Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

werden sollen. Der Neigungswinkel der Straße 
wird also stets ein relativ beträchtlicher bleiben, so 
groß, daß das Befahren mit beladenen Fuhrwerken 
bergwärts auf Schwierigkeiten stößt. Viel leichter 
wird die Steigung überwunden, wenn man durch 
Maulthiere, deren Eignung für gebirgiges Terrain 
längst erprobt ist, die Lasten hinauftragen läßt. Da- 
durch wird die Anloge glatter Fahrstraßen, die in 
geneigtem Gelände stets mit großen Kosten verknüpft 
ist, überflüssig; unvollkommenere und weitaus billigere 
Wege werden genügen. Benutzt man also auf der 
durch die Niederung führenden Strecke Wagen, so 
wäre am Bergfuße eventuell ein nochmaliges Umladen 
erforderlich, und das sollte in Rücksicht auf diese 
schon in Korogwe, Buiko und Nonga bestehende 
Nothwendigkeit vermieden werden. 
Andererseits läßt sich nicht leugnen, daß die 
günstigen Vorbedingungen der Kilimandjaroniederung 
für Fuhrwerksbetrieb zu ihrer Ausnuhung auffordern 
und daß andererseits gewisse Sperrgüter sich nur 
schwierig durch Lastthiere befördern lassen. 
Bespannung eventneller Wagen oder Karren würde 
ich auch Maulthiere empfehlen, und befürworte da- 
her, um diese praktisch wichtige Frage nach allen 
Seiten hin klar zu stellen, einen doppelten Versuch 
mit Maulthieren zum Tragen und zum Fahren. Es 
gewinnen solche Fragen durch eine praktische In- 
angriffnahme oft eine ganz andere Gestalt. „Probiren 
geht über Studiren“, sagt eine alte Volksregel, und 
ich selbst — obwohl ein Vertreter der leßteren Rich- 
tung — glaube, daß sich dieser Erfahrungssatz in 
der uns noch ungewohnten Kolonialwirthschaft oft 
bewahrheiten wird. 
Es sind noch einige Worte über die Mauflthiere 
hinzuzufügen. Es ist bekannt, welche Schwierigkeiten 
die Maulthierzucht bereitet. Nicht allein die Aus- 
wahl der Eselhengste und Pferdestuten, die oft nicht 
im selben Lande in geeigneter Qualität zu haben 
sind, ersordert große Sachkenntniß und Aufmerksam- 
keit, sondern die Zucht selbst ist eine der schwierigsten 
der landwirthschaftlichen Thierproduktion. Dazu 
kommt, daß die Maulthiere selbst unfruchtbar sind 
und stets aus ihren Stammelementen neu gebildet 
werden müssen. Es wäre indessen versehlt, sich durch 
diese Hindernisse abschrecken zu lassen, denn was 
andere Völker vollbringen und zu großem eigenen 
Vortheil mit Nachdruck betreiben, können wir hoffent- 
lich auch, vorausgesetzt, daß die allgemeinen Landes- 
verhältnisse hier nicht ungünstiger liegen als dort. 
Gleichwohl läßt die Erwägung, daß es sich zunächst 
nur um einen Versuch hondelt, wieweit überhaupt 
Maulthiere für den angestrebten Zweck geeignet sind, 
den Ankauf von Thieren einer erprobten Nasse räth- 
lich erscheinen. Die englische Regierung kaufte, wie 
früher mitgetheilt, für den Zug nach Abessinien mehr 
als 10 000 Maulthiere neu an; trauen wir uns 
auch nur den hundertstlen Theil ihres Unternehmungs- 
geistes zu und verschaffen uns aus Südafrika, dessen 
Zuchtprodukt das für uns geeignetste sein dürfte, 
Zur- 
  
605 — 
100 Thiere, so ließe sich mit diesen zur Förderung 
unseres Binnenlandverlehrs schon Vieles erreichen. 
Die südafrikanischen Maulthiere stellen sich nach den 
Erfahrungen der Engländer, die für den Sulukrieg 
im Kaplande größere Ankäufe machten, auf durch- 
schnittlich 160 Mark. “) Würden wir für 100 der- 
selben einschließlich Zubehör (Packsättel u. s. w.) 
50 000 Mark ausgeben, so scheint dies auf den ersten 
Blick vielleicht viel; bedenkt man aber, daß wir jetzt 
für Karawanentransporte im ostafrikanischen Binnen- 
lande jedes Jahr mehrere Hunderttausend aufwenden, 
so sollte der Vorschlag einer einmaligen Ausgabe 
von genannier Höhe, die darauf hinzielt, diese Hundert- 
tansende herabzudrücken, keine Bedenken übrig lassen. 
Die Erfahrung lehrt, daß Maulthiere etwa mit dem 
vierten Jahre dienstfähig werden und es bei guter 
Behandlung bis zum 25. ja 30. Jahre bleiben 
können. In Algier, wo Maulthiere im Militär- 
dienst ausgedehnte Verwendung finden, erreichen die 
mittelgroßen Thiere, die sich am besten bewährten, 
häufig ein Dienstalter von 20 Jahren. Das ist sehr 
bemerkenswerth und sollte uns ebenso sehr von Be- 
denken vor dem Anlagekapital fernhalten wie zu 
einer rationellen Durchführung des Versuches an- 
spornen. 
Es scheint troß der früher mitgetheilten Erfah- 
rungen nicht räthlich, die Maulthiere am Kilimandjaro 
zu stationiren, da ihnen das hiesige Klima während 
eines großen Theiles des Jahres zu feucht sein 
dürste. Schon in Rücksicht auf den direkten An- 
schlußverkehr an die Panganischisse empfiehlt es sich, 
in Nonga eime Maulthierstation anzulegen, für deren 
Futterbedarf entweder an Ort und Stelle oder, falls 
das Land zu dürr ist, in dem benachbarten Kultur- 
land von Aruscha gesorgt werden kann. Es wären 
aber stets einige Thiere in Rau zu belassen, viel- 
leicht auch in Kahe, um bei irgend welchen Unregel- 
mäßigkeiten nicht in Verlegenheit zu gerathen. In 
Kahe müßte in ähnlicher Weise, wie es oben aus 
Südamerika geschildert wurde, für die passirenden 
Karawanen ein Unterkommen geschaffen werden. Die 
Bewohner dieser Oase sind zum Futterbau anzuhalten. 
Das Vorstlehende zusammenfassend, folge hier um- 
siehende Tabelle. 
Um einen Anhalt dafür zu bieten, in welcher 
Zeitfolge sich die Küstentouren bewerkstelligen lassen, 
dient der nachstehende Entwurf eines Fahrplaus. 
Seine Ausstellung verursachte deswegen viel Kopf- 
zerbrechen, weil von allen Beförderungsmitteln nur 
ein einziger Train vorausgesetzt wurde, d. h. nur 
ein Wagenzug, ein Schiffszug u. s. w. Eine ein- 
fache Hinreise zum Kilimandjaro dauert 12, eine 
Rückreise 11, zusammen 23 Tage. Gleichwohl wurde 
  
*) Die nordamerikanisch gen. sind Fallehing billiger; der 
dortige Durchschnittspreis eträgt n mler 350 Mark. 
Wenn die Engländer ihrer *8 in u140i r mehr als das 
Doppelte bezahlten, so waren sie eben einer Yankee-Spe- 
kulation in die Hände gefallen.
	        
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