Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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auch der arabische Kaffee, für welch lehteren ge- 
meiniglich eine ausgesprochene Höhenlage beansprucht 
wird, entwickelte sich aufs Prächtigste. Zur Zeit 
meines Besuches war gerade ein Komplex arabischer 
von St. Thomé stammender Kaffeebäumchen, welche 
vor nicht ganz zwei Jahren gepflanzt waren, in 
überreicher Blüthe, gewiß ein Zeichen außergewöhn- 
licher Fruchtbarkeit. Neben diesen Hauptkulturen 
sind mit Kautschukpflanzen, besonders mit dem Para- 
kantschukbaum, Versuche angestellt. Zu erwähnen 
sind noch die Kulturen von Vanille, Pfeffer, Ingwer 
u. s. w. Der Garten hat nicht bloß der Pflanzungs- 
thätigkeit anregend vorgearbeitet, sondern bereits 
praktischen Nutzen gewährt. Vielfach sind bereits 
Kautschukpflänzlinge au Private abgegeben. Die in- 
wohner von Victoria drängen den Leiter des Gärtens, 
Dr. Preuß, geradeczu um Abgabe von Kakaosaat- 
bohnen, um sie zur Verbesserung ihrer Farmen zu 
verwenden. 
Ein schattiger Weg führt durch die Farmen der 
Einwohner von Victoria und demnächst durch hoch- 
stämmigen Urwald in etwa 1½/ Stunden Weges zu der 
Pflanzung „Kriegsschiffsbucht“ der Kamerun-Land- 
und Plantagengesellschaft, welche unter der Leitung 
des Pflanzers Teuß eine recht günstige Entwickelung 
genommen hat. Sie ist über die ersten Jahre, welche 
bei einer Kakaopflanzung nur Ausfwendungen ohne 
die geringste Einnahme beanspruchen, glücklich hinweg, 
und die Ernten mehren sich von Jahr zu Jahr be- 
deutend. Herr Teuß theilte mir mit, daß er im 
letzten Jahre 1750 Sack d. i. 87500 Kilogramm 
Kakao zur Versendung gebracht habe. So dürfte 
dies Unternehmen vielleicht schon in Bälde Gewinn 
abwerfen, gewiß der beste Anreiz für das heimische 
Kapital, hier weiter sich zu bethätigen. , 
Die Einrichtungen der Pflauzung haben mir sehr 
gefallen. Erwähnen möchte ich das geräumige, luftige 
Wohnhaus. Seine Lage, unmittelbar an der Kriegs- 
schiffsbucht, eröffnet eine herrliche Aussicht auf das 
Meer und die bewaldeten Ufer der Bucht. Das 
Haus, aus Holz hergestellt, ruht auf hohen, slein- 
gemauerten Pfeilern. Es enthält einen geräumigen 
Mittelraum, an dessen beiden Seiten je zwei Zimmer 
sich anschließen. Um diese inneren Räume zieht sich 
— ein besonderer Vorzug — an allen vier Seiten 
eine auffallend breite Veranda, welche ringsum mit 
Fenstern versehen ist und daher bei jeder Witterung 
benutzt werden kann. Dieser luftige Raum dient den 
Bewohnern während des Tages als ständiger Auf- 
enthalt. Die europäischen Angestellten sind in einem 
besonderen Hause untergebracht. Eine Anzahl Wirth- 
schaftsgebäude umgeben den Hofraum, welcher von 
einer zahlreichen Schaar Federviehs belebt ist. Trut- 
hühner, Enten und Hühner gedeihen vortrefflich unter 
der kundigen Hand der Frau Teuß. So sind hier 
die Bedingungen für das Wohlbefinden des Euro- 
päers, gesunde Wohnung und gute Ernährung, in 
einer Weise gelöst, wie sic leider in neuen Kolonien 
zu den Ausnahmen gehört. 
  
Die Pflanzung übertraf, mas ihre Ausdehnung 
anbelangt, weit meine riartungen, sie dürfte 300 
bis 350 Hektar enthalten. Die Hauptfrucht ist 
Kakao, nur an einigen Stellen vornehmlich in der 
Nähe der ee, wo Kakao nicht gut gedeihen wollte, 
sind Kulturen von Liberiakaffee angelegt. Das Pflan- 
zungsgelände ist von zahlreichen Wegen durchzogen, 
und so ist dem Leiter, welcher über zwei Reit- 
pferde verfügt, die Beaufsichtigung der Außenarbeiten 
sehr erleichtert. Die Seiten der Wege sind mit 
zahlreichen Mango= und Brotfruchtbäumen, Bananen 
u. s. w. beflanzt, welche im Verein mit den Mais- 
und Kassadaanpflanzungen die für Ernährung der 
Arbeiter nothwendigen Lebensmittel liefern. 
Besonders günstig ist, daß ein Wasserlauf die 
Pflanzung in geraumer Ausdehnung durchfließt. An 
diesem beabsichtigte Herr Teuß eine Einrichtung zum 
Waschen und Reinigen der Ernte anzulegen. 
Das Personal der Pflanzung besteht, abgesehen 
von dem Leiter eines Vorwerks in Bimbia, aus vier 
weißen Assistenten und etwa dreihundert sarbigen 
Arbeilern. Diese letzteren waren etwa zur Hälfte 
fremde Leute, besonders Krujungen, zur anderen Hälfte 
Eingeborene des Schuhgebietes, welche von dem 
Stamm der Mabeas auf ein Jahr zu unentgeltlicher 
Arbeit dem Gouvernement in Erfüllung der Friedens- 
bedingungen gestellt und dann der Pflanzung gegen 
mäßige Zahlung überlassen waren. Die Legtteren 
hatten sich allmählich an geregelte Arbeit gewöhnt 
und waren, wenngleich ihre Leistungen hinter denen 
der Krujungen erheblich zurückstanden, doch von Werth 
für die Pflanzung. 
Mein Weg führte mich weiter nach Bibundi; 
leider fand ich nur geringe Zeit, um die Pflanzung 
der Tabaksbaugesellschaft Kamerun, Janßen, Thor- 
mählen & Dollmann, in Augenschein, zu nehmen. 
Auch sie ist jetzt nebenbei zur Produktion von Kakao 
bestimmt, hat jedoch die Größe der Pflanzung Kriegs- 
schiffsbucht noch nicht erreicht. Der Leiter Herr 
Nackow pflanzt, um die Kosten der ersten Urbar- 
machung möglichst auszunutzen, zugleich mit Kakao 
Tabak. Beide Produkte haben sich in Deutschland 
einer besonders guten Ausnahme zu erfreuen gehabt 
und schien auch der diesjährige in den Scheunen 
trocknende Tabak von feiner, zarter Beschaffenheit 
zu sein. 
Sonderbarerweise scheinen die meteorologischen 
Verhältnisse der Umgebung von Bibundi von denen 
in Victoria und Kriegsschiffsbucht troß der Nachbar- 
schaft stark abzuweichen. An diesen lehteren Plätzen 
herrschte ausgesprochene Trockenheit, während Herr 
Rackow klagte, daß fast jeder Tag Regen bringe und 
die Unkrautplage kaum zu überwinden sei. Ist 
wirklich die Nässe so groß, wie mir berichtet ist, so 
läßt sich nicht leugnen, daß die Ausbreitung gerade 
der Tabakskultur die größlen Schwierigkeiten zu 
überwinden haben wird. Denn es ist unerläßlich 
für ein gutes Produkt, daß der Tabak in absolut 
trockenem Zustande vom Felde in die Scheunen ein-
	        
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