Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

später vorbehalten. In der Höhenlage, der auch die 
Kilemamission angehört, von rund 1300 bis 1700 
Metern werden jebt von den Eingeborenen, alles 
Nebensächliche bei Seite gelassen, Bananen, Eleusine- 
korn, Mais und Bohnen gezogen. Gerade die Ba- 
nanenkultur hat wohl am meisten mit zu der irrigen 
Vorstellung beigetragen, daß der Kilimandjaro einst 
ein Eldorado für Plantagenwirthschaft abgeben würde, 
daß hier Alles, was das Mutterland an Tropen- 
früchten konsumirt, nur der Erde überantwortet zu 
werden brauchte, um reichen Ertrag zu liesern. Nun 
ist aber die Bananc eine Pflanze, deren Gedeihen, 
was den Wärmefaktor angeht, ein weiter Spielraum 
gewährt ist. Wir wissen, daß sie rund um den 
Erdball vorkommt, daß ihre Verbreitung sich bis 
35° nördlicher Breite erstreckt und sie ebenso gut am 
Meeresstrande wie noch bei 1500 Metern Höhe und 
darüber angebaut wird. Jedenfalls also indizirt die 
Banane nicht schlechtweg die Möglichkeit von Tropen- 
kultur, sie weist nur auf lockeren, humusreichen Boden 
und ein bedeutendes Maß andauernder Feuchtigkeit 
hin. Ihrer Verwerthung sind zur Zeit enge Grenzen 
gesteckt, und solange es nicht gelingt, die Früchte 
versandfähig zu machen, dürfte eine Ausdehnung 
ihres Areals am Kilimandjaro auch kaum irgend 
welchen Nutzen gewähren. Das durch Dörren und 
Mahlen gewonnene Mehl ist ein zu geringwerthiges 
Produkt, um jemals den weiten Küstentrausport zu 
lohnen. 
Was wäre nun im Hinblick auf eine einstige 
Besiedelung durch Deutsche für die in Besprechung 
stehende Höhenlage zu empfehlen? Da haben wir 
Folgendes zu erwägen. Es regnet am Berge, so- 
weit er jetzt bewohnt ist, fast unausgesetzt von Mitte 
oder Ende März bis zum Juli, alltäglich kaun man 
sagen, und bis zu 100 Millimeter und darüber 
innerhalb 24 Stunden. Die Regen werden seltener 
im Laufe des Juli, und es tritt im August eine 
Trockenperiode ein, die nur einmal noch, im No- 
vember und Dezember, durch die kleine mit heftigen 
Stürmen verbundene Regenzeit eine Unterbrechung 
erfährt, dann bis wieder in den März hinein weiter 
zu herrschen pflegt. Dieser ungleichmäßigen Ver- 
theilung der Niederschläge gegenüber bewegt sich 
die Temperaturkurve das ganze Jahr über in 
Grenzen, die weder nach unten noch nach oben hin 
auf das Pflanzenwachsthum störend einwirken. An 
den heißesten Tagen der Trockenzeit steigt das Thermo- 
meter wohl bis auf 30, in den kältesten Nächten der 
Regenzeit sinkt es nie unter 6 C. Die Belichtung 
ist während der langen Regenzeit darum eine außer- 
ordentlich geringe, weil wir es nicht mit plötlich 
herniederstürzenden Gewitterschauern zu thun haben, 
sondern mit Landregen, die sich zumeist aus dichtem 
Nebel entwickeln. Bei der wilden Vegetation nun 
treten die beiden Wetterfaktoren, Feuchtigkeit und 
Temperatur, in ihrem Zusammenwirken vor Allem 
dadurch in die Erscheinung, daß einjährige Gewäshse, 
von gewissen Kosmopoliten abgesehen, so gut wie 
  
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ganz fehlen. Bei den mehrjährigen tritt die bei uns 
so ausgesprochene Periodizität in der Entwickelung, in 
der Blüthenbildung und dem Laubfall sehr zurück; 
wo sie besteht, ist sie zumeist auf den Wechsel von 
trocken und feucht, nicht auf den von warm und 
kalt zurückzuführen. Ausgeschlossen sind nach diesem 
von der Kultur von vornherein alle Gewächse, die 
das ganze Jahr über eine gleichmäßig extrem hohe 
Temperatur oder einen starken Grad der Belichtung 
verlangen, um Beispiele anzuführen also Oelpalme, 
Kakao, Tabak, Pfeffer, Zimmet, Muslatnuß, Vanille, 
Isonandra einerseits, Coffea arabica, Dattel und 
Kokos, Feige, Ananas, Sesam, Erdnuß, Zuckerrohr, 
Sorghum, Baumwolle, Indigo andererseits. Kurz 
kann man sagen, es fällt Alles weg, was spezifisch 
tropisch ist, dazu die subtropischen Lichtpflanzen ersten 
und zweiten Grades. 
Was bleibt nun? Es würde natürlich an dieser 
Stelle viel zu weit führen, wenn ich Alles durch- 
gehen wollte, das meiner Meinung nach Aussicht 
auf lohnenden Ertrag böte. Nur so viel hierüber. 
Wie schon aus dem guten Gedeihen der Kartoffel 
und aller europäischen Gemüse und Hülsenfrüchte 
hervorgeht, wird man es wagen können, auch unsere 
Getreidesorten, ferner Zuckerrüben, Hanf, Flachs, 
Hopsen, Rübsamen, Futterkräuter aller Art in Anbau 
zu nehmen. Schwierigkeiten dürften sich nur aus 
der Wahl der günstigsten Aussaatzeit, sowie aus der 
Einrichtung eines Berieselungssystems ergeben, das 
über die völlig regenlosen Monate vom Dezember 
bis Ende Februar hinweghilft. Soweit es also die 
Gewinnung der täglichen Lebensbedürfnisse angeht, 
scheint mir die Existenz eines deutschen Ansiedlers 
am Kilimandiaro gesichert. Ekwas Anderes ist es, 
wenn er mehr, wenn er exportiren will. Fertig vor 
findet er nichts dazu, er muß es erst erzeugen. 
Thee, vor Allem Paraguaythee, Guizotia abyssinica, 
Kampher= und Chinabaum, Quillaja saponaria, 
Phyllocladus, Korkeiche, Maulbeerbaum, Musa 
textilis u. a. wären da ins Auge zu fassen, sobald 
ein von kundiger Hand geleiteter Versuch im Kleinen 
auf günstige Erfolge schließen ließe. 
Die voraufgehenden Erörterungen bezichen sich 
auf die Höhenlage von 1300 bis 1700 Meter, die 
Zone, wo allein, vereinzelte Ausnahmen abgerechnet, 
bisher Menschen angesiedelt sind. Nach dem aber, 
was in allen Büchern sieht, hat man an einem 
Berge wie der Kilimandjaro alle Klimate der Erde 
vereinigt und man braucht nur höher oder tiefer zu 
steigen, je nachdem es einem gelüstet, Aepfel oder 
Ananas zu pflücken. Das ist die Theorie, in Wirk- 
lichkeit sieht es ganz anders aus. Es ist ja richtig, 
wenn man von der Ebene zum Kibo hinaufklettert, so 
schwibt man unten und oben friert man. Davon 
aber, als ob man dabei etwa eine Wanderung durch- 
machte wie von Java über Ceylon, Kleinasien, 
Ungarn, Deutschland zum Nordkap, ist gar keine 
Rede. Im Klima sind eben noch andere Faktoren 
enthalten als bloß die Temperatur. Wie ist dasselbe
	        
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