Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Frangois hat mich nicht geschossen um des Friedens 
willen, sondern darum, daß ich mit ihm in Frieden 
war. Ich lag ruhig in meinem Hause und schlief, 
da kam Frangois, mich wach zu schießen, und das 
nicht um des Friedens willen oder um einer Misse- 
that, deren ich mich durch Wort oder That gegen 
ihn schuldig gemacht haben könnte, sondern darum, 
daß ich etwas, was allein mein Eigenthum ist, und 
worauf ich ein Recht habe, nicht ausgegeben habe. 
Ich habe meine Unabhängigkeit nicht aufgegeben, 
denn ich habe allein ein Recht auf das Meinige, um 
es Jemand, der mich darum fragt, zu geben oder 
nicht zu geben, wie ich will. Francois hat mich 
bekriegt, weil ich mein eigenes Gut nicht geben 
wollte, das kann ich nicht verstehen und ich bin 
erstaunt und höchlichst verwundert, daß ich von dem 
Grosmann Frangois solch traurige und schreckliche 
Vergewaltigung erlitten habe. Zuerst wurde mir 
das Schießgut gesiopft, und als ich dann mit leeren 
Händen dastand, wurde ich geschossen. Solche Werke 
hätte ich von Frangois nicht erwartet, umsoweniger, 
als ihr weißen Menschen die versländigsten und ge- 
bildetsten Menschen seid und uns die Wahrheit und 
Gerechtigkeit lehrt. Ich kann nicht verstehen, daß 
das Sünde und Schuld ist, wenn ein Mensch sein 
Eigenthum und Gut nicht geben will, wenn ein 
anderer Mensch dasselbe verlangt. Ferner sage ich 
Euer Hochedeln, der Friede und Krieg liegt nicht 
in meinen Händen, denn dieser Krieg liegt nicht an 
mir und ist nicht durch mich verursacht, da ich 
François in keiner Weise Schaden zugefügt oder 
beleidigt habe. Nun sagen Ener Hochedeln in Ihrem 
Briefe, daß Frangois nach Deutschland zurück gereist 
ist, und Sie vom Deutschen Kaiser als dessen Stell- 
vertreter gesendet sind, um mich zu vernichten, wenn 
ich keinen Frieden haben will. Dies beantworte ich 
so: „Der Friede ist etwas, was Gott eingesetzt hat 
auf Erden, denn Gott hat gesagt in seinem 
Worte, es ist eine Zeit des Krieges und es ist 
wieder eine Zeit des Friedens, darum will ich den 
Frieden nicht abschlagen, wenn Euer Edeln mit 
freundlicher und wahrer Aufrichtigkeit zu mir von 
Frieden sprechen, denn Franois hat meinen Frieden 
weggenommen, und wenn Sie nun gekommen sind, 
um Alles, was Frangois unrecht und ungesetlich an 
mir gehandelt hat, in Richtigkeit zu bringen und 
die Sachen, um welche Frangois mich geschossen hat, 
todt zu machen und allein Frieden zu machen, daun 
will ich dem Frieden nicht widerstreiten. Ich werde 
Ener Hochedeln dann den Frieden geben und bin 
gewillig, Ihnen Frieden zu geben um des Herrn 
willen. Dies ist mein letzter Hauptpunkt, und ich 
will hier erst schließen und grüße Euch, hochedler 
Herr, Ich, Ihr Freund und Kapitän, 
der Hauptkapitän von Namaland. 
gez. Hendrik Witbooi. 
430 
  
Lager vor der Naauklof, 5. Mai 1894. 
An den Kapitän Hendrik Witbooi, 
Naauklof. 
Deinen Brief habe ich erhalten und will ver- 
suchen ihn klar zu beantworten. Auf Wunsch der 
meisten Kapitäne des Nama= sowie des Herero- 
Landes hat Seine Majestät der Deutsche Kaiser die 
Schutzherrschaft über beide Länder übernommen, 
dabei aber diejenigen Kapitäne, welche die Schutz- 
herrschaft nicht annehmen, unbehelligt gelassen, so- 
lange sie mit den anderen Kapitänen Frieden hielten. 
Du aber hast Leptzteres nicht gethan, sondern ver- 
schiedene Kapitäne des Namalandes abgeschossen und 
schließlich Dich in Hoornkraus festgesetzt und von da 
Raubzüge in das Hereroland unternommen. Du 
hast mithin in dem Gebiete, das unter dem Schutze 
des Deutschen Kaisers stand, Ruhe und Frieden ge- 
stört. Seine Moajestät hat Deinem Treiben lange 
in Geduld zugesehen, dann aber, als Du nicht davon 
ablassen wolltest, befohlen, daß auf Dich geschossen 
werde. Denn, wie mit allen seinen Pflichten, so 
nimmt es der Deutsche Kaiser auch ernst mit seinen 
Pflichten als Schutzherr des Namalandes. Wenn 
Du ruhig in Gibeon geblieben wärest und Dein 
Volk in Frieden regiert hättest, so würde nicht auf 
Dich geschossen worden sein. Daß Du uns Weißen 
vorher nie etwas gethan, das weiß ich wohl; aber 
nicht unseres Vortheils willen ist auf Dich geschossen, 
sondern, wie oben gesagt, lediglich um der Ruhe und 
des Friedens des Namalandes willen. 
Ob Dir der Herr Major v. Frangois das Alles 
so deutlich erklärt hat, darüber habe ich kein Urtheil; 
ich denke aber, daß er es gethau und daß Du ihn 
zu lange nicht hast verstehen wollen. Jedenfalls hat 
es keinen Zweck, wenn wir jeßt darüber noch viele 
Worte machen. Unsere Pflicht ist, jetzt nur zu reden 
von dem, was geschehen soll, und da finde ich, daß 
Deine Antwort nicht deutlich ist. Ich habe Dir 
klar gemacht, daß Du jeßzt keine andere Wahl mehr 
hast, als bedingungslose Unterwerfung unter den 
Willen Seiner Majestät des Deutschen Kaisers oder 
Krieg bis zur Vernichtung, und darauf ersuche ich 
Dich um klare Antwort. Der Wille Seiner Majestät 
geht dahin, daß im Namalande jeder in Ruhe und 
Frieden seine Arbeit khnn und kein Kapitän den 
anderen bekriegen soll. Welche weiteren Bedingungen 
Seine Mojestät Dir persönlich noch stellt, das 
kann ich Dir erst mittheilen, wenn Du mir gesagt 
hast, ob Du Dich unterwerfen willst oder nicht. Ich 
habe Dir bereits geschrieben, daß ich jetzt noch hoffen 
kann, Dir günstige Bedingungen auszuwirken. 
Das Eine sage ich im Voraus und werde mich 
freuen, wenn Du dies ehrlich Deinen Leuten mit- 
theilen wolltest. Wir Deutsche führen keinen Krieg 
gegen Deine Leute, sondern wir wollen in Frieden 
mit den Namas zusammenarbeiten. Ich hosfe daher, 
daß Deine Leute von der Erlaubnis,, bis zum 
25. d. Mts. friedlich in ihre Wohnplätze zurückkehren 
zu können, recht zahlreich Gebrauch machen.
	        
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