Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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Arbeit rechnen konnte. Leider schien indessen meine 
Hoffnung nicht verwirklicht werden zu sollen; denn 
bereits nach zweistündiger Fahrt wurde die Stations= 
pinasse, die dem geschleppten Leichter nicht gewachsen 
war, von diesem aus dem Steuer geschlagen und 
kam auf eine Sandbank im Wuri sest. Da bei dem 
stetig fallenden Wasser kein schnelles Abkommen zu 
erwarten war, so ersuchte ich den Lieutenant z. See 
Vles, sovicl Soldaten, wie angängig, auf den 
„Soden“ zu nehmen und mit uns weiter zu fahren. 
Es wurden demnach die Weysoldaten bis auf 22 
auf den „Soden“ übergeschifft; letztere und die 
30 Träger blieben auf dem Leichter zurück. Die 
Pinasse erhielt ein Boot vom „Soden“ und den 
Befehl, sobald sie frei kämen, mit diesem die zurück- 
gebliebenen Soldaten nachzubringen. Nach einem 
1½ stündigen Festsitzen im Wuri fuhren wir um 
2 Uhr 15 Minnten nachmittags in die Abomün- 
dung ein, kamen aber um 5 Uhr in der Nähe von 
Fiko auf einer aus drei Baumslämmen gebildeten 
Sperre derartig fest, daß für diesen Tag an ein 
Weiterkommen nicht zu denken war. Dank der 
unermüdlichen Thätigkeit der Marinemannschaften 
unter Lieutenant z. See Vles gelang es, in der 
Nacht flott zu werden; indessen konnte der Dampfer 
am nächsten Morgen nicht selbst fahren, da beim 
Auflaufen Steuer und Näderschaufelu stark beschädigt 
waren. Von einem Aufziehen auf Land, das viel 
Zeit gekostet hätte und dadurch für mich ungeheuer 
nachtheilig werden konnte, mußte abgesehen werden, 
und so wurde der „Soden“ durch die inzwischen 
eingekroffene Pinasse, die auch die zurückgebliebenen 
Soldaten mitgebracht halte, geschleppt. In glatter 
Fahrt ging es, Alles in Vertheidigungsstellung, von 
der Hauptfikobeach nach der Mallendebeach, ohne 
Feuer zu bekommen. 
Um 8 Uhr 15 Minuten vormittags begann die 
Landung. Die etwa 30 Weyleute starke Spitze unter 
Unleroffizier gimmermann wurde zuerst ausgeschifft; 
sie sollte die nächste Umgebung der Landungsstelle 
absuchen, und unter ihrem Schuße sollte dann das 
Ausschiffen der übrigen Truppen vor sich gehen. 
Nachdem die Spitze gelandet war, begab ich mich 
mit dem 1. Sudanesenzug ans Land, dann folgte 
das Uebrige. Noch während der Landung des 
1. Sudanesenzuges kam die Meldung von der Spiße, 
daß eine Menge Miangesen sich hinter einer Fence 
am Wege sammelten und uns erwarteten. Kaum 
war der letzte Mann gelandet, so ging es, nachdem 
ich eine kurze Ansprache gehalten und darauf die 
Sudanesen noch ihr übliches, kurzes Gebet gesprochen 
hatten, in der im beifolgenden Detachementsbefehle 
angegebenen Ordnung den steilen Weg hinan. Bei 
dem Anblicke dieser wohlbewaffneten und energisch 
vorwärts rückenden Schaar hielten die durch das 
überraschende Auftreten ohnedies nicht fesigesammelten 
Miangesen nicht aus; sie hatten die Truppe wohl 
kaum schon einen Tag nach Ablauf des Ultimatums 
erwartet. Die Einzigen, die bisweilen standhielten 
  
und uns beschossen, waren, wie wir hörten, die 
Sklaven. Die Freien hatten ihren Schwur: „Wer 
von Malende in ein anderes Dorf flieht, wird ge- 
tödtet,“ doch schließlich vergessen. In wilder Flucht 
eilten sie in den Busch, Alles im Stiche lassend. Auch 
die am Eingange zum Dorfse befindlichen Pallisaden 
hatten sie unbesetzt gelassen. Diese, gerade am steilsten 
Abhang des Weges gelegen, konnten mit den davor- 
liegenden zwei Meter tiefen Fallgruben uns sehr 
unbequem werden. So aber passirten wir glatt 
diese gefährliche Stelle, da die Weyleute dem 
gegebenen Befehle gemäß, sämmtliche Gruben auf- 
deckten und somit unschädlich machten. Lettere waren 
übrigens ganz rassinirt an Krümmungen des Weges 
angelegt, so daß man, wenn man nicht ganz kurz 
abbog, unfehlbar hineinstürzte. 
Die Verfolgung des Gegners erstreckte sich mit 
der Hauptkolonne bis auf Pendorf, während Lieu- 
tenant v. Mallinckrodt II. von mir den Befehl 
erhielt, mit einem Seitendetachement auf dem Wege 
Nr. 2 bis Kuma dem Feinde zu folgen. Diese 
Kolonne hatte an zwei Stellen heftigen Widerstand 
zu überwinden, während sonst allenthalben ein rich- 
tiges verfolgendes Buschgefecht geführt wurde. 
Die Waffen, deren sich die Gegner bedienten, 
waren fast durchweg Perkussionsgewehre, geladen mit 
Eisenstücken. Nur einmal hörle ich ein Hinterlader- 
geschoß pfeisen. Daß übrigens die Miangesen Hinter- 
lader besitzen, geht aus den zwei erbeuteten Reming- 
tons und einer Kiste mit 117 Stück neuer Metall- 
patronen hervor. Die Beute war überhaupt sehr 
reich; über 20 Perkussionsgewehre, viele Fässer 
Pulver, Zeuge, vor Allem aber Vieh, fielen in die 
Hände der Soldaten. 
Da bei der an diesem Tage herrschenden schwülen 
Hite Alles, einschließlich Schwarzer, nach sechs Stunden 
Eilmarsch, verbunden mit fortwährenden Scharmützeln, 
sehr ermattet war — fünf schwarze Soldaten waren 
beim Aufstieg vom Hißschlag getroffen worden —, 
so ließ ich um 2½ Uhr nachmittags Sammeln 
blasen. 
War wohl der Hauptschlag durch die Einnahme 
von Malende, wo etwa die Hälfte der ganzen Mian- 
gesen wohnte, geführt, war mit ihrer fluchtartigen 
Rückwärtsbewegung ihre Niederlage besiegelt, so war 
es diesmal nach den Erfahrungen des ersten Miang- 
Feldzuges durchaus nothwendig, eine nochmalige 
Wiederholung des Aufstandes zu verhindern. Dieses 
Ziel konnte nur erreicht werden durch Verwüstung 
des ganzen Landes, Abschneiden der handeltreibenden 
Einwohner von ihrer Lebensader, dem Aboflusse, 
Auslieferung der beiden Hauptanstifter Pen und 
ia. 
Zu diesem Zweck habe ich im Einverständnisse 
mit dem Herrn Gouverneur nach der Einnahme von 
Malende daselbst, / Stunde vom Flusse entsernt, 
eine Militärstation errichtet. Damit die Miangesen 
aber nicht, wie es thatsächlich geschehen ist, im benach- 
barten Lande Unterkunst finden, sind von Seiten des
	        
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