Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

bedingungen für den rationellen Ausbau einer Station 
zu finden. So finden in manchen Stationen haupt- 
sächlich Holz, in anderen Stein und Lehmmörtel, in 
vielen nur Lehm oder Luftziegel und Holz, in sehr 
wenigen alle Materialien zusammen Verwendmg. 
Da hierzu noch der Umstand tritt, daß das Innere 
Afrikas an Kalksteinen, welche zur Kalkbereitung sich 
eignen, soweit bis jetzt bekannt, arm zu nennen ist, 
so ist die Schwierigkeit, für die Stationen des Innern 
zweckmäßige und gesunde Bauten zu schaffen, eine 
für den Techniker nicht leicht zu bewältigende Auf- 
gabe. 
Dar-es-Saläm, als Sitz der Regierung durch 
seinen vorzüglichen Hafen, in der Mitte der sich von 
Süden nach Norden erstreckenden Küste gelegen, vor 
allen anderen Küstenplähen bevorzugt, mußte nach 
der Zeit des Araberausfstandes von Grund aus neu 
geschaffen werden. Da weder geschulte Arbeitskräfte 
am Orte vorhanden waren, noch die einheimischen 
Rohmaterialien für die geplanten Neubauten aus- 
reichten, auch die Bauzeit äußerst kurz bemessen war, 
so mußte auf enropäische Unternehmer zurückgegriffen 
werden. Bei den auszuführenden Wohnhäusern sind 
hauptsächlich zwei Arten zur Verwendung gekommen. 
Erstens: Bei massivem Unterbau aus Korallen- 
stein und Korallenkalkmörtel des Untergeschosses 
wurde ein Obergeschoß aus Fachwerk mit doppelter 
Gipsdielenverkleidung, zwischen welcher eine trockene 
Sandfüllung sich befindet, angewendet. Für die 
Untergeschosse wurde das aus dem alten früheren 
Sultanspalast des Seyid Madjid gewonnene Korallen- 
steinmaterial verwendet. Der Fachwerksbau des 
zweiten Geschosses wurde in Deutschland abgebunden, 
hier ausgestellt und mit Wellblechbedachung versehen. 
Alle Zimmer-, Tischler-, Schlosser-, Dachdeckerarbeiten 
u. s. w. waren ebenfalls von dort bezogen. Der 
Grundriß der verschiedenen Gebäude dieser Art ist 
je nach ihrer Bestimmung verschieden. Stets ist eine 
ganz oder theilweise um das Gebände führende, im 
ersten Stockwerk auf eingemauerten Eisenkonsolen 
ruhende, drei Meter breite hölzerne Veranda an- 
geordnet. Das Gouverneurgebäude und Oberbeamten- 
haus haben je einen Lichthof mit inneren Veranden, 
welche den Zugang für die Zimmer vermitteln. Die 
inneren Treppen sind aus Eisenblech mit Holzbelag 
hergestellt und durch gußeiserne Säulen gestützt. Die 
Ueberdeckung der Erdgeschosse ist durch Monierkappen 
in Cementkonkret auf Eisenträgern ausgeführt; der 
Fußbboden des ersten Stockwerks mit einfachen Melt- 
lacher Fliesen belegt, derjenige des Erdgeschosses ent- 
weder mit Cementestrich oder mit Fliesenbelag ver- 
sehen. Im Allgemeinen darf als Grundsas gelten, 
daß die Räume der oberen Geschosse als Wohn= und 
Schlafräume, die der unteren als Büreau= und 
Wirthschaftsgelasse benutzt werden sollen. Vielsach 
hat dieser Grundsatz aus Mangel an Wohngelassen 
nicht innegehalten werden können. 
Die beiden Unterbeamtenwohnhäuser haben inso- 
fern eine andere Grundrißform, als der innere Licht- 
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hof wegfällt und ein durch die Längsachse der Häuser 
gehender breiter Korridor den Verkehr zu den an 
den beiden Langseiten der Gebäude gelegenen Zimmern 
vermittelt. Die beiden vorderen Langseiten haben 
massive, über vier Meter breite, auf Cemenkkonkret- 
pfeilern mit Eisenträgern gelegene Veranden erhalten. 
Die hinteren Langseiten sind mit Veranden aus 
Holzkonstruktion versehen. Beide Gebäude sind nach- 
träglich durch einen saalartigen, eingeschossigen Zwischen- 
bau verbunden und ist in den sämmtlichen Erdgeschoß- 
gelassen dieser Hänser das Kasino mit den Messen 
für die verschiedenen Beamtenkategorien, die Offiziere 
und Unteroffiziere untergebracht worden. Ein mit 
dem Mittelbau durch überdeckte Gänge verbundenes 
Wirthschaftsgebäude enthält die Küchen mit den 
Vorrathsräumen und die Wohnzimmer für den Oeko- 
nomen. Angebaute kleine Klosethäuser, welche Wasser- 
spülung enthalten, dienen der Nothdurft. 
Zweitens: Verschieden von den erstgenannten 
Wohngebäuden mit massivem Untergeschoß sind zwei 
Wohnhäuser zur Ausführung gekommen, welche das 
System Monier in Vereinigung mit Fachwerksbau 
zur Anschauung bringen. Die Untergeschosse sind 
aus einem Eisengerippe, durch Monierwände und 
Decken verbunden, ausgeführt. Die Vertikaleisen= 
rippen aus gekuppelten I.Trägern reichen bis unter 
das Dach. Das Obergeschoß ist durch Fachwerks- 
konstruktionen im Anschluß an diese gebildet. Wie 
in den übrigen Gebäuden ist die Verkleidung der 
Fachwerkswände durch doppelte Gipsdielen hergestellt. 
Ebenso ist im Untergeschoß außer den Monieraußen- 
wänden ebenfalls Gipsdielenverkleidung angebracht. 
Auch sind die Zwischenwände aus diesen gebildet. 
Der Dachstuhl ist Holzkonstruktion mit Wellblech- 
bedachung auf Holzschalung. Die Grundrißdisposition 
ist eine von der der vorher genannten Gebäude ver- 
schiedene. Eine im Obergeschoß durch das ganze 
Gebäude gehende hochgeführte Halle mit Treppen- 
anlage vermittelt den Zugang zu den an zwei Seiten 
liegenden Zimmern. Ebenso ist das Untergeschoß 
getheilt. 
Alle diese Gebäude haben im Erd= und Ober- 
geschoß Bade= und Klosetanlagen mit Wasserspülung. 
Jedes Haus hat im Dachgeschoß ein Wasserreservoir, 
welches durch eine Druckpumpe aus einem nahe ge- 
legenen Brunnen sein Wasser erhält und die Spülung 
vermittelt. Jedes Gebäude hat einen Abzugskanal 
nach dem Hafen, welcher die Abwässer aufnimmt. 
Je zwei Gebäude führen durch ein Röhrennetz das 
Regenwasser ihrer Dachflächen in eine gemeinschaft- 
liche Cisterne, welche als Reserve in der trockenen 
Zeit dient. Alle Gebäude haben besestigtes Terrain 
ringsherum erhallen, welches als Trottom dient und 
die Feuchtigkeit des Bodens mit seinen Ausdünstungen 
fernhält. Die zwischen und an den Gebänden vorbei- 
führenden Straßen sind aus Mangel an verfügbaren 
Mitteln noch nicht besestigt, werden jedoch regelmäßig 
gerodet. 
Es mag hierbei erwähnt werden, daß die mit 
 
	        
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