pause stattfindet. Ein Hauptgegenstand desselben ist
das Kisuaheli. Zwar versteht P. Flick Kimassai,
die Muttersprache der meisten seiner Zöglinge, und
wäre wohl im Stande, darin die Grundzüge des
Christenthums vorzutragen; dennoch, sagt man sich
mit Recht, ist es verständiger, sich desjenigen Idioms
zu bedienen, das nun doch einmal nach dem natür-
lichen Verlauf der Dinge die anderen verdrängen
wird. Diesem Prozeß entgegenarbeiten, wie es wohl
mit sentimentalem Hinblick auf die Daseinsberechti-
gung jeder einzelnen ostafrikanischen Sprache geschieht,
heißt nur der fortschreitenden Kultur Steine in den
Weg werfen.
Seitwärts von der Schule, an der Kirche vorbei,
schreitet man zum Garten hinüber. Derselbe bedeckt
ein Areal von etwa 10 preußischen Morgen und ist
nicht bloß bestimmt, für die weißen und schwarzen
Angehörigen der Mission Nahrungsmittel zu liefern,
er soll auch ein Versuchsfeld für allerlei Nutzpflanzen
abgeben, die dermalelnst eine lohnende Kultur ver-
sprechen. Naturgemäß hatte dieser Garten, den
Bruder Blanchard ausschließlich mit den Zöglingen,
d. h. ohne Mithülse eingeborener Arbeiter, bestellt,
für mich als Botaniker ein ganz besonderes Interesse.
Er stiellt ein rechteckiges, vollkommen ebenes, im
Süden durch die malerische, wohl 100 Meter tiefe
Musschlucht abgeschlossenes Terrain dar, das in der
Mitte von einem breiten Wege durchschniltten ist.
Rabatten, die sich längs des Letzteren hinziehen,
stehen in vollem Blüthenflor, und nicht nur jetzt, wie
ich höre, sondern das ganze Jahr über. Ich sah
Reseda, Balsamine, Iberis, verschiedene buntfarbige
Lupinus, Tropaeolum, um Jatropha Curcas gruppirt
umd gewaltige Büsche bildend, Amarantus, Zinnia,
Tagetes, Cineraria, Gazania, Nicandra, Punica und
wohl noch manche andere unserer gewöhnlichen euro-
päischen Zierblumen, deren Namen mir nur entfallen
sind. Rechts und links vom Wege kommt die Prosa
zu ihrem Recht, denn da erblickt man auf der einen
Seite in erster Linie Bananen, auf der anderen ein
großes Kartoffelfeld. Leute, die sich den Kilimandjaro
gern als ein spezifisch tropisches Gebiet vorstellen,
werden etwas verwundert sein, zu hören, daß ich
die Kartoffel für die aussichtsvollste Kulturpflanze
am Berge erktläre und daß ich deren Einführung
seitens der französischen Missionare für eine That
halte, die einer späteren Besiedelung mehr vor-
gearbeitet hat als hundert in Büchern breitgetretene
„gute Rathschläge“. Sie wird jetzt bereits von den
Europäern in Marangu, Moschi und Madschame, von
dem Neger Schundi in Kiboscho und ganz neuerdings
auch von Mareale angebaut. Lepterer hat sich geäußert,
er könne ohne die Viazi Uleia (deutsche Kartoffel) gar
nicht mehr leben, und damit ist die Möglichkeit nicht
von der Hand zu weisen, daß über kurz oder lang
die einheimischen Knollengewächse von der Kartoffel
wenigstens theilweise verdrängt werden. Beziglich
der Dioscoreen (Yams) und Colocasien (Taro) wäre
das, nach unserem Geschmack, nicht zu bedauern, die
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Ipomoen (Bataten) dagegen haben ein Recht, weiter
hepflegt zu werden, und dies geschieht auch im Ki-
lemagarten im ausgedehntesten Maße. Auf gleichem
Felde mit ihnen sah ich verschiedene Kürbis= und
Gurkensorten sowie, an zerstreuten Bäumen empor-
kletternd, die Telfeirea pedata, neben Ricinus,
wenn ich von einigen kümmerlichen Exemplaren der
Erdnuß absehe, die einzige Oelpflanze, die mir am
Kilimandjaro vorgekommen ist. Von Gemüsen ist so
ziemlich Alles vorhanden, was wir in Europa auch
kultiviren: Rettich, Radieschen, Kopf= und Bindsalat,
Kresse, Sauerampfer, Spinat, Artischocken, mancherlei
Rüben, Möhren, rothe Beten, Cichorienwurzel, Kopf-
kohl, Grünkohl, Blumenkohl, Rosenkohl, Sellerie,
Petersilie, Kerbel, Koriander, Zwiebeln, Schalotten,
Erbsen und Bohnen. Wenn man für Bewässerung
während der Trockenzeit sorgt, besonders während
der Monate Dezember bis März, gedeiht Alles in
unnnterbrochener Folge. Bei den meisten tritt dabei
die Neigung hervor, ansdauernd zu werden. So
sah ich stehengebliebene Rüben= und Kohlpflanzen,
die einen Stamm fast von Schenkelstärke entwickelt
hatten. Unangenehme Schädlinge sind auch hier,
wie ich es in gleicher Weise im Garten der wissen-
schaftlichen Station kennen gelernt habe, die Tausend-
füßler und mehr noch die Larven verschiedener Käfer,
die den Wurzeln der Keimpflanzen nachgehen.
War Alles, was ich bisher geschaut, höchst er-
freulicher Natur, so kann man dies nicht von den
Resultaten behaupten, die mit der Aupflanzung tro-
pischer Nutzpflanzen erzielt worden sind. Da zeigte
mir Blanchard zunächst, unter Bananen als
Schattenpflanzen vertheilt, eine Reihe von Kaffee-
bäumchen. Ich hatte gleichalterige in Derema ge-
sehen, und das waren Riesen gegen diese verkümmerken
Exemplare hier. Vanille war ganz eingegangen,
Guayaven, Papaya, Mango, Anona wuchsen zwar,
aber doch so langsam, daß man sich nicht viel von
ihnen versprechen durste. Mit Apfelsinen, Citronen,
Casuarinen, Eucalyptus, Baumwolle stand es besser,
mit Wein dagegen, den man von Sansibar her be-
zogen, wieder ganz schlecht. In gewissem Sinne
negativ war auch ein Versuch ausgefallen, den man
mit europäischem Weizen unternommen. Er reifte
ganz ungleichmäßig, da beständig neue Halme aus
der Basis hervorschossen. Seine Ernte häflte also
nur in ähnlicher Weise statlfinden können, wie sie
auch beim Uimbi-Getreide geschieht. Tagtäglich gehen
da die Weiber ins Feld und schneiden die gerade
reifen Aehren einzeln heraus.
Wenn nun auch das Gesehene nicht ausreicht,
um allein daraus verallgemeinernde Schlüsse zu
ziehen, so will ich doch, eigene in Marangu gemachte
Erfahrungen und die Ergebnisse einer nunmehr ein-
jährigen meteorologischen Beobachtungsreihe zu Hilfe
nehmend, hier kurz einige Punkte berühren, auf die
es meiner Meinung nach bei einer Werthschäßung
dessen, was wir vom Kilimandjaro zu erwarten
haben, hauptsächlich ankommt. Ausführliches sei für