaria in Deutsch-Ostafrika
von Dr. F. Steudel, Stabsarzt im JIufanterie=
Regiment Kaiser Friedrich, König von Preußen
(2. Württemberg.) Nr. 127, früher Oberarzt in der
Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika.
Verfasser beschreibt 15 Fälle von perniziöser
Malariaerkrankung, welche unter der deutschen Be-
zeichnung Schwarzwasserfieber bekannt ist. Von
besonderem Interesse erscheint der neunte Fall. Bei
demselben ist auf Grund hochgradiger Anämie eine
Bluttranssusion gemacht worden. Der Neger, von
dem das Blut entnommen wurde, erkraunkte am Tage
nach der Transsusion (nach Ansicht des Verfassers
„offenbar infolge des Blutverlustes“) an einem ziem-
lich starken Anfall von Malaria, der mit Chinin
sofort heilte (S. 15). Statt der Transsusionen von
Menschenblut dürften sich vor Allem in einem Malaria=
klima, wenn, wie vielleicht im vorliegenden Falle,
nicht mit Sicherheit durch Blutuntersuchung bestimmt
werden kann, ob der, dessen Blut entnommen werden
soll, Malariaparasiten im Organismus hat, In-
fusionen von physiologischer Kochsalzlösung mehr
empfehlen. Die Sehstörungen und Gesichtsfelddefekte,
die Verfasser mehrfach bei Schilderung seiner Fälle
erwähnt, führt er auf eine „durch die Anämie be-
dingte Hyperästhesie des Sehnerven“ zurück. Ander-
weitige wiederholte Untersuchungen mit dem Augen-
spiegel bei Schwarzwassersieber haben ergeben, daß
Sehstörungen durch Netzhantblutungen bedingt waren
und verschwanden, sobald die Blutung resorbirt war.
Es waren dies dieselben Blutungen, wie sie so häufig
bei anderen schweren Anämien beobachtet worden
0#% G" sei hier auch auf das im Kol. Bl. von 1891,
f. besprochene Werk desselben Verfassers über
Wn und seine Nechbargebies hingewiesen.