Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

2. Bei der nun folgenden Verhandlung, bei 
welcher zwei Rathsmänner sowie der Bruder des 
Angeschuldigten als Zuhörer zugegen waren, traten 
die Betschuanen sowie ein ehemaliger Treiber des 
ermordeten Händlers Krebs, welcher in gleicher 
Eigenschaft zur Zeit bei der Truppe angestellt ist, 
als Zeugen auf. Es wurde dem Huptling mit 
Bestimmtheit nachgewiesen, daß er den Mord des 
Händlers Krebs, wenn nicht direkt befohlen, so doch 
mindestens ausdrücklich gebilligt habe, augenscheinlich, 
um sich der Bezahlung seiner Schulden an den 
Leßteren zu entziehen, sowie daß er die Betschnanen 
an zwei Orten übersallen und sie, nachdem er sie 
theilweise durch falsche Vorspiegelung vorher wehrlos 
gemacht, einfach niedergeschossen habe. 
Das Kriegsgericht verurtheilte den Häuptling für 
diese Verbrechen zum Tode. 
Andries Lambert bekannte sich schuldig, bat aber 
um Begnadigung zu Gefängniß, um seine Sünden 
noch bereuen zu können. 
Da ich indeß bereits die Erfahrung gemacht 
hatte, wie schwer es ist, diese aalglatten und ge- 
wandten Eingeborenen bei den hiesigen Geländever- 
hältnissen festzuhalten, und daher die Mitführung 
eines so wichtigen Gefangenen große Anforderungen 
an die Mannschaften hinsichtlich des Wachtdienstes. 
auf meinem weiteren Zuge zur Folge gehabt hätte, 
und da ich ferner der festen Ueberzeugung war, daß 
nach seinem etwaigen Entkommen in dem Höäuptling 
Andries Lambert uns im Osten unseres Schuhgebietes 
ein zweiter Witbooi erwachsen sein würde, so be- 
stätigte ich das Urtheil und ließ dasselbe durch ein 
Kommando von 1 Offizier und 8 Mann vollstrecken. 
Der Bruder des Häuptlings, der bereiks genannte 
Eduard Lambert, hatte mir selbst zugegeben, der 
Erstere sei der schlimmste Kapitän gewesen, den sein 
Volk hätte haben können, und habe er, Eduard, häufig 
vergeblich versucht, ihn von seinen schlechten Wegen 
obzuhalten. 
Friedensschluß mit dem Stamm der 
Khauashottentotten. 
Nach dem bei den Hottentotten gültigen Recht 
ist der legitime Nachfolger des Andries Lambert der 
Sohn von dessen verstorbenem ältesten Bruder Manasse 
Lambert, welcher sich bis jetzt zu seiner Erziehung 
in Berseba befunden hat und vor Kurzem volljährig 
geworden ist. Da ich auf meinem serneren Zuge 
genannten Ort berühre, so werde ich denselben selost 
von dem Geschehenen in Kenntniß setzen und ihn zur 
Rückkehr zu seiner Werft veranlassen. Ich habe dies 
in einer mit den Resten des Stammes der Khauas- 
hottentotten — die meisten waren nach Gefangen- 
nahme des Häuptlings aus überflüssiger Furcht ent- 
flohen — abgehaltenen Bersammlung bekannt gegeben 
und zugleich den Eduard Lambert ersucht, bis zum 
Eintreffen des neuen Häuptlings das Amt des Let- 
teren zu übernehmen. 
  
  
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Dieser sowie die ganze Versammlung stimmte zu 
und willigte außerdem in den ihnen vorgelesenen 
Vertrag, betreffend Unterwerfung unter die Ober- 
hoheit Seiner Majestät des Kaisers. Der stell- 
vertretende Häuptling verpflichtete sich ferner, auch 
den neuen Häuptling zur Anerkennung des Ver- 
trages zu bewegen und mit demselben binnen drei 
Monaten zur Ratifizirung in Windhoek zu erscheinen. 
Die weggenommenen Pferde gab ich dem Stamm 
nicht wieder zurück, sondern kaufte sie ihm ab, da 
dies ein erhebliches Moment zur Wehrlosmachung 
des Stammes ist. Das Geld sollte der Häuptling 
indessen persönlich in Windhoek erheben. 
Die Rückgabe von Gewehren und Munition be- 
ziehungsweise des entsprechenden Gegenwerthes siellte 
ich bei längerem Wohlverhalten in Aussicht. Ferner 
mußte der Stamm die bisher leihweise an die Bet- 
schnanen überlassenen Plätze Aais und Ami nois an 
Seine Majestät den deutschen Kaiser abtreten. 
Abkommen mit den Betschuanen. 
Den Betschnanen übergab ich im Namen Seiner 
Majestät des Kaisers die beiden Plätze Aais und Ami 
nois zum Wohnsitz. Ich behielt mir nur in Aais 
die Abtretung eines Plaßes zum Bau eines Garni- 
sonhauses sowie zur Anlage eines Gartens vor und 
außerdem die spätere Abtretung eines Flächenraumes 
von mindestens 20 000 preußischen Morgen für Re- 
gierungszwecke. 
Im Uebrigen habe ich bei meiner Anwesenheit 
in Aais die Ueberzeugung gewonnen, daß die Bet- 
schuanen mit zu unseren besten Elementen gehören. 
Dieselben betreiben nicht bloß Viehzucht, sondern 
auch Ackerbau und haben sich schöne Gärten angelegt, 
auch zeichnen sich ihre Wohnhäuser vor den sonstigen 
Pontoks der Eingeborenen vortheilhaft aus. Von 
ihrem Fleiße zeugte ferner die Menge von Vieh und 
sonsligem Gut, welches die Hottenkotten an sie zurück- 
geben mußten. Dabei sind sie durchaus unkriegerisch 
und wollen lediglich die Früchte ihres Fleißes in 
Frieden genießen. 
Ich beabsichtige, nach meiner Rücklehr die Ab- 
sendung einer kleinen Garnison nach Aais zu ver- 
anlassen, für den Fall die Hottentotten doch wieder 
zu ihren alten räuberischen Neigungen zurückkehren 
sollten. Der derzeitige stellvertretende Häuptling der 
Letzteren ist von durchaus zuverlässigem Charakter, 
aber energielos, und scheint es daher fraglich, ob er 
sowie der neue junge Häuptling ihre Stammes- 
genossen auf die Dauer im Zaume hallen können. 
Erwerbung von Regierungsland. 
Während meines Zuges über Aais habe ich von 
Halsamas bis zu letzterem Ort vollständig unbe- 
wohntes Land gefunden, mit zum Theil vorzüglicher 
Weide sowie zwei ausreichenden Wasserstellen. 
Dieses Gebiet gehörte nominell den Khanas- 
hottentotten und kann diesen, nachdem sie nunmehr 
unterworfen sind, abgenommen werden. Den Letzteren 
bleibt hinreichend Weideland übrig, wenn sie auf das
	        
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