— 342 —
Arbeit rechnen konnte. Leider schien indessen meine
Hoffnung nicht verwirklicht werden zu sollen; denn
bereits nach zweistündiger Fahrt wurde die Stations=
pinasse, die dem geschleppten Leichter nicht gewachsen
war, von diesem aus dem Steuer geschlagen und
kam auf eine Sandbank im Wuri sest. Da bei dem
stetig fallenden Wasser kein schnelles Abkommen zu
erwarten war, so ersuchte ich den Lieutenant z. See
Vles, sovicl Soldaten, wie angängig, auf den
„Soden“ zu nehmen und mit uns weiter zu fahren.
Es wurden demnach die Weysoldaten bis auf 22
auf den „Soden“ übergeschifft; letztere und die
30 Träger blieben auf dem Leichter zurück. Die
Pinasse erhielt ein Boot vom „Soden“ und den
Befehl, sobald sie frei kämen, mit diesem die zurück-
gebliebenen Soldaten nachzubringen. Nach einem
1½ stündigen Festsitzen im Wuri fuhren wir um
2 Uhr 15 Minnten nachmittags in die Abomün-
dung ein, kamen aber um 5 Uhr in der Nähe von
Fiko auf einer aus drei Baumslämmen gebildeten
Sperre derartig fest, daß für diesen Tag an ein
Weiterkommen nicht zu denken war. Dank der
unermüdlichen Thätigkeit der Marinemannschaften
unter Lieutenant z. See Vles gelang es, in der
Nacht flott zu werden; indessen konnte der Dampfer
am nächsten Morgen nicht selbst fahren, da beim
Auflaufen Steuer und Näderschaufelu stark beschädigt
waren. Von einem Aufziehen auf Land, das viel
Zeit gekostet hätte und dadurch für mich ungeheuer
nachtheilig werden konnte, mußte abgesehen werden,
und so wurde der „Soden“ durch die inzwischen
eingekroffene Pinasse, die auch die zurückgebliebenen
Soldaten mitgebracht halte, geschleppt. In glatter
Fahrt ging es, Alles in Vertheidigungsstellung, von
der Hauptfikobeach nach der Mallendebeach, ohne
Feuer zu bekommen.
Um 8 Uhr 15 Minuten vormittags begann die
Landung. Die etwa 30 Weyleute starke Spitze unter
Unleroffizier gimmermann wurde zuerst ausgeschifft;
sie sollte die nächste Umgebung der Landungsstelle
absuchen, und unter ihrem Schuße sollte dann das
Ausschiffen der übrigen Truppen vor sich gehen.
Nachdem die Spitze gelandet war, begab ich mich
mit dem 1. Sudanesenzug ans Land, dann folgte
das Uebrige. Noch während der Landung des
1. Sudanesenzuges kam die Meldung von der Spiße,
daß eine Menge Miangesen sich hinter einer Fence
am Wege sammelten und uns erwarteten. Kaum
war der letzte Mann gelandet, so ging es, nachdem
ich eine kurze Ansprache gehalten und darauf die
Sudanesen noch ihr übliches, kurzes Gebet gesprochen
hatten, in der im beifolgenden Detachementsbefehle
angegebenen Ordnung den steilen Weg hinan. Bei
dem Anblicke dieser wohlbewaffneten und energisch
vorwärts rückenden Schaar hielten die durch das
überraschende Auftreten ohnedies nicht fesigesammelten
Miangesen nicht aus; sie hatten die Truppe wohl
kaum schon einen Tag nach Ablauf des Ultimatums
erwartet. Die Einzigen, die bisweilen standhielten
und uns beschossen, waren, wie wir hörten, die
Sklaven. Die Freien hatten ihren Schwur: „Wer
von Malende in ein anderes Dorf flieht, wird ge-
tödtet,“ doch schließlich vergessen. In wilder Flucht
eilten sie in den Busch, Alles im Stiche lassend. Auch
die am Eingange zum Dorfse befindlichen Pallisaden
hatten sie unbesetzt gelassen. Diese, gerade am steilsten
Abhang des Weges gelegen, konnten mit den davor-
liegenden zwei Meter tiefen Fallgruben uns sehr
unbequem werden. So aber passirten wir glatt
diese gefährliche Stelle, da die Weyleute dem
gegebenen Befehle gemäß, sämmtliche Gruben auf-
deckten und somit unschädlich machten. Lettere waren
übrigens ganz rassinirt an Krümmungen des Weges
angelegt, so daß man, wenn man nicht ganz kurz
abbog, unfehlbar hineinstürzte.
Die Verfolgung des Gegners erstreckte sich mit
der Hauptkolonne bis auf Pendorf, während Lieu-
tenant v. Mallinckrodt II. von mir den Befehl
erhielt, mit einem Seitendetachement auf dem Wege
Nr. 2 bis Kuma dem Feinde zu folgen. Diese
Kolonne hatte an zwei Stellen heftigen Widerstand
zu überwinden, während sonst allenthalben ein rich-
tiges verfolgendes Buschgefecht geführt wurde.
Die Waffen, deren sich die Gegner bedienten,
waren fast durchweg Perkussionsgewehre, geladen mit
Eisenstücken. Nur einmal hörle ich ein Hinterlader-
geschoß pfeisen. Daß übrigens die Miangesen Hinter-
lader besitzen, geht aus den zwei erbeuteten Reming-
tons und einer Kiste mit 117 Stück neuer Metall-
patronen hervor. Die Beute war überhaupt sehr
reich; über 20 Perkussionsgewehre, viele Fässer
Pulver, Zeuge, vor Allem aber Vieh, fielen in die
Hände der Soldaten.
Da bei der an diesem Tage herrschenden schwülen
Hite Alles, einschließlich Schwarzer, nach sechs Stunden
Eilmarsch, verbunden mit fortwährenden Scharmützeln,
sehr ermattet war — fünf schwarze Soldaten waren
beim Aufstieg vom Hißschlag getroffen worden —,
so ließ ich um 2½ Uhr nachmittags Sammeln
blasen.
War wohl der Hauptschlag durch die Einnahme
von Malende, wo etwa die Hälfte der ganzen Mian-
gesen wohnte, geführt, war mit ihrer fluchtartigen
Rückwärtsbewegung ihre Niederlage besiegelt, so war
es diesmal nach den Erfahrungen des ersten Miang-
Feldzuges durchaus nothwendig, eine nochmalige
Wiederholung des Aufstandes zu verhindern. Dieses
Ziel konnte nur erreicht werden durch Verwüstung
des ganzen Landes, Abschneiden der handeltreibenden
Einwohner von ihrer Lebensader, dem Aboflusse,
Auslieferung der beiden Hauptanstifter Pen und
ia.
Zu diesem Zweck habe ich im Einverständnisse
mit dem Herrn Gouverneur nach der Einnahme von
Malende daselbst, / Stunde vom Flusse entsernt,
eine Militärstation errichtet. Damit die Miangesen
aber nicht, wie es thatsächlich geschehen ist, im benach-
barten Lande Unterkunst finden, sind von Seiten des