— 548
Karte Mtondo verzeichnet ist. Die Einwohner des
Dorfes erzählten mir, daß sie den Angriff jeden
Augenblick erwarteten, da Mereres Leute ihr Lager
kaum zwei Stunden weit aufgeschlagen hätten. Ich
mußte befürchten, daß die Wasangu bei Nacht weiter
marschiren würden; es war daher geboten, den Leuten
meine Anwesenheit bekannt zu geben, ehe dies geschah.
Leider waren ich und der größte Theil meiner Leute
nicht mehr marschfähig, ich entsandte daher meinen
Schawasch mit 10 Mann und ließ den Anführern
Mereres sagen, daß ich ihnen befehle, nicht weiter
zu gehen, da ich sie sonst meinerseits angreifen würde.
Etwa um 7 Uhr hörte ich Geschrei vor der
Boma und gleich darauf ein anhaltendes Schnell-
seuer, ich lief hinaus und sah bei hellem Mondschein
eine große Anzahl Menschen, verfolgt von den sechs
mir verbliebenen Irregulären. Es waren Mereres
Leute gewesen, welche beabsichtigt hatten, das Dorf zu
stürmen und nun, die Uniformen der Soldaten er-
kennend, in wilder Flucht davoneilten. Bei einem
anderen Dorfe hatten sie bereits eine Anzahl Schafe
geraubt, welche nunmehr in meine Hände fielen.
Am späten Abend traf mein Schawasch ein, mel-
dete, Merere wäre selbst im Lager, hätte große Angst
und wolle sofort mit seinen Kriegern kommen, um
mir Erklärung über seinen Kriegszug zu geben.
Wirklich erschien auch Merere im Laufe der Nacht,
mußte aber vor der Boma bis zum Tagesanbruch
warten. Mereres Entschuldigungen, Erzählungen
von Vieh= und Weiberraub, erwiesen sich sofort als
Lügen. Er hatte beabsichtigt, nach dem englischen
Theile von Urambia zu gehen, um den viehreichen
Häupktling Niondo zu berauben. Nachdem ich Merere
in Gegenwart der Wanyika gehörig heruntergemacht
hatte, befahl ich ihm, sofort nach Utengure mit allen
seinen Kriegern abzumarschiren, ich würde ihm auf
dem Fuße folgen und in Utengure weitere Schauri
machen. Willig gehorchte Merere, und nach zwei
starken Tagemärschen, während welcher Zeit Mereres
Nachhut uns stets in Sicht blieb, erreichten wir
Utengure. Durch diesen Zug hat sich im ganzen Lande
das Gerücht verbreitet, daß ich Merere geschlagen
und bis nach Utengure getrieben hätle. In Utengure
siellte ich Merere und den Seinen vor, daß wir nur
dann Freunde bleiben könnten, wenn solche Raubzüge
ein= für allemal unterblieben, und damit ihnen dies
mehr einleuchte, verlangte ich eine Strafzahlung von
20 Rindern und 100 Ziegen. Wie sehr die Wasangu
unsere Macht fürchten und wie sehr sie unserer
Unterstützung bedürstig, zeigt, daß die Strase inner-
halb 24 Stunden bezahlt war.
Ew. Excellenz Befehl, Träger zu senden, hat
Merere nicht ausgeführt, er gab als Grund dazu an,
daß die Heuschrecken mehrmals die Saaten vernichtet
und seine Leute noch immer am Feldbau arbeiteten,
außerdem wolle Kiwere, der seit dem Tode des alten
Merere ihm feindlich gesinnt, seine Leute nicht mehr
durchlassen. Ich muß allerdings bescheinigen, daß um
Utengure herum die Ernten äußzerst gering sein werden.
Von Utengure ging ich nach der Missiousstation
der Herrnhuter am Rungwe, wo ich den Landkauf
der Mission abschloß. An der Station ist fleißig
gearbeitet worden und macht das Ganze einen über-
aus günstigen Eindruck. .
Vom Rungwe marschirte ich nach der Mission
Mua-Kerere, wo eine ernstere Sache vorlag.
Der Häuptling Mua Isotte — Euere Excellenz
werden sich vielleicht der Landschaft dicht vor dem
Aufsltieg nach dem Eltonpaß erinnern — hatte einem
seiner Nachbarn eine größere Anzahl Vieh geraubt.
Nachdem die Ermahnungen des Missionars Bung,
das Vieh zurückzugeben, fruchtlos geblieben, wurde
mir die Klage vorgelegt. Auf meine Aufforderung,
das Vieh zurückzugeben, ließ er mir antworten, er
kenne mich gar nicht, und auf meine Drohung, ihn
zu strafen, antwortete er mir, ich solle nur kommen,
er würde dann Merere zur Hülfe rufen. So leid
es mir that, in Ukonde von den Wassen Gebrauch
zu machen, war mir aber doch schon lange klar ge-
worden, daß die Wakonde so lange vom Vieh= und
Weiberraub nicht lassen würden, bis ich einmal eine
tüchtige Lektion ertheilt hätte.
Am 27. Mai ging ich nach Isotte, um den Häupt-
ling zum Gehorsam zu zwingen. Bei meiner An-
näherung griffen die Leute zu den Waffen und
versuchten, sich meinem Eindringen ins Land zu
widersetzen. Ich war gezwungen, das Zeichen zum
Angriff zu geben. Nach kurzem, aber ziemlich bravem
Widerstande rissen die Kerle mit Affengeschwindigkeit
in die Berge aus. Wo keine Gefahr mehr vorhan-
den, gesellten sich auch die Beraubten zu uns. Ich
hatte sie bestellt, da ich mit meinen 16 Soldaten
und 15 bewaffneten Trägern weder das Vieh auf-
finden noch wegtreiben konnte. Der reguläre Soldat
Selimani hatte sich, entgegen strengem Befehl, von
der Hauptkolonne gelöst, wahrscheinlich um auf Naub
auszugehen, traf auf eine stärkere Anzahl von feind-
lichen Kriegern und wurde erstochen. Er hat sich
jedenfalls gut vertheidigt, da später in seiner Nähe
die Leichen dreier erschossener Eingeborener gefunden
wurden.
Von feindlicher Seite sind sieben Mann gefallen.
Wahrscheinlich war meine Ankunft in Mua Kerere
den Leuten zu Ohren gekommen, denn wir fanden
verhältnißmäßig wenig Vich; dieses habe ich theil-
weise an die Beraubten gegeben, theilweise für das
Gouvernement eingezogen.
Meine Soldaten, im Besonderen die Irregulären,
haben sich ganz vortrefflich gehalten.
Von Mua Kerere marschirte ich nach der Mission
Manow, wo einige Streitigkeiten wegen Vieh und
Weiber zu schlichten waren, aber die Sache von
Mua-Isotu hatte bereits Wirkung gethan, da die
Kläger meldeten, daß sie ihr Vieh bereits zurückerhalten
und sich wegen der Weiber bereits vertragen hätten.
In Manow mußte ich wegen heftigen Fiebers
zwei Tage liegen bleiben, ich schickte meine Herde
voraus. Leider war die Ebene überschwemmt, meine