Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Züdwestafrika. 
Der Führer der Kaiserlichen Schubtruppe für 
Südwestafrika, Major v. Frangois, der in leiden- 
dem Zustande in Kapstadt eingetroffen ist, hat zur 
Wiederherstellung seiner Gesundheit einen mehrmonat- 
lichen Urlaub erhalten. 
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Sihung des ständigen Russchusses 
des Rolonialrakls. 
Auf Einladung des Staatsministers v. Hofmann 
trat am Montag, den 9. Juli, nachmittags 1½ Uhr, 
der am 9. Juni d. Is. gewählte Ausschuß des Kolo- 
nialraths zur Berathung der Einrichtung einer regel- 
mäßigen direkten Schiffs= und Telegraphenverbindung 
zwischen Deutschland und Südwestafrika sowie der 
Verbesserung des Hafens an der Tsoakhaubmündung 
zusammen. Anwesend waren von den Mitgliedern: 
Staatsminister v. Hofmann, Geheimer Ober-Postrath 
Kraettke, Direktor der Deutsch- Ostafrikanischen Ge- 
sellschaft Lucas, Konsul a. D. Vohsen, Kaufmann 
Adolf Woermann. Entschuldigt waren: Geheimer 
Kommerzienrath Dr. v. Oechelhäuser und Rechts- 
anwalt Dr. Scharlach. 
Nach eingehender Erörterung der bisher bestehen- 
den Schiffsverbindungen mit Südwestafrika stellteZ 
  
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sich allseitiges Einverständniß darüber heraus, daß 
fsie raschere Schiffslinie als die englische über 
Kapstadt nach dem Schutgebiete auch auf direktem 
I Wege nicht herstellbar sein würde, daß aber anderer- 
l seits eine direkte, wenn auch lingsanerre Verbindung 
im allgemeinen kolonialpolitischen Interesse erwünscht 
wärc. Es wurde beschlossen, die gesammte Angelegen- 
heit dem Plenum des Kolonialraths in einer Denk- 
schrift zu unterbreiten und Vorschläge zu einer Aus- 
dehnung der Fahrten der Woermamlinie bis nach 
Südwestafrika aufzustellen. Hinsichtlich der dringend 
wünschenswerthen telegraphischen Verbindung des 
Schutzgebietes mit Deutschland wurde Herstellung 
einer Landtelegraphenlinie vom Norden der Kap- 
kolonie nach den wichtigsten Stationen Südwestafrikas 
und der Tsoakhaubmündung als dem Bedirrfnisse 
genügend bezeichnet. Ein Anschluß an die submarinen 
Kabel würde sich zu theuer slellen. Der Ausbau 
der Tsoakhaubmündung wurde allseitig als dringend 
wünschenswerth erklärt. Es ist in Aussicht genommen, 
zum Zwecke dieser Unternehmung eine Gesellschaft 
ins Leben zu rufen, welche mit Unterstützung der 
Verwaltung des Schutzgebictes die Vorarbeiten thun- 
lichst bald in Angriff nehmen soll. 
Die dem Ausschusse ebensalls zur Berathung 
überwiesene Frage des Bahnbaues in Oslafrika soll 
in einer neuen Sihzung im Herbst erörtert werden. 
  
  
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Nachrichten aus den deukschen Schuhgebieken. 
Deufsch-Hltafrika. 
Maßregeln des Raiserlichen Souvernements zur 
Bekämpfung des Sklavenhandels. 
Mit welchem Nachdruck seitens der Kaiserlichen 
Behörden in Ostafrika an der Beseitigung der noch 
vorhandenen Haussklaverei gearbeitet und wie un- 
nachsichtlich jeder Versuch des Menschenraubes und 
zhandels unterdrückt wird, dafür legen neuerliche 
Berichte des Kaiserlichen Gouvernements Zeugniß ab. 
Es sind danach im Laufe des Jahres 1893 an den 
Hauptorten des deutschen Schubgebietes nicht weniger 
als 452 Freibriese an Sklaven ertheilt worden. 
186 der betreffenden Leute sind freigekauft worden 
meist durch deutsche Beamte und Ansiedler, oder 
wurden durch Urtheil der Koaiserlichen Gerichte in 
Freiheit gesetzt. 427 Sklaven sind durch den Tod 
ihrer Herren oder freiwillige Losgabe zu Freien 
geworden. Aus eigenen Mitteln haben sich 5 Sklaven 
freigekauft. Die größte Zahl von Freibriefen ist 
in Tanga ertheilt worden, nämlich 96. Ihm zu- 
nächst steht Lindi, wo 95 ausgegeben worden sind. 
In Bagamoyo betrug die Zahl der 1898 ertheilten 
Freibriefe 72, in Dar-es-Saläm 70, in Kilwa 64, 
in Saadani und Pangani je 24, in Mikindani 21 
in Kisaki 5, in Kilossa 2. In Moshi hat sich Ver- 
anlassung zu Freikäufen oder sonstigem Einschreiten 
gegen Menschenhandel gar nicht gefunden. Es ist 
dort das Verkaufen von Menschen überhaupt ab- 
gekommen. Die früheren, zu Unfreien erklärten 
Kriegsgefangenen sind jetzt sämmtlich im Kilimandjaro- 
bezirke als Bauern seßhaft, und die wegen Schulden 
zu Sklaven gewordenen Leute haben ihre Freiheit 
nach Bezahlung ihrer Schuld wieder erhalten. 
älle von Menschenraub werden immer seltener. 
Am häusfigsten ereignen sie sich noch in den Küsten- 
plätzen, wo das arabische Element, das sich noch nicht 
ganz in den neuen Gang der Dinge eingelebt hat, 
vorherrscht. In Pangani sind 12 Fälle von Skla- 
venraub, in Bagamoyo 11, in Dar-es-Saläm 8, in 
Lindi 7, in Kilwa 6, in Saadani 5, in Tanga 3 
und in Mikindani 2 zur Kenntniß der Behörden 
und zur Aburtheilung gelangt; im Ganzen bei 
54 Personen! Oefters ist dabei festgestellt worden, 
daß der Verkauf mit Zustimmung der betreffenden 
Personen stattgefunden hat. Nur in sehr wenigen 
Fällen war wirklich gewaltsamer Raub von Personen 
nachweisbar. Die Kaiserlichen Behörden haben aber 
 
	        
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