bleib daher ein sehr unsicheres. Würden sie uns
angreifen, die Nacht im Busch bleiben oder sich ganz
zurückziehen, wer wußte es! Jedenfalls stellte ich
Wachen aus und ließ unter ihrem Schutz die Leute,
die seit dem frühen Morgen unterwegs waren, etwas
ruhen, während ich selbst mit dem Unteroffizier
Zampa und einer starken Patrouille ging, um
Wasser zu suchen. Bald hatten meine Leute einen
klaren Bergbach gefunden und durch diesen wie
durch das Flußufer, von dem die Miangesen noth-
wendig fern gehalten werden mußten, da er ihre
Hauptzufuhr= und -erkehrsstraße ist, war die Lage
unseres Lagers bedingt. Die Soldaten wurden an
den von mir nach den oben genannten Gesichts-
punkten gewählten Platz geführt, das hohe Riedgras
wurde gehauen, Wasser geholt und Alles zum Kochen
und für die Nacht vorbereitet. Um 5 Uhr kamen
die Träger unter Führung des Oberlazarethgehülfen
Seebe (früher 1. Garde-Dragoner-Regiment) und
brachten Zelte und Proviant. Die Wache wurde
eingetheilt, die Lagerplätze vertheilt, und als um
6 Uhr die Dunkelheit hereinbrach, war Alles in
Ordnung. Die Nacht verging ohne Störung. Ich
alarmirte um 1 Uhr, um die Aufmerksamkeit der
Wachen und der Soldaten zu prüfen.
Freitag, den 4. Mai, baute ich das Lager aus.
In der Mitte lagerten die drei Europäer, auf der
einen Seite die westafrikanischen Soldaten und ihnen
gegenüber die Sudanesen. Das Ganze wurde mit
Wall und Graben umgeben.
Eine untker Führung eines Unteroffiziers das
Flußufer beobachtende Sudanesenpatrouille meldete
die Abfahrt des Gouvernementsdampfers „Soden“,
sonst war Alles ruhig.
Sonnabend, den 5. Mai, marschirte ich unter
Führung eines gefangenen Miangesenweibes mit dem
Unteroffizier zimmermann und 80 Mann auf dem
sogenannten Balongweg vor, um eine Nekognoszirung
vorzunehmen. Um 8 Uhr überschritt meine Spibe
unter Führung des Unteroffiziers Zampa einen
schmalen, aber reiseenden Wasserlauf und erhielt plöß-
lich von dem gegenüberliegenden steilen Ufer heftiges
Feuer aus wohl 30 Buschflinten. Im Augeublick
waren meine Leute, die auf dem schmalen Buschweg
einer hinter dem anderen gingen, herbeigeeilt und
sehten, an uns vorbeilaufend, in den Busch, wo sie
die Schüsse gehört hatten. Bald kamen sie auch mit
Gewehren und zwei Gefangenen zurück, meldeten, daß
die Miangesen unter Hinterlassung zweier Todter in
wilder Flucht durch ein unmittelbar vor uns liegendes
Dorf hindurch in den dichten Busch geflohen seien.
Ich ließ meine Leule das Dorf anslecken, die Felder
niedertreten oder umhauen und trat um 4 Uhr den
Nückmarsch an, um gegen 7 Uhr im Lager einzu-
treffen, wo es heute bei Hühner-, Enten= und Ziegen-
sleisch hoch herging. Ich vernahm mit Zampas
Hülfe sämmtliche Gefangenen und erfuhr dann, daß
sich auf der Balongseite nur wenige Sklaven be-
sänden, während die Häuptlinge, unter ihnen auch
505
Pen und Mbia, mit all ihrem Hab und Gut
nach Neu-Miang, auch Mpako genannt, geflohen
seien. Mpako sei zu dem Zwecke angelegt, bei einem
Strafzug als Zufluchtsort zu dienen, habe weite
Felder ringsum und sei stark befestigt. Noch in der
Nacht gab ich meine Besehle aus: der Feldwebel hält
mit 20 Mann (meist Fußkranken) das Lager beseßt.
Ich selbst breche mit den Unteroffizieren Seebe und
Zimmermann, sämmtlichen Soldaten und bier
Trägern mit Lebensmitteln nach Mpako auf.
Sonntag, der 6. Mai, war ein sehr heißer Tag.
Der Weg führte zuerst durch einen Palmenwald und
dann lange durch Grassteppe. Das mannshohe Gras
hält die Hibe sehr fest, außerdem kamen wir durch
zwei Dörfer, die meine Patronillen niedergebrannt
hatten und in denen es noch an verschiedenen
Stellen brannte, was die Hihe noch vermehrte, so daß
meine Leute sehr froh waren, als ich um 10 Uhr
bei Rduru rastete. Um 3 Uhr traten wir wieder
an und waren um 6 Uhr dicht bei Mpako. Der
Marsch hatte sich sehr verzögert, denn hinter Ndurn
kamen wir in einen Busch, der sehr dichtes Unter-
holz halte; außerdem mußten wir zwei Wasserläufe
überschreiten, deren Fluthen uns bis zur Brust reichten,
so daß wir mit der Munition sehr vorsichtig sein
mußten. Ohne Fenuer, in aller Stille wurde die
Nacht gelagert, die nur zu langsam verging, denn
vom Himmel strömte der Negen. Zwei Patronillen,
die ich gegen Mpako vorschickte, kamen im Augen-
blick mit drei Weibern zurück, die sie beim Wasser-
holen überrascht hatten. Ich erfuhr, daß das Dorf
unbefesligt sei, daß kein Mensch eine Ahnung von
unserem Nahesein hätte und daß der Häuptling
Mbia, ihr Besitzer, selbst anwesend sei, während sie
von Pen nichts wußten.
Mpako liegt mitten im Walde, sich langhinziehend,
und besteht aus einzelnen Hütten, deren jede von
den Feldern des betressenden Besitzers umgeben ist.
Es führt nach Mpako nur der eine Weg; eine Um-
fassung war wegen der Dichtigkeit des Waldes
ringsum von vornherein ausgeschlossen. Am Montag,
den 7. Mai, um 5⅛ Uhr brachen wir gänzlich
unerwartet in Mpako ein. Wie unerwartet wir
kamen, konnte ich selbst am besten beurtheilen, da ich
mich unter den Ersten befand, die Mpako betraten.
Auf das Geschrei meiner Leute hin, die sich vom
Wege aus rechts und links in dem Dorfe vertheilten,
sprang ein Miangese in die Hausthür, um zu sehen,
was es gäbe. Als er uns sah, holte er seine Flinte,
die geladen im Hause gestanden haben muß, und
fenerte auf uns, ohne Jemand zu treffen, dann warf
er sein Gewehr sort und verließ in wilder Flucht
auf der anderen Seite das Haus, bis ihn die Kugel
eines Unteroffiziers crreichte. Aehnlich soll es überall
gewesen sein.
Gegen 8 Uhr nahm das Schießen bedeutend zu
und ein Sierra-Leone-Mann meldete mir, daß von
der Hinterseite des Dorfes die Miangesen in großer
Zahl vordrängten. Ich ging sofort mit meinem