Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Zuge aus dem Innern nach der Rufidjimündung 
gebracht und dort nachts eingeschifft worden, nachdem 
man sie einige Zeit in der Nähe von Kilwa verborgen 
gehalten hatte. Die Dhau hatte in Sansibar ihre 
Sklaven südlich von Tschukuani — wahrscheinlich bei 
Buju in einer gedeckten Bucht — abgeselzt und war 
darauf, nach Einnahme von Sand als Ballast, so- 
fort wieder zurückgekehrt. Sie ist also im Hafen von 
Sansibar gar nicht erschienen und hat dementsprechend 
auch keinerlei Kontrole zu bestehen gehabt. 
Diese Fälle zeigen, daß noch immer Sklavenhandel 
zwischen der deutsch-ostafrikanischen Küste und San- 
sibar betrieben wird, und zwar kommt die Mehrzahl 
der Stlaven augenscheinlich von der Rufidjlimündung 
und der südlichen Küste unseres Schutgebietes. Die 
Jnsel Sansibar bielet mit ihrer ausgedehnten und 
zum großen Theil unbewohnten und unbewachten Küste, 
mit zahlreichen Buchten und vorgelagerten Inselu 
fast überall ein gutes und sicheres Landungsterrain. 
Gleichzeitig bildet die Insel selbst nebst Pemba ein 
stets aufnahmebereites Absatzgebiet für eine große 
Anzahl von Sklaven, um den beständigen Abgang 
durch Tod und Entlaufen zu ergänzen. Wäre es 
möglich, die Zufuhren zu verhindern, so würde in 
Sansibar die einen Stein des Anstoßes für die 
englischen philanthropischen Bestrebungen bildende 
häusliche Sklaverei im Verlauf einiger Jahrzehnte 
voraussichtlich ausgestorben sein. Diese Möglichkeit 
ist jedoch völlig ausgeschlossen. Der Nachrichtendienst 
der Sklavenhändler ist so vorzüglich orgauisirt, daß 
sie von jeder Gefahr in kürzester Zeit Kenntniß er- 
halten und ihre Maßnahmen danach treffen können. 
Nach der Landung in Sansibar gebrauchen sie 
neuerdings die Vorsicht, die Sklaven in geringer 
Anzahl auf die einzelnen Schamben der Insel zu ver- 
theilen, so daß deren Anwesenheit schlechterdings nicht 
bemerlbar ist. Auch ist die Bewachung eine so vor- 
zügliche, daß ein Entrinnen nur in seltenen Fällen 
müglich ist. · 
Was die Thätigkeit der englischen Marine zur 
Ausrottung des Uebels aubetrifft, so scheint sie zu 
der Erkennkniß gekommen zu sein, daß die Beschwerden 
eines beständig fortgesetzten Ueberwachungsdienstes in 
keinem Verhältniß zu den Erfolgen stehen, da die 
Sllavenhändler über die Bewegungen der Schiffe 
und Boote sehr gut orientirt zu sein pflegen. Die 
englischen Kriegsschiffe scheinen sich bei der Anhaltung 
und Durchsuchung von Dhaus im Wesentlichen auf 
Fälle zu beschränken, in denen sie rechtzeitig durch ihre 
Informers von dem Vorhandensein von Sklaven 
Kenntniß erhalten haben. Ost erhalten sie diese 
Nachricht zu spät, um noch einschreiten zu können. 
Allgemein ist man sich in Sansibar klar darüber, 
daß mit den den verschiedenen Mächten zur Verfügung 
stehenden Mitteln eine wirksame Bekämpfung des 
Menuschenhandels ein Ding der Unmöglichkeit ist. Am 
meisten Erfolg verspricht man sich noch von lleinen, 
nicht zu tief gehenden und schnell fahrenden Dampfern, 
die im Stande sind, plötzlich und unvermuthet auf- 
  
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zutreten und den Dhaus in ihre Schlupfwinkel zu 
solgen. Es kann mit Befriedigung hervorgehoben 
werden, daß Fahrzeuge, welche für diese Aufgaben 
so ganz gemacht zu sein scheinen, demnächst im 
deutschen Schutzgebiel in Betrieb gesetzt werden. Es 
sind dieses die beiden Dampfkutter, welche für die 
Kontrole der Küste des deutschen Schutgebietes er- 
baut sind und in Kürze hinausgesandt werden. 
Allerdings wird der Dienst auf diesen Fahrzeugen 
die größten Anforderungen an die Besoatzung stellen, 
denn sie müssen ihrem beschwerlichen Dienst nicht bloß 
bei Tage, sondern namentlich auch des Nachts ob- 
liegen, da sich der Sklavenschmuggel vorzugsweise 
nachts vollzieht. 
Basutoland im Jabre 1892/95.57) 
Nach dem vor Kurzem als englische Parlaments- 
vorlage erschienenen Jahresbericht über Basutoland 
war die Entwickelung dieser Kolonie in der Zeit 
vom 1. Juli 1892 bis zum 30. Juni 1893 eine 
im Ganzen befriedigende, obgleich die Verwaltung 
zit außergewöhnlichen Schwierigleiten zu kämpfen 
hatte. 
Während über die Ausgaben der Verwaltung 
nähere Angaben fehlen, sind die Lokaleinnahmen in 
dem Bericht, wie folgt, spezialisirt: 
1898 
Hüttensteuer. * 
Lizenzen 2 850 = 
Postwesen 939. 
Gerichtsgebühren . 79- 
VerschiedeneEinnahmen. 191- 
23042gs 
Hierzu kommen die Zolleinnahmen im Betrage 
von ungefähr 8600 P, so daß sich die Gesammt- 
einnahmen auf rund 31 642 E belaufen. 
Au der Spitze der Verwallung steht ein Resident 
Commissioner, dem 7 Assistants Commissioners in 
den verschiedenen Distrikten des Landes unterstehen. 
Die Polizeimacht besteht aus 10 Offizieren, 
10 europäischen Polizisten, 10 eingeborenen Unter- 
offizieren und 197 eingeborenen Polizisten. Die 
eingeborenen Häuptlinge haben, wie gewöhnlich, zur 
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und zur 
Erhebung der Hüttenstener gute Dienuste geleistet. 
Es wird nur darüber geklagt, daß der neue Ober- 
häuptling Lerothodi dem Trunke ergeben sei, und 
daß sich daraus für die Verwallung manche Unzu- 
träglichkeit ergebe. Beispielsweise ist auf seine Mit- 
wirkung zur Unterdrückung des unerlaubten Handels 
mit Spirituosen nicht zu rechnen. Der Schmuggel 
von Brauntwein, besonders aus den angrenzenden 
Distrilten des Oranje-Freistaats, hat daher trotz 
strenger Gegenmaßregeln erheblich zugenommen. Auch 
sind Streitigkeiten zwischen eingeborenen Stämmen 
  
*) Vergl. „Deutsches Kolonialblatt“ 1893, S. 254.
	        
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