Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

stellten, luftigen und kühlen Räume gewährten die 
beste Gelegenheit, um während der den Unruhen 
folgenden Zeit das Regierungslazareth unterzubringen. 
Der Handel des Schutzgebietes hat sich während 
des letzten Jahres gehoben und war auch während 
der Zeit meiner Anwesenheit recht lebhaft. Die 
anfänglich herrschenden Befürchtungen, an die Er- 
eignisse vom Dezember moöchte sich eine Zeit schleppen- 
den und matten Verkehrs anknüpfen, haben sich 
glücklicherweise nicht bewahrheitet. Vielmehr ist seit 
Anfang Januar das Geschäft vollständig in seine 
vorherige Bahn zurückgekehrt und nicht mehr die 
geringste ungünstige Nachwirkung zu verspüren ge- 
wesen. Wie belannt, erstreckt sich der Handel auf 
die Sammlung und die Ausfuhr von Naturprodukten, 
wie Palmkerne, Palmöl, Kautschuk, Elfenbein u. s. w. 
Nur ein einziges Erzeugniß kultureller Arbeit der 
Eingeborenen, der Kakao, ist vorhanden, gewinnt 
aber eine von Jahr zu Jahr steigende Bedeutung. 
Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Ausbeutung 
der Erzeugnisse des Schugebietes noch einer großen 
Entwickelung sähig ist. In nächster Nähe der Küste 
kann man auf Schritt und Tritt sehen, wie bei der 
Indolenz der Eingeborenen die Früchte der Oelpalme 
in Menge verrotten. Was die räumliche Erweiterung 
der Handelsgebiete anbetrifft, so dürfte sich wohl 
immer mehr die Ansicht Geltung verschaffen, daß 
dieselbe in natürlicher Weise Schritt für Schritt von 
der Küste aus zu erfolgen habe. Dabei muß die 
billige Kraft, welche das Land in seiner Bevölkerung 
bietet, in ausgedehntester Weise benußt werden. Die 
Eingeborenen mit dem wohlfeilen Arbeitermaterial, 
welches sie in ihren Hörigen besitzen, mit ihren ge- 
ringen Bedürsnissen sind die gegebenen Vermittler 
zwischen den Produzenten und den exportirenden 
europäischen Firmen. Der eingeborene Händler wird 
im Verkehr mit dem eingeborenen Produzenten schon 
infolge der besseren Verständigung dem Europäer 
weit überlegen sein und jedenfalls, bekannt mit allen 
Negerschlichen, seinen Vortheil aufs Beste wahren. 
Mir scheint deshalb das Verfahren einiger Firmen 
des Kribibezirkes, Karawanen aus geworbenen, theuer 
zu bezahlenden und zu ernährenden fremden Leuten 
(Wey-, Krujungen) häufig unter Führung eines 
Weißen tief ins Innere zu entsenden, um die Lan- 
deserzeugnisse an Ort und Stelle aufzukaufen, keinen 
lohnenden Gewinn zu versprechen. Mag durch der- 
artige Vorstöße unsere Kenntniß des Schutgebietes 
erweitert werden, die betreffenden Firmen werden 
kaum ihre Rechnung finden. 
Im Interesse eines lohnenden Handels dürften 
die Handelsniederlassungen der europäischen Firmen 
an der Küste ihren richtigen Plah haben und nur 
dann in das Innere vorzuschieben sein, wenn eine 
fahrbare Wasserstraße die Möglichkeit gewährt, unter 
Anwendung unserer modernen technischen Hülfsmittel 
weite Entfernungen mit einem Minimum von Aus- 
lagen zu überwinden, welches selbst die Wohlfeilheit 
der Beförderungsweise der Eingeborenen weit hinter 
  
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sich läßt. Damit würde sich die Handelsthätigkeit 
der Firmen unseres Schutzgebietes in Uebereinstim- 
mung sehen mit den geschäftlichen Grundsätzen, welche 
in den blühenden englischen Kolonien der afrikanischen 
Westküste erprobt sind und befolgt werden. 
Wenn auch die Ausdehnung des Handels in 
erster Linie der Initiative der Kaufleute zu überlassen 
sein wird, so muß doch das Gouvernement sehr 
häufig helfend und fördernd eintreten. Der Grund- 
satz der Handelsfreiheit für Jedermann wird häufig 
erst durch gewaltsame Niederwersung des entgegen- 
stehenden Widerstandes zur Durchführung gebracht 
werden können. Mit jedem Vordringen des Handels 
in ein neues Gebiet werden dessen Bewohner ihr 
althergebrachtes Privilegium, den aus dem Hinter- 
land kommenden Produkten den Durchgang zur Küste 
zu weigern, zäh vertheidigen und nur selten gütlich 
aufgeben. Das beliebte Verfahren der Eingeborenen, 
bei Handelsstreitigkeiten die Wege zu sperren, wird 
ebenfalls nicht sellen kräftiges Einschreiten des Gou- 
vernements erfordern. 
Die Erzeugnisse des Schutzgebietes, welche zur 
Zeit den Gegenstand des Handels ausmachen, werden 
nicht sämmtlich für alle Zeiten vorhalten. Die üb- 
liche raubbaumäßige Gewinnung des Kautschuks bringt 
die Vernichtung der das Prodult liefernden Pflanze 
mit sich; die Elephanten werden von Jahr zu Jahr 
seltener; die geschlagenen Ebenholz= und Mahagoni- 
bäume werden nicht ersetzt. So wird allmählich 
nur die einzige unversiegbare Quelle der Oelpalme 
Stand halten, und wenn diese Entwickelung auch 
erst in nicht absehbarer Zeit eintreten und die jetzige 
Generation nicht treffen wird, so dürfte doch eine 
weiterschauende Verwaltung mit diesem Ausgang 
rechnen und auf die Ausfüllung der Lücke Bedacht 
nehmen müssen. Die Anfänge einer dahin gerichteten 
Entwickelung sind in der kulturellen Thätigkeit, welche 
von Europäern und Eingeborenen an einigen Stellen 
des Schutzgebietes entwickelt wird, zu erkennen. 
Ein Besuch des Bezirks Victoria diente dazu, 
mir Information über die Anfänge der tropischen 
Landwirthschaft in unserem Schutzgebiet zu ver- 
schaffen. Das Kamerungebirge bietet in seinem Lava- 
boden und den verschiedenen Höhenlagen für Kultur- 
unternehmungen die besten und verschiedenartigsten 
Bedingungen, und deshalb war Victoria, an den 
Ausläufern des Berges zur Ambasbucht gelegen, ein 
geeigneter Platz, um mit Versuchsplantagen vor- 
zugehen. Der zu diesem Zweck von Seiten des 
Gouvernements angelegte botanische Garten ist eine 
sehr beachtenswerthe Einrichtung. Ein Terrain von 
mehr als 30 Hektaren ist urbar gemacht und die 
verschiedensten Arten tropischer Nutzpflanzen sind 
angebaut, wobei den voraussichtlich für das Schuß- 
gebiet zumeist in Betracht kommenden Kulturen des 
Kaffces und Kakaos die Hauptaufmerksamkeit zu- 
gewandt ist. Die Versuche haben ein überraschend 
günstiges Ergebniß geliefert. Sämmtliche Kakaoarten 
gedeihen gut, nicht bloß der liberianische, sonderm,
	        
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