Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Kolonie in gesonderte Distrikte getheilt. Kein Ein- 
geborener durfte, abgesehen von einer für die Külsten- 
schifffahrt festgesetzten Ausnahme, außerhalb des 
Distrikts, in welchem er heimisch war, zur Arbeit 
verwandt werden. Diese Beschränkung erschien später, 
nachdem der Einfluß der Regierung auf die Ein- 
geborenen gewachsen war und zu einer Erhöhung 
der allgemeinen Sicherheit geführt hatte, im Inter- 
esse der Eingeborenen nicht mehr nothwendig und 
ist jetzt aufgehoben. 
Die neue Verorduung unterscheidet zwei Arten 
von Arbeitsverträgen: 
a) ohne Zuziehung der Behörde. In einem 
derartigen Vertrage kann ein Eingeborener zur 
Arbeit nur für einen Platz, welcher nicht weiter 
als 25 Meilen von seinem Wohnort belegen ist, 
und nur für die Dauer eines Monats ver- 
pflichtet werden. In allen anderen Fällen muß 
der Vertrag 
vor dem Magistrat abgeschlossen werden. 
Zwar kann hier der Eingeborene zur Verwen- 
dung an einem beliebigen Plate innerhalb der 
Kolonie angenommen werden, jedoch nur bis 
zur Dauer von zwölf Monaten. Nach Ablauf 
der Vertragszeit muß der Arbeiter frei zurück- 
befördert werden. 
Dem Magistrat liegt es ob, sich von der 
Freiwilligkeit und Ernstlichkeit der Willens- 
erklärung der Kontrahenten zu überzeugen und 
sich zu vergewissern, daß dem Arbeiter gute Be- 
handlung und angemessene Bezahlung zutheil wird: 
Auch im deutschen Schutzgebiete bestehen genaue 
Vorschriften über die Amverbung und Haltung ein- 
geborener Arbeiter, welche das Interesse der Leßteren 
nach jeder Richtung schützen. Ein wesentlicher Unter- 
schied gegenüber den Vorschriften für Britisch-Neu- 
guinen liegt in der zulässigen Dauer des Arbeits- 
vertrages. Derselbe kann zunächst auf drei Jahre 
geschlossen und bei beiderseitigem Einverständniß auf 
weitere drei Jahre verlängert werden. Hierin liegt 
ein besonderer Vorzug der deutschen Vorschriften. 
Bei einem an geregelte Arbeit nicht gewöhnten Volke 
genügt die Dauer eines Jahres nicht, um eine Ar- 
beitsleistung, welche sich bezahlt macht, zu erhalten. 
Das erste Jahr geht mit Anleitung und Erziehung 
hin, erst im zweiten und dritten leistet der Arbeiter 
etwas. Man hat im deutschen Schutzgebiete mit 
Ausbildung Eingeborener nennenswerthe Erfolge er- 
zielt. Auf der Werkstätte der Neu-Guinea-Kompagnie 
in Finschhafen bezw. Friedrich Wilhelmshafen sind 
manche Eingeborene im Schlosser= und Schmiede- 
handwerk zu einer erheblichen Fertigleit gelangt, im 
Zimmerhandwerk konnten eingeborene Arbeiter so weit 
gefördert werden, daß sie viele Verrichtungen selbst- 
ständig vornahmen. Alle diese Erfolge können bei nur 
einjähriger Dauer des Vertrages nicht erzielt werden 
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Zudem werden bei längerer Vertragsdauer, wie 
sie im Deutschen Schubzgebiet üblich ist, die Beziehun- 
gen zwischen Europäern und Eingeborenen engere, 
und es dürfte zu hoffen sein, daß mehr und mehr 
eingeborene Arbeiter nach Ablauf ihrer Dienstzeit frei- 
willig auf den Ansiedelungen der Europäer verbleiben 
und sich hier eine selbständige Existenz gründen. 
3. Eine für die Erziehung der Eingeborenen 
wichtige Maßregel ist die Bestrafung des Ehe- 
bruchs. Der Jahresbericht führt aus, daß sehr 
häufig der Ehebruch bei den Eingeborenen Veran- 
lassung zu Gewaltthätigkeiten gäbe. Die Verordnung 
soll dem beleidigten Ehegatten die Möglichkeit einer 
gesetlichen Genugthuung verschaffen und verhüten, 
daß der betrogene Mann zu den Waffen greift und 
selbst an seinem Weibe und ihrem Verführer Rache 
nimmt. Es ist bestimmt, daß der schuldige Ehegatte 
mit Gefängniß bestraft wird, und ist der Verführer 
einer Frau gehalten, eine Zahlung an den beleidig- 
ten Ehemann zu leisten. Um die Verordnung an- 
wenden zu können, ist genau ausgeführt, unter welchen 
Voraussetzungen bei Eingeborenen ein gemeinsames 
Leben von Mann und Frau als Ehe zu betrachten ist. 
Das Strafverfahren, welches nur auf Antrag 
eingeleitet wird, spielt sich vor dem Magistrat ab, 
welcher die Ermittelungen zu protokolliren und über 
jeden Fall an die Centralstelle zu berichten hat. 
4. Um den Viehstand der Kolonie zu erhalten, 
ist eine Verordnung erlassen, welche der Ein- 
schleppung der Tollwuth vorbeugen soll. Ferner 
ist bestimmt, daß die Einfuhr von Vieh nur von den 
anstralischen Kolonien, wie von Neuseeland und Tas- 
manien, aus erfolgen soll. 
II. Rechtsprechung. 
Für die Ausübung der Rechtspflege in schweren 
Straffällen besteht der central court am Sitze des 
Gouverneurs in Port Moresby, geleitet vom chief 
magistrate. Im Uebrigen ist das Gebiet für die 
Zwecke der Verwaltung und Rechtspflege in drei 
Distrikte eingetheilt, für welche courts of petty 
sessions (unter der Leitung der resident magistra- 
tes) eingerichtet sind, und zwar: 
a) den westlichen Distrikt von der holländischen 
Grenze bis zum 145. Längengrade, Sitz des 
magistrate in Mabudauan; 
den mittleren Distrikt zwischen dem 145. und 148. 
Längengrade, Sitz des magistrate in Port 
Moresby; 
den östlichen Distrikt östlich des 148. Längen- 
hrades, Sitz des magistrate auf der Insel 
Samarai. 
Außerdem ist ein assistant resident magistrate 
für den Lonisiadenarchipel in Nivani angestellt. 
Neben den courts ol petty sessions, welche nur 
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mit den von Nichteingeborenen begangenen Gesetzes- 
und muß dieselbe sallen, wenn in Britisch-Neuguinen übertretungen befaßt sind, besteht eine Reihe von 
sich größere Pflanzungsunternehmungen entwickeln 
sollten. 
Behörden, welche lediglich die Eingeborenenangelegen- 
heiten beurtheilen. Für diesen Zweck sind außer den
	        
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