Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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bestraft zu haben, weil dieser sich in einer Klagesache 
an die deutsche Regierung gewendet habe, sowie ferner 
diejenige des in neuester Zeit verübten meuchlerischen 
Ueberfalles und Niederschießens der unter deutschem 
Schuß stehenden Betschuanen, was die entkommenen 
Reste derselben bei mir in Windhoek zur Anzeige 
gebracht hatten. 
Diese Reste, im Ganzen 22 Mann, begleiteten 
mich außerdem auf meinem Zuge, und hatte ich sie 
mit Gewehren NM. 71 ausgerüstet. 
Der ganze Stamm der Khauashottentotten hatte 
überhaupt seit langer Zeit sich durch seine Räubereien 
berüchtigt gemacht, so daß sein Gebiet zu dem ver- 
rufensten im ganzen Schutzgebiete gehörte, und kein 
Händler oder Ansiedler es wagen durfte, sich ohne 
schweres Risiko dort sehen zu lassen. 
Während meines Vormarsches sandte ich eine 
Patrouille unter dem Unteroffizier Vohr auf einige 
Tagemärsche voraus, um die Gelände sowie die 
sonstigen Verhältnisse in der Werft des Stammes 
zu erkunden. Für alle Fälle gab ich demselben die 
Erlaubniß, nach eigenem Ermessen auch offen zu dem 
Häuptling zu gehen und ihn meiner friedlichen Ab- 
sichten zu versichern, falls er sich meinen Bedingungen 
unterwersen würde. Unteroffizier Bohr wählte den 
letzteren Weg und brachte zwei Abgesandte des 
Häuptlings mit gleichfalls friedlichen Versicherungen 
zurück. Diesen beiden Letteren brachte ich indessen 
gerechtfertigtes Mißtrauen entgegen, hielt sie für 
Spione und ließ sie trotz ihres Widerstrebens erst 
so spät wieder los, daß ich mit den berittenen Mann- 
schaften, mit welchen ich den übrigen Truppen vor- 
auseilte, unmittelbar nach ihnen in der Werft des 
Häuptlings eintraf. Dieser schien überrascht und 
wagte, als ich mich seiner Person versicherte, keinen 
Widerstand. 
Ich schlug mein Lager mitten in der aus zwei 
Theilen bestehenden Werft auf, derart, daß ich beide 
Theile beherrschte. Bald kam auch das Geschütz, 
desgleichen trafen nachmittags die durch Premier= 
lieutenant v. Frangois mit anerkennungswerther 
Schnelligkeit nachgeführten Wagen und Fußmann- 
schaften ein. 
Gegen Abend versammelten sich auf mein Er- 
suchen die Rathsmänner des Stammes um den 
mittlerweile in meinem Gewahrsam verbliebenen 
Häuptling. In den nunmehr beginnenden Verhand- 
lungen unterwarf sich der Letztere allen meinen Be- 
dingungen, welche lauteten: Anerkennung der deutschen 
Oberhoheit, Auslieferung von Waffen und Munition, 
Rückgabe des den Betschuanen geraubten Gutes und 
endlich Verpflichtung zu friedlichem und ruhigem Ver- 
halten für die Zukunft. 
Unter Zurückhaltung von zwei Rathsmännern, 
worunter der Bruder des Häuptlings, als Geisel 
entließ ich sodann den Letzteren nebst den übrigen 
Rathsmännern, um ihr Volk zur Anerkennung der 
Bedingungen zu bewegen und vor Allem die Zurückgabe 
  
des Gutes der Betschuanen, welches hauptsächlich in 
Ochsen bestand, in die Wege zu leiten. 
Kurz vor Anbruch der Dunkelheit erhielt ich aber 
sichere Nachricht, daß der ganze Stamm unter Zurück- 
lassung der Geiseln in der Nacht den Platz zu ver- 
lassen beabsichtige. Außerdem war mir schon morgens 
beim Durchreiten durch die Werft aufgefallen, daß 
die Pferde des Stammes nicht, wie dies sonst hier 
zu Lande üblich, draußen auf der Weide, sondern 
dicht bei den Pontoks angebunden waren. Die 
gleiche Wahrnehmung hatte auch Premierlieutenant 
v. Frangois gemacht und mir sofort nach seiner 
Ankunft gemeldet. Die Sache schien mir daher um 
so wahrscheinlicher, und sandte ich sofort zwei stärkere 
Patrouillen unter meinen zwei Offizieren, dem Pre- 
mierlieutenant v. Frangois und dem Sekondliente- 
nant v. Ziethen, nach den beiden Theilen der Werft, 
um sich abermals der Person des Häuptlings sowie 
der Pferde des Stammes zu versichern, während ich 
selbst mit dem größeren Theile der Mamnschaft in 
der Mitte der Werft in Bereitschaft blieb. 
Dank dem thatkräftigen Eingreifen der genannten 
Herren verlief das Unternehmen glatt und wurden 
in kurzer Zeit 30 Pferde nebst der Person des 
Häuptlings sowie des Schulmeisters, der rechten Hand 
des Ersteren, seitens des Herrn Lieutenants v. Ziethen 
außerdem gegen 30 Gewehre eingebracht. Die Pferde 
waren zum Theil ganz, zum Theil halb gesattelt 
und aufgezäumt, die Gewehre sämmtlich geladen und 
bei den Pontoks bereit gestellt gewesen, so daß kein 
Zweifel an dem beabsichtigten Ausmarsch des Stammes 
möglich war. 
Den anderen Morgen in der Frühe ließ ich das 
Lager alarmiren, und gingen mit Tagesanbruch die- 
selben beiden Patrouillen nach den Werften, in Be- 
gleitung der Betschuanen, welche das ihnen geraubte 
Gut rekognosziren sollten. Es wurden nochmals 
über 30 geladene Gewehre mit zahlreicher Munition 
nebst dem ganzen Vieh des Stammes, soweit dasselbe 
auf den Werften anwesend war, eingebracht, außer- 
dem zahlreiches sonstiges Gut, wie Wagen, Haus- 
geräthe und dergleichen, welches die Betschuanen als 
das ihrige bezeichnet hatten. Den Letteren wurde 
nun im Beisein und unter Zustimmung des Bruders 
des Häuptlings, Eduard Lambert, das Ihrige zu- 
gewiesen, den Hottentotten dagegen ihr Eigenthum, 
ausschließlich Gewehre und Munition, zurückgegeben. 
Da der Heäuptling Andries Lambert, nachdem 
er eben erst zu ruhigem und friedlichem Verhalten 
sich verpflichtet hatte, sein Wort gebrochen hatte, in- 
dem er sich und seinen Stamm zu nächtlichem Aus- 
bruch vorbereitete, da er außerdem hiermit deutlich 
zu erkennen gab, daß er sein altes Näuberleben 
sortzusetzen gedenke, fand ich keine Veranlassung, die 
anfänglich ihm zugedachte Guade zu gewähren, son- 
dern beschloß, die Strenge des Gesetzes walten zu 
lassen. Ich berief ein summarisches Kriegsgericht 
und übernahm den Vorsiß in demselben.
	        
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