legen. Man läßt die Eier auf Tuchlappen absetzen,
und dieselben bilden einen Handelsartilel der Bazare
Assams und Bengalens. Aus den Eiern kriecht be-
reits nach einer Woche die Raupe aus und wird
vom Raupenzüchter nun auf die aus Bambusrohr
gefertigten Raupengestelle gebracht und daselbst bis
zu ihrer Verpuppung mit Maulbeerblättern gefüttert,
täglich zweimal bis dreimal.
Der Raupenzustand währt 15 bis 25 Tage.
Der Seidenwurm häutet sich mehrmals und zeigt
schließlich durch Spinnversuche an, daß er zur Ver-
puppung schreiten will. Er wird infolge dessen von
den Raupengestellen weggenommen und auf horizontale
Stäbe gesetzt, die in einer besonderen Abtheilung
des Schuppens angebracht sind. Hier beginnt die
Raupe um sich herum zu spinnen und ist bald für
das Auge verschwunden. Das Cocon ist in zwei
bis drei Tagen vollendet.
Jetzt beginnt die Ernte des Züchters. Nur
wenige Cocons werden in einem Topfe zur Zucht
bei Seile gestellt. Die meisten werden in kochendes
Wasser geworfen, wodurch einmal die Puppe im
Innern getödtet wird und andererseits die Seide
des Cocons gelockert und zum Abwickeln geschickt ge-
macht ist. Die ganze Arbeit verrichten Frauen.
Die sihzende Inderin hat zur Seite den Topf Wasser
mit den Cocons siehen, der über einem mäßigen
Feuer im Sieden erhalten wird. Mit der einen
Hand nun vermittelst eines gabelartigen Instrumentes
die Cocons im Topfe zurückhaltend, bringt sie mit
der anderen mehrere Anfangsfäden auf eine Haspel,
wodurch 8 bis 10 Cocons auf einmal abgewickelt
werden.
Es geht diese Arbeit nun zwar ziemlich schnell
von statten, allein die Seidenfäden verknoten und
verwirren sich erklärlicherweise oft, so daß es in
erster Linie diesem primitiven Abwicklungsprozeß zu-
zuschreiben ist, daß die indische Seide so sehr im
Preise hinter den übrigen Handelssorten, welche mit
Maschinen abgehafpelt werden, zurücksteht. Zwar
befinden sich auch in Indien Filaturen, allein nur
wenige Seidenzüchter verkaufen ihre Cocons unab-
gewickelt an diese oder an Exporteure für den Ver-
sand nach Europa. Auch wo naheliegende und ohne
große Mühe zu bewerkstelligende Verbesserungen in
der Zuchtmethode, die Vieles zu wünschen übrig
läßt, in Frage kommen, welche sich für den Züchter
innerhalb kurzer Zeit lukrativ erweisen müßten, bleibt
der Inder Neuerungen unzugänglich.
Der Mangel an Sinn für Reinlichkeit läßt den
indischen Seidenzüchter ruhig warten, bis die von
den Raupengestellen fallenden Blattreste, Exkremente,
todte Naupen und dergl. in den darunter befind-
lichen Trögen eine so widerliche stinkende und fau-
lende Masse bilden, daß es ihm schließlich doch selber
zu viel wird und er den Unrath nun entfernt. In-
zwischen haben sich jedoch epidemische Raupenkrank-
heiten eingestellt, die durch rechtzeitiges Entfernen des
Schmutzes leicht hätten vermieden werden können.
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Die verbreitetsten dieser Seidenwurmepidemien
sind Pebrine und Muscardinc.
Pebrine wird durch eine Bakterie veranlaßt,
welche zwar die Raupe nicht allemal tödtet, dieselbe
jedoch erheblich schwächt. Der mit Pebrine be-
hoftete Seidenwurm, wird, wenn er am Leber bleibt,
doch stets nur ein schlechtes Cocon spinnen. Das
Schlimmste aber ist, daß die Krankheit durch Puppe,
Falter und Eier hindurch in die nächste Generation
übergeht.
Die Muscardine ist ein Schimmelpilz, der sein
Opfer stets tödtet und nach dem Absterben desselben
als weißliche Efflorescenz aus dessen Körper hervor-
schießt. Die Krankheit ist jedoch nur direkt an-
steckend und weniger verbreitet.
Noch gefürchteter als diese beiden bakteriologischen
Krankheiten ist die Plage der „Silkworm siy“
Trycolypa bombycidis, ein Zweiflügler, welcher
nach Art der Schlupfwespen seine klebrigen Eier an
die Raupen legt. Die auskriechenden Larven bohren
sich in den Körper des Seidenwurms ein und leben
schmarotzend darin, bis die Zeit ihrer Metamorphose
gekommen. Dann kriechen sie aus dem Körper ihres
Wirthes heraus und verpuppen sich im oder am
Boden. Der also behaftete Seidenwurm zeigt an
der Oberfläche der Haut dunkle Punkte und geht
fast allemal noch vor der Verpuppung zu Grunde.
Ein sicheres, zum Gebrauch seitens der wenig be-
mittelten Züchter geeignetes Mittel gegen diesen ge-
fährlichen Raupenfeind, der oft ganze Zichtereien
zerstört, hat man noch nicht entdeckt.
Neben dieser Zucht der Bombyciden beschäftigt
sich ein anderer Theil der Bevölkerung Indiens mit
dem Sammeln von Cocons der wild in den
Wäldern lebenden Saturniden und mit der theil-
weisen Zucht derselben. — Die Nachfrage nach dieser
„wild silk“ ist erst in unserem Jahrhundert rege ge-
worden, und hat besonders die indische Tasarseide
Bedeutung erlangt.
Sie ist das Gespinnst der Raupe von Antherae#n
paphia, eines großen und ansehnlichen Nacht-
schmetterlings. Die fingerlangen Naupen desselben
leben von den Blättern sehr verschiedener Bäume,
besonders von Ficus-, Lagerstroemia-, Zizyphus-,
Terminalia-Arten. Sie spinnen zwischen welken
Blättern ein zwei Zoll langes Cocon, das von den
Zweigen herabhängt. Das Weibchen legt 150 bis
200 Eier, welche wie die Cocons ebenfalls einen
Handelsarlikel auf den indischen Märkten bilden.
Der Paarungsprozeß der auskriechenden Falter wird
in der Weise überwacht, daß man die Weibchen an
Gestelle aus Bambusgeflecht festbindet. Die frei
umherflatternden Männchen trennen sich nur selten
von den Weibchen, bleiben vielmehr in deren Nähe.
Des Abends hängt man die Gestelle vors Haus,
um die etwa noch unbefruchtet gebliebenen Weibchen
durch andere hinzufliegende Männchen paaren zu
lassen. Die Weibchen werden dann losgebunden,