Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

von Muhosas eigener Hand auf das Schändlichste 
ermordet, und dies, wie die Untersuchung genau er- 
gab, thatsächlich nur aus Habgier. Die Araber 
waren zur Zahlung eines jeden Tributs bereit, doch 
Muhosa wollte ihr ganzes Hab und Gut an sich 
bringen und war mit einem Tribut nicht zufrieden. 
5. Gegen den Sultan Miao von Kionga (vier 
Tagemärsche von Ujiji) wird durch den größten 
Elefantenjäger Urambos, Kakunguli, eine Klage 
eingebracht wegen unrechtmäßiger Abnahme der Jagd- 
beute (8 bis 10 Elefantenzähne mehr, als die üb- 
liche Abgabe betragen sollte, nach den üblichen Jagd- 
gesetzen der Eingeborenen). Der Sultan von Urambo 
biltet, gegen Mtao Krieg machen zu dürfen. 
6. Ueber Ujiji langen die widersprechendsten Ge- 
rüchte hier ein. Der Araber Mohamed bin Halsan 
(Rumaliza) und andere große Araber Ujijis sollen 
sich zu einem Kriege gegen die Deutschen rüsten. 
Rumaliza soll starke, gegen uns gerichtete Befestigungen 
in Ujiji anlegen. Er soll die deutsche Flagge, welche 
er seiner Zeit von Emin zugeschickt bekommen hatte, 
in ösfentlicher Barasa heruntergerissen und mit Füßen 
getreten haben, mit der Versicherung, daß er niemals 
Freundschaft haben noch dulden wolle mit den 
Deutschen. Wenn die Deutschen nach Uji#i## kommen 
wollten, würde er ihnen schon bei dem Uebergange 
über den Malagarasi entgegentreten und sie dort ver- 
nichten. Entgegen diesen Nachrichten kommen an die 
Koiserliche Station und an mich persönlich gerichtete 
Briefe Rumalizas, voll der größten Ergebenheits- 
und Freundschaftsversicherungen. Er bittet um eine 
neue Flagge, da die alte zerrissen wäre. Er bittet 
mich, nicht auf die Intriguen (Fetina) zu hören, die 
gegen ihn gesponnen würden, er sei ein Freund der 
Deutschen; er würde die deutsche Sache am Taganyika 
vertreten, wenn er als Regierungsvertreter dort ein- 
gesetzt würde, es brauchten dann keine Europäer und 
leine Soldaten dorthin geschickt zu werden. 
B. Auf der Straße nach Karema. 
1. Karema soll durch Kapitän Jac ques mit Sol- 
daten des Kongostaates besetzt sein, um die 
Missionare zu schützen gegen Rumaliza und die 
Araber. 
Die Sultane von Mpimbwe und von Gongwe 
führen seit über einem Jahre Krieg und appel- 
liren Beide an die Regierung. 
Der Sultan von Lungwa (oder Bungwa) wurde 
von einem Uniampara des Sultans von Kiwere 
vertrieben und flüchtete sich nach Tabora. Er 
bittet um Schub und Wiedereinsetzung durch die 
Regierung. 
MNoch haben viele Sultane an der Karawanen- 
straße ihre Unterwerfung nicht angemeldet, trotz 
früher an sie ergangener Aufforderung. 
Die Wichtigkeit der raschen Regelung all der 
vorstehenden Angelegenheiten sowie die Klarlegung 
der Wahrheit über alle Ujiji-Gerüchte machten 
in mir den Entschluß reifen, auf eigene Verant- 
* 
— 
  
wortung eine Expedition nach Ujiji und Karema zu 
unternehmen, und dies um so mehr, als der große 
Eindruck, den die Vernichtung Sikis durch Lieutenant 
Prince im ganzen Lande und besonders auch bei 
den Arabern gemacht hatte, zu einem Rekognoszirungs- 
zuge nach Ujiji günstig ausgenutzt werden konnte. 
Ich halte außerdem unbedingt den Eindruck er- 
halten, als wollten die Araber, die sich förmlich über- 
boten in Verbreitung und Mittheilungen all dieser 
Gerüchte, der Regierung imponiren. Da in Tabora 
überdices eine momentane Gefahr nicht vorlag, wie 
ich mich genau überzeugt hatte, entschloß ich mich zu 
raschem Handeln. 
Auf dem Wege der Requisition ersuchte ich Herrn 
Lieutenant v. Bothmer um Ueberlassung aller in 
Tabora entbehrlichen Mannschaften und womöglich 
um dessen persönliche Führung seiner Truppe, denn 
ein Krieg gegen Ujiji und Kämpfe auf dem Wege 
nach dort waren nicht ausgeschlossen, ja eher wahr- 
scheinlich. Lieutenant v. Bothmer, dem ich die 
Sachlage und die Gründe zu meinem raschen Handeln 
auseinandergesetzt hatte, erklärte sich sofort bereit, 
mich mit 91 Mann ausgesuchter Soldaten zu be- 
leiten. 
Da es keinen Zweck gehabt hätte, die Ziele 
unserer Expedition zu verheimlichen, schickte ich allen 
Sultanen der zu passirenden und zu berührenden 
Landschaften und ebenso dem Rumaliza und den 
Arabern Ujijis Nachricht, daß ich kommen würde, um 
alle Angelegenheiten des Landes zu regeln und die 
Klagen u. s. w. der einzelnen Parteien an Ort und 
Stelle zu untersuchen und endgültig zu entscheiden. 
Niemand solle sich fürchten und fliehen, ich hätte 
keinerlei Kriegsabsichten; sollten aber Einzelne es 
vorziehen, seindlich der Regierung gegenübertreten 
zu wollen, dann würde gegen dieselben Krieg bis zur 
Vernichtung geführt, die Regierung sei auch hierzu 
jederzeit bereit. 
Am 19. Juni d. Is. mittags erfolgte der Ab- 
marsch der Expedition aus Tabora. Die zahlreichen 
Gesandtschaften, die ich in Tabora zurückgehalten 
hatte, begleiteten die Expedition und hatten von Ort 
zu Ort innerhalb ihrer Gebiete Boten vorausgeschickt, 
um dasür zu sorgen, daß Alles zu unserem Empfange 
vorbereitet würde. Diese auch früher von mir an- 
gewendete Methode bewährte sich auch diesmal wieder 
ganz vorzüglich, und wir wurden fast überall, wenn 
auch hier und da etwas scheu, so doch freundschaftlich 
empfangen. 
Unsere Leute hatten auf diese Weisc auch nicht 
die geringsten Scheingründe oder Anhaltspunkte zu 
den leider nicht immer zu verhindernden gewaltsamen 
Requisitionen, und so kam es auch, daß sie sich auf 
dem ganzen Marsche tadellos benahmen. Es dürfte 
wohl selten eine Expedition ein besseres Andenken 
auf ihrem Wege hinterlassen haben als diese 
Ui###i-Expedition der Station Tabora. Uns war 
darum um so viel mehr zu thun, als wir theilweise 
noch von keinem Europäer durchzogene und nirgends
	        
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