stellten, luftigen und kühlen Räume gewährten die
beste Gelegenheit, um während der den Unruhen
folgenden Zeit das Regierungslazareth unterzubringen.
Der Handel des Schutzgebietes hat sich während
des letzten Jahres gehoben und war auch während
der Zeit meiner Anwesenheit recht lebhaft. Die
anfänglich herrschenden Befürchtungen, an die Er-
eignisse vom Dezember moöchte sich eine Zeit schleppen-
den und matten Verkehrs anknüpfen, haben sich
glücklicherweise nicht bewahrheitet. Vielmehr ist seit
Anfang Januar das Geschäft vollständig in seine
vorherige Bahn zurückgekehrt und nicht mehr die
geringste ungünstige Nachwirkung zu verspüren ge-
wesen. Wie belannt, erstreckt sich der Handel auf
die Sammlung und die Ausfuhr von Naturprodukten,
wie Palmkerne, Palmöl, Kautschuk, Elfenbein u. s. w.
Nur ein einziges Erzeugniß kultureller Arbeit der
Eingeborenen, der Kakao, ist vorhanden, gewinnt
aber eine von Jahr zu Jahr steigende Bedeutung.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Ausbeutung
der Erzeugnisse des Schugebietes noch einer großen
Entwickelung sähig ist. In nächster Nähe der Küste
kann man auf Schritt und Tritt sehen, wie bei der
Indolenz der Eingeborenen die Früchte der Oelpalme
in Menge verrotten. Was die räumliche Erweiterung
der Handelsgebiete anbetrifft, so dürfte sich wohl
immer mehr die Ansicht Geltung verschaffen, daß
dieselbe in natürlicher Weise Schritt für Schritt von
der Küste aus zu erfolgen habe. Dabei muß die
billige Kraft, welche das Land in seiner Bevölkerung
bietet, in ausgedehntester Weise benußt werden. Die
Eingeborenen mit dem wohlfeilen Arbeitermaterial,
welches sie in ihren Hörigen besitzen, mit ihren ge-
ringen Bedürsnissen sind die gegebenen Vermittler
zwischen den Produzenten und den exportirenden
europäischen Firmen. Der eingeborene Händler wird
im Verkehr mit dem eingeborenen Produzenten schon
infolge der besseren Verständigung dem Europäer
weit überlegen sein und jedenfalls, bekannt mit allen
Negerschlichen, seinen Vortheil aufs Beste wahren.
Mir scheint deshalb das Verfahren einiger Firmen
des Kribibezirkes, Karawanen aus geworbenen, theuer
zu bezahlenden und zu ernährenden fremden Leuten
(Wey-, Krujungen) häufig unter Führung eines
Weißen tief ins Innere zu entsenden, um die Lan-
deserzeugnisse an Ort und Stelle aufzukaufen, keinen
lohnenden Gewinn zu versprechen. Mag durch der-
artige Vorstöße unsere Kenntniß des Schutgebietes
erweitert werden, die betreffenden Firmen werden
kaum ihre Rechnung finden.
Im Interesse eines lohnenden Handels dürften
die Handelsniederlassungen der europäischen Firmen
an der Küste ihren richtigen Plah haben und nur
dann in das Innere vorzuschieben sein, wenn eine
fahrbare Wasserstraße die Möglichkeit gewährt, unter
Anwendung unserer modernen technischen Hülfsmittel
weite Entfernungen mit einem Minimum von Aus-
lagen zu überwinden, welches selbst die Wohlfeilheit
der Beförderungsweise der Eingeborenen weit hinter
255 —
sich läßt. Damit würde sich die Handelsthätigkeit
der Firmen unseres Schutzgebietes in Uebereinstim-
mung sehen mit den geschäftlichen Grundsätzen, welche
in den blühenden englischen Kolonien der afrikanischen
Westküste erprobt sind und befolgt werden.
Wenn auch die Ausdehnung des Handels in
erster Linie der Initiative der Kaufleute zu überlassen
sein wird, so muß doch das Gouvernement sehr
häufig helfend und fördernd eintreten. Der Grund-
satz der Handelsfreiheit für Jedermann wird häufig
erst durch gewaltsame Niederwersung des entgegen-
stehenden Widerstandes zur Durchführung gebracht
werden können. Mit jedem Vordringen des Handels
in ein neues Gebiet werden dessen Bewohner ihr
althergebrachtes Privilegium, den aus dem Hinter-
land kommenden Produkten den Durchgang zur Küste
zu weigern, zäh vertheidigen und nur selten gütlich
aufgeben. Das beliebte Verfahren der Eingeborenen,
bei Handelsstreitigkeiten die Wege zu sperren, wird
ebenfalls nicht sellen kräftiges Einschreiten des Gou-
vernements erfordern.
Die Erzeugnisse des Schutzgebietes, welche zur
Zeit den Gegenstand des Handels ausmachen, werden
nicht sämmtlich für alle Zeiten vorhalten. Die üb-
liche raubbaumäßige Gewinnung des Kautschuks bringt
die Vernichtung der das Prodult liefernden Pflanze
mit sich; die Elephanten werden von Jahr zu Jahr
seltener; die geschlagenen Ebenholz= und Mahagoni-
bäume werden nicht ersetzt. So wird allmählich
nur die einzige unversiegbare Quelle der Oelpalme
Stand halten, und wenn diese Entwickelung auch
erst in nicht absehbarer Zeit eintreten und die jetzige
Generation nicht treffen wird, so dürfte doch eine
weiterschauende Verwaltung mit diesem Ausgang
rechnen und auf die Ausfüllung der Lücke Bedacht
nehmen müssen. Die Anfänge einer dahin gerichteten
Entwickelung sind in der kulturellen Thätigkeit, welche
von Europäern und Eingeborenen an einigen Stellen
des Schutzgebietes entwickelt wird, zu erkennen.
Ein Besuch des Bezirks Victoria diente dazu,
mir Information über die Anfänge der tropischen
Landwirthschaft in unserem Schutzgebiet zu ver-
schaffen. Das Kamerungebirge bietet in seinem Lava-
boden und den verschiedenen Höhenlagen für Kultur-
unternehmungen die besten und verschiedenartigsten
Bedingungen, und deshalb war Victoria, an den
Ausläufern des Berges zur Ambasbucht gelegen, ein
geeigneter Platz, um mit Versuchsplantagen vor-
zugehen. Der zu diesem Zweck von Seiten des
Gouvernements angelegte botanische Garten ist eine
sehr beachtenswerthe Einrichtung. Ein Terrain von
mehr als 30 Hektaren ist urbar gemacht und die
verschiedensten Arten tropischer Nutzpflanzen sind
angebaut, wobei den voraussichtlich für das Schuß-
gebiet zumeist in Betracht kommenden Kulturen des
Kaffces und Kakaos die Hauptaufmerksamkeit zu-
gewandt ist. Die Versuche haben ein überraschend
günstiges Ergebniß geliefert. Sämmtliche Kakaoarten
gedeihen gut, nicht bloß der liberianische, sonderm,