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auch der arabische Kaffee, für welch lehteren ge-
meiniglich eine ausgesprochene Höhenlage beansprucht
wird, entwickelte sich aufs Prächtigste. Zur Zeit
meines Besuches war gerade ein Komplex arabischer
von St. Thomé stammender Kaffeebäumchen, welche
vor nicht ganz zwei Jahren gepflanzt waren, in
überreicher Blüthe, gewiß ein Zeichen außergewöhn-
licher Fruchtbarkeit. Neben diesen Hauptkulturen
sind mit Kautschukpflanzen, besonders mit dem Para-
kantschukbaum, Versuche angestellt. Zu erwähnen
sind noch die Kulturen von Vanille, Pfeffer, Ingwer
u. s. w. Der Garten hat nicht bloß der Pflanzungs-
thätigkeit anregend vorgearbeitet, sondern bereits
praktischen Nutzen gewährt. Vielfach sind bereits
Kautschukpflänzlinge au Private abgegeben. Die in-
wohner von Victoria drängen den Leiter des Gärtens,
Dr. Preuß, geradeczu um Abgabe von Kakaosaat-
bohnen, um sie zur Verbesserung ihrer Farmen zu
verwenden.
Ein schattiger Weg führt durch die Farmen der
Einwohner von Victoria und demnächst durch hoch-
stämmigen Urwald in etwa 1½/ Stunden Weges zu der
Pflanzung „Kriegsschiffsbucht“ der Kamerun-Land-
und Plantagengesellschaft, welche unter der Leitung
des Pflanzers Teuß eine recht günstige Entwickelung
genommen hat. Sie ist über die ersten Jahre, welche
bei einer Kakaopflanzung nur Ausfwendungen ohne
die geringste Einnahme beanspruchen, glücklich hinweg,
und die Ernten mehren sich von Jahr zu Jahr be-
deutend. Herr Teuß theilte mir mit, daß er im
letzten Jahre 1750 Sack d. i. 87500 Kilogramm
Kakao zur Versendung gebracht habe. So dürfte
dies Unternehmen vielleicht schon in Bälde Gewinn
abwerfen, gewiß der beste Anreiz für das heimische
Kapital, hier weiter sich zu bethätigen. ,
Die Einrichtungen der Pflauzung haben mir sehr
gefallen. Erwähnen möchte ich das geräumige, luftige
Wohnhaus. Seine Lage, unmittelbar an der Kriegs-
schiffsbucht, eröffnet eine herrliche Aussicht auf das
Meer und die bewaldeten Ufer der Bucht. Das
Haus, aus Holz hergestellt, ruht auf hohen, slein-
gemauerten Pfeilern. Es enthält einen geräumigen
Mittelraum, an dessen beiden Seiten je zwei Zimmer
sich anschließen. Um diese inneren Räume zieht sich
— ein besonderer Vorzug — an allen vier Seiten
eine auffallend breite Veranda, welche ringsum mit
Fenstern versehen ist und daher bei jeder Witterung
benutzt werden kann. Dieser luftige Raum dient den
Bewohnern während des Tages als ständiger Auf-
enthalt. Die europäischen Angestellten sind in einem
besonderen Hause untergebracht. Eine Anzahl Wirth-
schaftsgebäude umgeben den Hofraum, welcher von
einer zahlreichen Schaar Federviehs belebt ist. Trut-
hühner, Enten und Hühner gedeihen vortrefflich unter
der kundigen Hand der Frau Teuß. So sind hier
die Bedingungen für das Wohlbefinden des Euro-
päers, gesunde Wohnung und gute Ernährung, in
einer Weise gelöst, wie sic leider in neuen Kolonien
zu den Ausnahmen gehört.
Die Pflanzung übertraf, mas ihre Ausdehnung
anbelangt, weit meine riartungen, sie dürfte 300
bis 350 Hektar enthalten. Die Hauptfrucht ist
Kakao, nur an einigen Stellen vornehmlich in der
Nähe der ee, wo Kakao nicht gut gedeihen wollte,
sind Kulturen von Liberiakaffee angelegt. Das Pflan-
zungsgelände ist von zahlreichen Wegen durchzogen,
und so ist dem Leiter, welcher über zwei Reit-
pferde verfügt, die Beaufsichtigung der Außenarbeiten
sehr erleichtert. Die Seiten der Wege sind mit
zahlreichen Mango= und Brotfruchtbäumen, Bananen
u. s. w. beflanzt, welche im Verein mit den Mais-
und Kassadaanpflanzungen die für Ernährung der
Arbeiter nothwendigen Lebensmittel liefern.
Besonders günstig ist, daß ein Wasserlauf die
Pflanzung in geraumer Ausdehnung durchfließt. An
diesem beabsichtigte Herr Teuß eine Einrichtung zum
Waschen und Reinigen der Ernte anzulegen.
Das Personal der Pflanzung besteht, abgesehen
von dem Leiter eines Vorwerks in Bimbia, aus vier
weißen Assistenten und etwa dreihundert sarbigen
Arbeilern. Diese letzteren waren etwa zur Hälfte
fremde Leute, besonders Krujungen, zur anderen Hälfte
Eingeborene des Schuhgebietes, welche von dem
Stamm der Mabeas auf ein Jahr zu unentgeltlicher
Arbeit dem Gouvernement in Erfüllung der Friedens-
bedingungen gestellt und dann der Pflanzung gegen
mäßige Zahlung überlassen waren. Die Legtteren
hatten sich allmählich an geregelte Arbeit gewöhnt
und waren, wenngleich ihre Leistungen hinter denen
der Krujungen erheblich zurückstanden, doch von Werth
für die Pflanzung.
Mein Weg führte mich weiter nach Bibundi;
leider fand ich nur geringe Zeit, um die Pflanzung
der Tabaksbaugesellschaft Kamerun, Janßen, Thor-
mählen & Dollmann, in Augenschein, zu nehmen.
Auch sie ist jetzt nebenbei zur Produktion von Kakao
bestimmt, hat jedoch die Größe der Pflanzung Kriegs-
schiffsbucht noch nicht erreicht. Der Leiter Herr
Nackow pflanzt, um die Kosten der ersten Urbar-
machung möglichst auszunutzen, zugleich mit Kakao
Tabak. Beide Produkte haben sich in Deutschland
einer besonders guten Ausnahme zu erfreuen gehabt
und schien auch der diesjährige in den Scheunen
trocknende Tabak von feiner, zarter Beschaffenheit
zu sein.
Sonderbarerweise scheinen die meteorologischen
Verhältnisse der Umgebung von Bibundi von denen
in Victoria und Kriegsschiffsbucht troß der Nachbar-
schaft stark abzuweichen. An diesen lehteren Plätzen
herrschte ausgesprochene Trockenheit, während Herr
Rackow klagte, daß fast jeder Tag Regen bringe und
die Unkrautplage kaum zu überwinden sei. Ist
wirklich die Nässe so groß, wie mir berichtet ist, so
läßt sich nicht leugnen, daß die Ausbreitung gerade
der Tabakskultur die größlen Schwierigkeiten zu
überwinden haben wird. Denn es ist unerläßlich
für ein gutes Produkt, daß der Tabak in absolut
trockenem Zustande vom Felde in die Scheunen ein-