Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

truppen der britischen Marine mit Unterstützung von 
300 Mann des zu Freetown in Garnison liegenden 
1. Westindischen Regiments gegen den Heäuptling 
Foda Silah von Gambia unternommen, zwar be- 
trächtliche Verluste der englischen Marinetruppen zur 
Folge gehabt, schließlich aber zum Siege der englischen 
Waffen geführt. Die befestigten Dörfer des genannten 
Häuptlings sind zerstört, er selbst ist gefangen. 
Oberst Cardew, zur Zeit Chef der Verwaltung 
der Kolonie Sierra Leone, hat kürzlich in Begleitung 
von 100 Mann der Grenzpolizei eine auf mehrere 
Wochen berechnete Expedition an die Ostgrenze der 
Kolonie, besonders nach Falaba und Warina, unter- 
nommen, um dort die Ursachen der letzten Grenz- 
unruhen mit den Sofas zu untersuchen und Frieden 
und Ordnung wieder herzustellen. 
Des weiteren hat Anfang vorigen Monats ein 
französisches Kanonenboot 150 weiße Soldaten in der 
Gegend zwischen Konakry und Sierra Leone gelandet; 
diese Truppen sollen in der Nähe der englischen 
Grenze bereits mehrere Gefechte mit den Eingeborenen 
gehabt haben; man befürchtet infolge dessen eine er- 
hebliche Störung des Sierra Leoner Handels, da die 
hauptsächlichsten nach dort führenden Handelswege 
durch die französische Aktion abgeschnitten werden. 
Im Ganzen soll sich die Sachlage der fortwäh- 
renden englisch-französischen Grenzreibereien halber 
immer mehr zuspitzen. Man sieht weiteren Gefechten 
und Zusammenstößen entgegen. 
Ueber indische Kutzpflanzen 
gehen uns folgende interessante Angaben aus Bom- 
bay zu: 
1. Indigo. 
Die Gruppe der Indigogewächse (Indigolera) 
ist in Indien und Afrika einheimisch. Indigolera- 
tinctoria ist die am häufigsten kultivirte Spezies. 
Zuerst von portugiesischen Seefahrern im Mittelalter 
nach Europa gebracht, entwickelte sich die Indigo- 
färberei besonders in Holland, während in anderen 
europäischen Staaten (auch in Deutschland) der Imporl 
von Indigo direlt verboten wurde, um die einhei- 
mischen Blaufärber, welche die Färberwaupflanze 
Isatis tinctoria in ausgedehnter Weise anbanken, 
zu schützen. Trotdem führte sich die Indigofärberei 
bald überall ein; die Indigopflanze wurde besonders 
auf den westindischen Inseln mit so großem Ersolge 
angebaut, daß Indien völlig seinen bis dahin behaup- 
teten dominirenden Plah im Welthandel als Prodn- 
zent dieses Farbstoffes verlor. Ausschließlich den 
energischen und rastlosen Bestrebungen der ostindischen 
Kompagnie ist es zu danlen, daß die Indigoindustrie 
nicht völlig versandete, sondern zu neuer ungeahnter 
Blüthe gedieh. Die Indigopflanze wurde nicht wie 
früher im wesllichen Indien, sondern jet in Bengalen 
kultivaert und zwar mit so großem Erfolge, daß 
Indien bald wieder in seine alten Rechte trat und 
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Amerika so völlig aus dem Markte verdrängte, daß 
es heutzutage denselben mit dieser Droge wieder 
beherrscht. 
Viel zu schaffen machte der Regierung das so- 
genannte „Zamindar“-System, welches große Un- 
ruhen in den sechziger Jahren des Jahrhunderts 
hervorgerufen hat, die nur schwer unterdrückt werden 
konnten. Dieses Zamindarsystem, nach welchem noch 
heutzutage in Bengalen und einigen anderen Provin- 
zen der Indigobau betrieben wird, besteht kurz gesagt 
darin, daß das Land von der Regierung in größere 
Parzellen getheilt, meistbietend an „Zamindars“ ver- 
geben wird, welche nun ihrerseits dasselbe in kleineren 
Grundstücken an „Rayats“ (Bauerh) verpachten. 
Letztere übernehmen damit die Verpflichtung, einen 
Theil des Pachtlandes mit Indigo zu bebauen, den 
sie gegen eine kontraktlich festgesetzte Summe an die 
Fabrik des „Zamindars“ abzuliefern haben. Der 
bemitteltere Rayat kann wieder an ärmere Rayats 
vermiethen. Die Mängel dieses Systems liegen darin, 
daß der Zamindar seine Pächter durch Vorschüsse 
u. s. w. möglichst in die Hand zu bekommen sucht, 
ein Verhältniß, das vielfach in eine Art Sklaverei 
ausartete, dadurch zu den Unruhen Anlaß gab und 
viele Nayats veranlaßte, in andere Landestheile aus- 
zuwandern, wo sie Land von der Regierung direkt 
pachten konnten. So ist der Indigobau vor Allem 
in Madras emporgeblüht. 
Gegenwärtig befinden sich etwa 500 000 Acres 
Land unter Indigokultur, wobei Bengalen nicht mit- 
gerechnet ist, das mindestens das gleiche Areal bebaut, 
so daß sich für Indien das Gesammtareal auf 
1 000 000 Acres Landes stellt. Diese Schäßung 
datirt aus dem Jahre 1890. 
Was die Kultur der Pflanze anbelangt, so wird 
dieselbe nach dem Klima in den einzelnen Provinzen 
zu sehr verschiedenen Zeiten gesät und geerntet. In 
Madras sind Doppelernten nichts Seltenes; oft sät 
man Indigo mit Getreidearten und Oelsaaten zu- 
sammen. Das Land wird vorher gut gepflügt, ge- 
düngt und von Unkrant sorgfältig befreit. Außer 
einigen Raupenarten, die nur, wenn sie in großer 
Menge auftreten, Schaden anrichten, hat die Indigo- 
pflanze nicht viele Feinde, zeigt sich aber gegen hef- 
tige Luftströmungen sehr empfindlich. 
Der Indigofarbstoff findet sich bekanntlich nicht 
fertig gebildet in der Pflanze, sondern muß aus dieser 
auf Grund eines chemischen Prozesses abgeschieden 
werden. Diesen Zweck erfüllt die Indigofabrik. Von 
letzteren befinden sich 2760 größere und 6032 kleinere 
in Indien. Erstere sind vorzugsweise in Bengalen 
und zwar im Besitze von Zamindars, letztere in 
Madras im Betriebe. Sie werden gewöhnlich an 
mehrere Indigofarmer zusammen zum Zwecke der 
Verarbeitung ihrer Kulturen für einige Tage oder 
Wochen vermiethet. In Madras wird die Indigo- 
staude vielfach getrocknet verarbeitet, wobei ein Indigo# 
von ekwas geringerer Qualität erhalten wird, als 
wenn die frische Pflanze zur Darstellung des geschähten
	        
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