land dem Maulthierbetriebe günstige Verhältnisse dar-
bietet. Es ist eben, trocken und warm; dies sagt
dem Maulthier wie dem Kameel zu. Aber ersteres
ist dem letzteren doch insofern überlegen, als es für
vorübergehende Feuchtigkeit und Kühle weniger
empfindlich ist. Wir haben dahingehende Beobach-
tungen machen können. Der zeitweilig auf der
wissenschaftlichen Station beschäftigte Gärtner Holst
brachte im Oktober 1893 ein kleines graues Maul-
thier mit herauf, welches er im Februar desselben
Jahres in Tanga gekauft hatte. Wenn ich nicht irre,
war das Thier schon 1891 mit der Wissmann=
expedition am Berge gewesen und hatte seitdem im
Küstenlande Verwendung gefunden. Dieses, somit an
tropisches Klima gewöhnt, machte mit Holst dessen
Streifzüge durch Usambara mit, dabei nahezu ein
halbes Jahr in feuchtem und verhältnißmäßig kühlem
Klima ausdauernd. Dann legte es den Marsch durch
die heiße Niederung von Tanga zum Kilimandjaro
zurück und verblieb in dem durchaus gemäßigten
Klima unserer Stationshöhe über vier Monate, ohne
je die geringsten Störungen zu verrathen. Während
dieser Zeit wurde es wegen der schlechten Wegever-
hältnisse am Berge kaum gebraucht. Ich nahm es
einmal mit in die Niederung von Aruscha“tschini
und dort legten wir Märsche von 6 bis 7 Stunden
Wegelänge und infolge wiederholter Aufenthalte von
10stündiger Zeitdauer durch die heißesten Steppen-
gebiete zurück, ohne daß unterwegs eine Gelegenheit
zum Tränken vorhanden gewesen wäre. Ich ritt
das Thier zwar nur stellenweise, bin aber überzeugt,
daß es bei dauernder Belastung ebenso gut aus-
gehalten hätte. Weshalb ich eine östere Benußung
ablehnte, hatte seinen Grund darin, daß es zu lang-
som ging. Es konnte durch Prügel wohl für kurze
Zeit zum Trabe gebracht werden, aber dies geschah
stets widerwillig und widersprach durchaus seinem
Naturell. Dagegen habe ich den Eindruck gewonnen,
daß die Thiere zum Lastentragen sowohl in der
Ebene wie am Berge selbst gerade wegen ihrer
ruhigen Stetigkeit vorzüglich geeignet wären.
Der Umstand, daß beim Küstenverkehr des
Kilimandjaro doch auch die Ersteigung des Letzteren
bis zur Höhe der Kulturzone in Betracht kommt,
wobei es sich immer um eine Differenz zwischen ihr
und dem umliegenden Lande von 400 bis 900 m
handelt, bewog mich, die Verwendung des Maul-
thieres zum Zuge hier nicht weiter zu behandeln.
Es eignet sich als Bespannung ebensowohl wie als
Packthier, und Semler meint sogar, Waarenbeförde-
rung auf Maulthierrücken sollte vermieden werden,
wenn die Möglichkeit des Wagentransportes durch
diese gegeben ist, deun derselbe stelle sich entschieden
billiger, — gleichwohl bestimmt mich die Rücksicht
auf den relativ stark geneigten Berghang, Packthiere
für die Verbindung der oberen Schifffahrtsstation
mit dem Berge vorzuziehen. Terrainschwierigkeiten
sind in der Kilimandjaroniederung nur in ver-
schwindendem Maße vorhanden. Es wird sich im
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nächsten Theile, welcher spezielle Vorschläge bringt,
darum handeln, diese darzulegen und Maßregeln zu ihrer
Ueberwindung bezw. Umgehung an die Hand zu geben.
Hier sei noch einmal, nachdem wir die ver-
schiedenen Methoden der Lastenbeförderung durch
thierische Kraft besprochen haben, auf die Bedeutung
dieser Verkehrsart hingewiesen. Der jehige unfertige
und im Großen und Ganzen unproduktive Zustand
des ostafrikanischen Schutzgebietes läßt der Regierung
kostspielige Maßnahmen zur Hebung des Verkehrs
unthunlich erscheinen. Diesem Umstande, daß man
vor großen Ausgaben zurückschreckt, entgegenzukommen,
ist eben der Zweck dieser Schrift. Da der Ver-
fasser erkannt zu haben glaubt, daß eine wirthschaft-
liche Entwickelung des Kilimandjarogebietes bei den
heutigen Verkehrsverhältnissen ausgeschlossen ist, so
gab er sich Mühe, diejenigen Methoden ausfindig zu
machen, welche ohne große Aufwendungen positive
Verbesserungen bedeuten. Mit geringen Mitteln viel
zu erreichen, war der leitende Grundsaß. Und in
dieser Beziehung verdienen die zuletzt besprochenen
Verkehrsmittel besonderes Interesse, weil ihre An-
wendbarkeit nicht so sehr wie die übrigen von lokalen
Verhältnuissen abhängt und sie daher eine allgemeinere
Bedeutung für die Entwickelung des Schutzgebietes
beanspruchen dürfen. Man lasse sich durch die
wirklich geringfügigen Kosten von ernsteren Versuchen
nicht abschrecken. Wenn — um naheliegende Beispiele
zu benutzen — allein für den Rohbau einer militä-
rischen Binnenstation 60 000 Mark, wenn für den
Transport eines Dampfers nach den großen Seen
viele Hunderttausende ausgegeben werden, so wird
eine ruhige Ueberlegung vielleicht zu dem Resultat
kommen, daß der zehnte Theil dieser Ausgaben, in
dem oben gewünschten Sinne verwendet, sich der Ent-
wickelung des Landes segensreicher erweisen wird.
Der nächste Theil wird zu einer Zusammenfassung
aller dieser Verhältnisse Veranlassung bieten; hier
möge die Wichtigkeit der Lastthiere zu guterletzt durch
ein Beispiel veranschaulicht werden, welches uns die
praktischen Engländer gegeben haben. Auf einer
einzigen Expedition, dem allerdings mit sehr großen
Mitteln ausgerüsteten Zuge nach Abessinien 1867/68,
kamen zur Verwendung:)
44 Elefanten,
5 733 Kameele,
7 071 Ochsen,
3 185 Pferde,
1 651 Ponys,
1 759 Esel,
16 022 Maulthiere.
Diese Zahlen illustriren wohl besser als lange
Auseinandersetzungen den Unterschied zwischen britischem
und deutschem Unternehmungsgeist. Wann wird für
letzteren auch auf kolonialem Gebiete die Stunde
schlagen?
18 r Records of the expedition to Abessynia. London
70.