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bestraft zu haben, weil dieser sich in einer Klagesache
an die deutsche Regierung gewendet habe, sowie ferner
diejenige des in neuester Zeit verübten meuchlerischen
Ueberfalles und Niederschießens der unter deutschem
Schuß stehenden Betschuanen, was die entkommenen
Reste derselben bei mir in Windhoek zur Anzeige
gebracht hatten.
Diese Reste, im Ganzen 22 Mann, begleiteten
mich außerdem auf meinem Zuge, und hatte ich sie
mit Gewehren NM. 71 ausgerüstet.
Der ganze Stamm der Khauashottentotten hatte
überhaupt seit langer Zeit sich durch seine Räubereien
berüchtigt gemacht, so daß sein Gebiet zu dem ver-
rufensten im ganzen Schutzgebiete gehörte, und kein
Händler oder Ansiedler es wagen durfte, sich ohne
schweres Risiko dort sehen zu lassen.
Während meines Vormarsches sandte ich eine
Patrouille unter dem Unteroffizier Vohr auf einige
Tagemärsche voraus, um die Gelände sowie die
sonstigen Verhältnisse in der Werft des Stammes
zu erkunden. Für alle Fälle gab ich demselben die
Erlaubniß, nach eigenem Ermessen auch offen zu dem
Häuptling zu gehen und ihn meiner friedlichen Ab-
sichten zu versichern, falls er sich meinen Bedingungen
unterwersen würde. Unteroffizier Bohr wählte den
letzteren Weg und brachte zwei Abgesandte des
Häuptlings mit gleichfalls friedlichen Versicherungen
zurück. Diesen beiden Letteren brachte ich indessen
gerechtfertigtes Mißtrauen entgegen, hielt sie für
Spione und ließ sie trotz ihres Widerstrebens erst
so spät wieder los, daß ich mit den berittenen Mann-
schaften, mit welchen ich den übrigen Truppen vor-
auseilte, unmittelbar nach ihnen in der Werft des
Häuptlings eintraf. Dieser schien überrascht und
wagte, als ich mich seiner Person versicherte, keinen
Widerstand.
Ich schlug mein Lager mitten in der aus zwei
Theilen bestehenden Werft auf, derart, daß ich beide
Theile beherrschte. Bald kam auch das Geschütz,
desgleichen trafen nachmittags die durch Premier=
lieutenant v. Frangois mit anerkennungswerther
Schnelligkeit nachgeführten Wagen und Fußmann-
schaften ein.
Gegen Abend versammelten sich auf mein Er-
suchen die Rathsmänner des Stammes um den
mittlerweile in meinem Gewahrsam verbliebenen
Häuptling. In den nunmehr beginnenden Verhand-
lungen unterwarf sich der Letztere allen meinen Be-
dingungen, welche lauteten: Anerkennung der deutschen
Oberhoheit, Auslieferung von Waffen und Munition,
Rückgabe des den Betschuanen geraubten Gutes und
endlich Verpflichtung zu friedlichem und ruhigem Ver-
halten für die Zukunft.
Unter Zurückhaltung von zwei Rathsmännern,
worunter der Bruder des Häuptlings, als Geisel
entließ ich sodann den Letzteren nebst den übrigen
Rathsmännern, um ihr Volk zur Anerkennung der
Bedingungen zu bewegen und vor Allem die Zurückgabe
des Gutes der Betschuanen, welches hauptsächlich in
Ochsen bestand, in die Wege zu leiten.
Kurz vor Anbruch der Dunkelheit erhielt ich aber
sichere Nachricht, daß der ganze Stamm unter Zurück-
lassung der Geiseln in der Nacht den Platz zu ver-
lassen beabsichtige. Außerdem war mir schon morgens
beim Durchreiten durch die Werft aufgefallen, daß
die Pferde des Stammes nicht, wie dies sonst hier
zu Lande üblich, draußen auf der Weide, sondern
dicht bei den Pontoks angebunden waren. Die
gleiche Wahrnehmung hatte auch Premierlieutenant
v. Frangois gemacht und mir sofort nach seiner
Ankunft gemeldet. Die Sache schien mir daher um
so wahrscheinlicher, und sandte ich sofort zwei stärkere
Patrouillen unter meinen zwei Offizieren, dem Pre-
mierlieutenant v. Frangois und dem Sekondliente-
nant v. Ziethen, nach den beiden Theilen der Werft,
um sich abermals der Person des Häuptlings sowie
der Pferde des Stammes zu versichern, während ich
selbst mit dem größeren Theile der Mamnschaft in
der Mitte der Werft in Bereitschaft blieb.
Dank dem thatkräftigen Eingreifen der genannten
Herren verlief das Unternehmen glatt und wurden
in kurzer Zeit 30 Pferde nebst der Person des
Häuptlings sowie des Schulmeisters, der rechten Hand
des Ersteren, seitens des Herrn Lieutenants v. Ziethen
außerdem gegen 30 Gewehre eingebracht. Die Pferde
waren zum Theil ganz, zum Theil halb gesattelt
und aufgezäumt, die Gewehre sämmtlich geladen und
bei den Pontoks bereit gestellt gewesen, so daß kein
Zweifel an dem beabsichtigten Ausmarsch des Stammes
möglich war.
Den anderen Morgen in der Frühe ließ ich das
Lager alarmiren, und gingen mit Tagesanbruch die-
selben beiden Patrouillen nach den Werften, in Be-
gleitung der Betschuanen, welche das ihnen geraubte
Gut rekognosziren sollten. Es wurden nochmals
über 30 geladene Gewehre mit zahlreicher Munition
nebst dem ganzen Vieh des Stammes, soweit dasselbe
auf den Werften anwesend war, eingebracht, außer-
dem zahlreiches sonstiges Gut, wie Wagen, Haus-
geräthe und dergleichen, welches die Betschuanen als
das ihrige bezeichnet hatten. Den Letteren wurde
nun im Beisein und unter Zustimmung des Bruders
des Häuptlings, Eduard Lambert, das Ihrige zu-
gewiesen, den Hottentotten dagegen ihr Eigenthum,
ausschließlich Gewehre und Munition, zurückgegeben.
Da der Heäuptling Andries Lambert, nachdem
er eben erst zu ruhigem und friedlichem Verhalten
sich verpflichtet hatte, sein Wort gebrochen hatte, in-
dem er sich und seinen Stamm zu nächtlichem Aus-
bruch vorbereitete, da er außerdem hiermit deutlich
zu erkennen gab, daß er sein altes Näuberleben
sortzusetzen gedenke, fand ich keine Veranlassung, die
anfänglich ihm zugedachte Guade zu gewähren, son-
dern beschloß, die Strenge des Gesetzes walten zu
lassen. Ich berief ein summarisches Kriegsgericht
und übernahm den Vorsiß in demselben.