Expedition des Grafen v. Götzen.
Vom Kivusee, den 18. Juni 1894, schreibt
Graf v. Götzen Folgendes:
„Anfang Mai habe ich den Kagera-Nil über-
schritten, ungefähr da, wo Stanley seinen Beob-
achtungshügele auf der Walbdkartes einzeichnet.
Vom Kagera bin ich dann ziemlich direkt auf die
Virungaberge losmarschirt. Uf#mbiro ist eine Land-
schaft am östlichsten Vulkan, manchmal auch der Berg
selbst. Kisigali wird eine Landschaft am mittelsten
Kegel genannt. Die Wangarnanda bezeichnen die
Bergkegel, von Osten nach Westen gerechnet, folgen-
dermaßen: Ufümbiro, Vihünga, Karisimbi, Navünge
und Kirunga tiha gongo (auf deutsch Opferplatz).
Daß der letzte Berg ein thätiger Vulkan sei, zeigte
mir schon von Weitem starker Feuerschein an. Ehe
wir dorthin gelangten, mußten wir zweimal den
Nyavarongo überschreiten, der ganz sicher der
größte der Quellflüsse des Kagera ist. Er ent-
springt am Ostrande des centralafrikanischen Grabens,
macht einen großen Bogen fast bis zu den Virunga-
vulkanen und vereinigt sich dann mit einem kleineren
Fluß, Akenyarn, der verschiedene seeartige Erweite-
rungen bilden soll. Vom Ostrande des central-
afrikanischen Grabens, der sich oft bis 2800 m auf-
wulstet, herabsteigend, gelangte ich gerade südlich
des Kirunga tsha gongo in die Ebene. Den Berg
habe ich nach dreitägigem Durchhauen durch Wald
erstiegen. Der Rand des Hauptkraters liegt nach
Siedepunktsbestimmungen und vorläufiger Berechuung
nach Regnault und Jordanus Tafeln auf 3420 m.
Der Krater ist wohl das Eigenartigste und Impo-
santeste, was man sehen kann. Man überblickt, am
Kraterrand stehend, eine 1½ km im Durchmesser
betragende Arena mit 300 m tiefen, etwa 50 Grad
abstürzenden Wänden. Unten ist die Bodenfläche
ganz eben, gelbbraun marmorirt, und in derselben
befinden sich, so regelmäßig wie von Menschenhänden
gemauert, zwei Schachte. Aus dem nördlichen, dessen
Durchmesser 100 bis 150 m betragen mag, strömt
röthlich wiederscheinender Dampf, unter donnerähn-
lichem Getöse in unregelmäßigen Zeiträumen. Ich
glaube, wir haben es hier mit einem Lavasee zu
thun.
Am Westrande des Berges muß noch eine andere
Eruptionsstelle, dem Feuerschein nach zu urtheilen,
sein, doch konnte ich bisher durch den dichten Urwald
nicht hingelangen.
Dicht vom Fuße des Kirunga tsha gongo aus
erstreckt sich nach Süden der Kivusee, aus dem der
Rusisi in den Tanganyika gehen soll. Sein Niveau
liegt auf 1500 m. Er wird nicht viel kleiner als
der Albert Edward-See sein; wir lagern an seiner
Nordspitze und haben ganz den Eindruck, am Meer
zu lagern. Trotß klaren Wetters ist vom Süd= und
Westufer nichts zu sehen und eine sehr starke Bran-
dung bricht sich an den Lavafelsen.
Das Westufer ist noch dem Kigere (König) von
575 —
Ruanda unterthan. Daran grenzen die Walegga.
Batwa sind die Elefantenjäger des Kigerc, schön-
gewachsene Leute, durchaus keine Zwerge.
In Ost-Ruanda passirte ich noch einen 60 bis
80 km langen, 2 bis 5 km breiken See, Mohazi
genannt. Ost-Ruanda ist übrigens das bei Weitem
werthvollere, während das im Kongostaat gelegene
West-Ruanda zu sehr Hochgebirgscharakter trägt.
Der Kigere hat sich durch meine kleine Streitmacht
imponiren lassen und ich reise ziemlich ungestört.
Die Nordspitze des Mohazisecs liegt da, wo auf
der im Oktober 1893 erschienenen ethnographischen
Karte Stuhlmanns Kisege steht. Er erstreckt sich
von da nach Südosten. Oso= und Kivusee werden
wohl in einen zusammenfollen."“
Der Reisende erwähnt zum Schluß, daß er die
Flora des Vullaus gesammelt und an einer Stelle
große Graphitlager gefunden zu haben glaube. Bei
der großen Entsernung von der Küste wagt er seine
Routenbücher und geographischen Aufnahmen den
Boten nicht anzuvertrauen und wird sie selbst nach
Europa mitführen.
eber verkebrsmittel in Ostafrika.
Von Dr. Lent.“)
(Schluß.)
II. Lastthierbeförderung.
Diese Art des Transportes, welche hier nur im
Anschluß an andere Verkehrsmittel in Betracht kommt,
hat doch für die Entwickelung der überwiegenden
Theile der Kolonie hervorragende Bedeutung. Sie
sei daher, nachdem ich das bezügliche Material seit
längerer Zeit mit Sorgfalt gesammelt habe, aus-
führlicher behandelt. Ihre Hauptwichtigkeit besteht
darin, daß sie guter Straßen entbehren kann. Eine
amtliche Denkschrift, welche die Entwickelung Deutsch-
Ostafrilas bis zum Jahre 1892 behandelt, beschränkt
sich hinsichtlich der Verkehrswege auf die Bemerkung:
„Für eine Verbesserung oder Anlegung von Wegen
haben bisher Mittel nicht flüssig gemacht werden
können. Hier ist der Zukunft noch eine große Auf-
gabe vorbehalten: vorläufig muß es genügen, wenn
in den größeren Städten für eine Verbesserung der
Straßen wenigslens im gesundheitlichen Interesse ge-
sorgt wird.“
Wir wollen nun der Reihe nach die in Betracht
kommenden Thierarten, ihre allgemeinen Ansprüche,
ihre Leistungsfähigkeit und die Rentabilitätsaussichten
ihrer Verwendung betrachten. Es sind: Elefant,
Kameel, Ochse, Pferd, Esel und Maulthier.
) Der verdienstvolle Verfasser dieses und der vorher,
Lehaldd Aufsätze ist, wie an anderer Stelle dieser Nummer
mitgetheilt wird, leider nebst dem der wissenschaftlichen
Station beigegebenen Arzte Dr. Kretf chner einem Angriff
räuberischer Eingeborener zum Opfer gefallen.