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zu beschränken. Die Veröffentlichung enthält außer-
dem mehrere Berichte der Kolonialbehörden und der
Kommandanten von Kreuzern, welche sich auf die
Unterdrückung des Sklavenhandels sowohl im Innern
von Afrika als in den Gewässern des Indischen
Ozeans, des Golfes von Oman und des Persischen
Meerbusens beziehen. Aus den statistischen Angaben
über die angehaltenen und aufgebrachten Negerfahr-
zeuge und die infolge dessen in Freiheit gesetzten
Sklaven ist zu schließen, daß die angeordneten Maß-
nahmen nicht ohne Ersolg geblieben sind. Abschriften
der vom Gerichtshof der Vizeadmiralitäl in Sansibar
gefällten Urtheile hat die britische Regierung über-
reicht. Die Frage der Unterbringung, Erziehung
und Versorgung der in Freiheit gesetzten Sklaven
wird in sehr gründlicher Weise in einer Denkschrift
behandelt, welche vom deutschen Reichskanzler dem
Kolonialrath vorgelegt worden ist. Auch in dem zum
Abdruck gelangten Sihungsprotokolle des Kolonial-
rathes vom 20. September 1893 ist dieser Frage
gedacht. Zu erwähnen ist endlich der erste Bericht
des international-maritimen Büreaus in Sansibar,
welches die Sammelstelle aller zur Förderung der
Unterdrückung des Sklavenhandels in der durch die
Brüsseler Akte abgegrenzten Meereszone geeigneten
Urkunden und Auskünfte bildet.
Mit dem Dampfer der Messageries Maritimes
„Pei-Ho“ sind am 12. Juni 15 Péres blancs
und drei Pôres nêgres (vom Wagandastamme), fünf
Missionszöglinge und einige Schwestern von Mar-
seille nach Ostafrika abgegangen.
Die meisten Patres sind für Deutsch-Ostafrika
bestimmt, insbesondere Pater A. Joseph Thuet, ein
deutscher Reichsangehöriger aus Elsaß-Lothringen,
sowie ein der deutschen Sprache kundiger Holländer,
Pater van der Bom. Diese Beiden gehen nach
Marienthal bei Bukoba am Victoriasee.
Der seit etwa sechs Monaten in Marseille wei-
lende Pater Hauttecveur hat seine Rückkehr nach
Deutsch-Ostafrika noch aufschieben müssen, um den
Druck einer von ihm verfaßten sprachwissenschaftlichen
Arbeit zu überwachen.
Rus fremden Rolonien.
Rongo-GEisenbabn.
Der Belgischen Repräsentanten-Kammer ist im
Mai d. Js. das zwischen der Belgischen Regierung
und der Kongo-Eisenbahngesellschaft getroffene Ab-
kommen zur Genehmigung vorgelegt worden, wonach
die Belgische Regierung zur Fortführung des Unter-
nehmens unter gewissen Bedingungen neuc Aktien im
Betrage von 10 Millionen Francs übernehmen soll.
Man hofft mit diesem Kapital die Bahn bis in die
Gegend von Kimpesse, zwischen dem 160. und 190.
Kilometer fortführen zu können. Die Vorlage hat
eine günstige Aufnahme gefunden, doch ist es wegen des
inzwischen eingetretenen Schlusses der Belgischen
Kammern zu einer Abstimmung im Plenum nicht
mehr gekommen. Allgemein nimmt man an, daß die
Vorlage eine erhebliche Mehrheit erhalten haben
würde. In den betheiligten Kreisen sieht man auch
den demnächst zu wählenden Kammern in dieser Be-
ziehung mit den besten Hoffnungen auf eine wirksame
finanzielle Unterstützung des Unternehmens seitens
des Belgischen Staates entgegen. Man ist der An-
sicht, daß ohne Eisenbahn auf eine dauernde wirth-
schaftliche Nutzbarmachung der Gebiete des Kongo-
staates nicht gerechnet werden kann.
Zu den vielen Werken, welche im Laufe des
letzten Jahrzehnts über die Schöpfung des Königs
Leopold II. in Belgien erschienen sind, ist ein neues
getreten, welches an Fülle des Materials und Glanz
der Ausstattung fast alle Vorgänger überragt.*)
Der Antor hat versucht, der Welt ein umfassendes
Bild der gesammten Entstehung, Bedeutung und
Aussichten des Kongostaates zu entrollen. In sieben
Theilen schildert er erst die Geschichte der Entdeckung
des Kongostromes, daran knüpft er die Schilderung
der kolonialpolitischen Bestrebungen des Königs der
Belgier bis zur Konstituirung des unabhängigen
Kongostaates. Der dritte Theil beschreibt die physi-
kalische Geographie, der vierte die politische Gestaltung
dieses Staatswesens. Es schließt sich daran die ein-
gehende Darlegung der handels-, landwirthschafts-
und gewerbepolitischen Aussichten dieses Theiles von
Afrika. Mit einer Schilderung der Antifklaverei-
bewegung und einer an die Adresse der Belgier ge-
richteten Ermunterung zur vollen Einverleibung des
Kongostaates in Belgien schließt das Werk.
Der Hauptzweck desselben dürfte in dem erwähn-
ten letzten Kapitel zu suchen sein. Wie alle Tendenz-
schriften, dürfte es daher auf absolute Sicherheit aller
in ihm enthaltenen Angaben keinen Anspruch erheben,
sondern mit Vorsicht zu benutzen sein. Immerhin
enthält es vielerlei interessante und werthvolle Male-
rialien. So z. B. zum ersten Male eine ganz sichere
Angabe über Namen und Herkunft Stanleys. Der
bekannte Reisende heißt danach John Rowlands und
wurde 1840 in Wales geboren. Nach einer im
Waisenhause verlebten Jugend ging er im Alter von
13 Jahren auf See und trat später in New-Orleans
in den Dienst eines Mr. Stanley, der ihn adop-
tirte, 1861. Im Sezessionskriege wurde er kriegs-
gefangen, entwischte und trat als Matrose in die
Marine der Vereinigten Staaten, wo er zum Fähnrich
avancirte. 1866 wurde er Reporter und begann
die Laufbahn, der er seinen Nuhm verdankt.
Lieg der englischen Truppen über den Däuptling
Joda Silab von Gambia.
Nachrichten aus Sierra Leone zusolge hat die
kriegerische Aktion, welche eine Anzahl Landungs-
) Albert Chopaux: Le Congo. Brugelles 1894.
IX und 367 S. Gross 80.