Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

würde dadurch vor dem Versiegen errettet werden. 
Kleinere Quellen, kleinere Teiche ohne Baumschatten 
zu halten, ist in den Tropen, wenn die Verhältnisse 
nicht besonders günstig liegen, wegen der ungeheueren 
Verdunstung einfach undenkbar. Aus kleinen Quellen 
aber setzen sich Bäche und Flüsse zusammen. 
Wir haben in Ostafrika, wie wir vorher sahen, 
ein Land übernommen, in dem die Wälder verwüstet 
waren, und deshalb ist es um so mehr nöthig, das 
noch Vorhandene zu erhalten und nach besten Kräften 
zu bewahren. Eigentliche Urwälder, aus denen wir 
schöpfen können, besitzen wir, abgesehen vielleicht vom 
Kilimandjaro, überhaupt nicht. Die Waldungen im 
Handeigebirge sind zum größten Theil, wie bereits 
oben angeführt, Ansamungen auf verlassenem Kultur- 
boden; nur an sehr wenig Orten kann hier von Ur- 
wald die Rede sein. Allerdings ist der Boden noch 
so kräftig gewesen, daß er in kurzer Zeit wieder 
zurückerobert werden konnte. Dazu kommt, daß 
überall Ueberhälter als Schattenbäume slehen geblieben 
waren, so daß sofort eine Ansamung stattfinden konnte. 
Leider sind unsere weißen Pflanzer hier nicht 
immer den Negern gefolgt. Sehr oft wurden große 
Komplexe kahl abgeholzt; Stämme, die sehr schön 
als Schattenbäume dienen konnten, mit eingeschlossen. 
Es liegt dies mit an der Art und Weise des Holz- 
fällens, die noch vielfach angewandt wird. Mehrere 
Stämme werden angeschlagen mit einer Falllerbe, 
welche fast vier Fünstel des Stammes umfaßt. Dann 
fällt man an geeigneter Stelle einige Bäume, welche 
die ersteren mit herunterreißen. Hierbei ist es denn 
natürlich hinderlich, wenn Stämme als Schattenbäume 
stehen bleiben. Daß bei dieser Fällungsart, ab- 
gesehen von den vielen dadurch verursachten Unglücks- 
fällen, von einer Aufarbeitung des Holzes keine Rede 
sein kann, ist selbstverständlich. Wenn Privatpersonen 
derartig wirthschaften, ist es erklärlich, sie müssen, 
durch ihre Mittel gezwungen, möglichst schnell, mög- 
lichst viel kultiviren. Doch größere Gesellschaften, 
die den Zweck verfolgen, ein Land dauernd zu kul- 
tiviren, dürften dies nicht thun. Die Nückschläge 
werden sich nur zu bald zeigen. Wir schöpfen hier 
nicht aus dem Vollen, wie andere Länder, sondern 
greifen unsere letzten Beslände an. Die Anpflanzung 
der Schattenbäume verursacht später Schwierigkeiten. 
Jedenfalls sind sie oft bei Anlage der Pflanzung, 
wo z. B. der Kaffee und die Vanille den meisten 
Schatten verlangen, noch nicht im Stande, diesen zu 
gewähren. Beispielsweise haben die Kaffeeplantagen 
in Derema und Nguelo unter dem Mangel an 
Schattenbäumen zu leiden. Hier hat die weitgehende 
Entwaldung, welche selbst steilere Abhänge nicht ver- 
schont, außer der Windbruchgefahr für die Pflanzen 
den Nachtheil, daß sie die oberen Bodenschichten zu 
rasch austrocknet. 
Hätte man wirklich alten Urwald vor sich, so 
würde eine hinreichende Humusschicht dies verhindern. 
Ich habe durchschnittlich nur 2 bis 5 cm Humus 
gefunden. Jetzt, wo die herumliegenden, an Quellen 
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und Feuchtigkeit reichen Waldkomplexe noch vorhanden 
sind, hat dies nicht viel zu sagen, wohl aber später, 
wenn diese fallen. Auch für die Gefahr der Laub- 
krankheit ist dies zu beachten. Die Pilzgefahr wächst 
nicht nur mit den größeren zusammenhängenden be- 
bauten Flächen, sondern auch mit der plötzlichen Ent- 
wässerung des Bodens, das sehen wir überall. 
In Derema war schon der Grundsatz befolgt, 
den Kaffee mehr in getrennten Kämpen anzubauen 
und dazwischen steile Hänge und Kuppen bewaldet 
zu lassen. In Buloa hatte man auch Schutzbäume 
stehen lassen, aber in Nguelo und in der neuen 
Plantage in Mlaesa ist leider davon abgesehen. Die 
Plantagen machten, abgesehen von diesen und einzelnen 
anderen Sachen, die hier zu beschreiben zu weit 
führen würde, im Frühjahr dieses Jahres einen sehr 
guten Eindruck, und es ist deshalb nur zu wünschen, 
daß man obengenannte Dinge wieder mehr in den 
Vordergrund stellt. Gerade weil ich nach den von 
mir gemachten Beobachtungen und Bodenuntersuchungen 
glaube, daß im Usambaragebirge sowohl wie im 
Bondeilande und an vielen anderen Stellen der 
Ebene, der Gebirge und der Küstenländer Plantagen- 
bau vortheilhaft getrieben werden kann, muß ich 
immer wieder darauf zurückkommen: Erhaltung und 
Pflege des Waldes zu fordern. Geschieht dies nicht, 
werden die Plätze der Plantagen nicht mit Rücksicht 
auf die Lage, sondern nur nach dem Boden aus- 
gesucht, werden die sleilen Klippen, Hänge und 
Quellenthäler entwaldet, dann wird der Wald in 
kurzer Frist verwüstet sein. Die Plantagen haben 
darunter am schwersten zu leiden, denn mit dem 
Wald schwindet die Feuchtigkeit, die Quellen und die 
Fruchtbarkeit, Windbruch und Pilzgefahr nehmen zu. 
Man kröste sich nicht damit, daß der arabische Kaffee 
nur wenig Feuchtigkeit gebraucht. Dies ist wohl der 
Fall, wo große Luftfeuchtigkeit vorhanden. Die Orte, 
wo der arabische Kaffee im Handeigebirge angebaut 
wird, sind nicht immer den Meereswinden ausgeseht, 
und man kann schon jetzt an den entwaldeten Stellen 
eine geringere Luftfeuchtigkeit wahrnehmen. Ich bin 
sogar von dem Vorsteher der Plantage in Buloa 
selbst darauf aufmerksam gemacht worden. Es wäre 
dringend zu wünschen, daß die Plantagen in den 
Waldbeständen an geeigneten, unter fachmännischer, 
das ist forstmännischer Leitung ausgesuchten Plätzen 
angelegt werden, daß überhaupt für die ganze Be- 
siedelung nach einheitlichem Plane, der auf die Er- 
haltung des Waldes auch als Schutzwald Bedacht 
nimmt, vorgegangen wird. 
Die letzten Reste der Waldinseln, in der Nähe der 
Küste durch die Holzwerbung der Neger und das 
Wildbrennen täglich vermindert, werden ebenfalls in 
kürzester Frist ganz verschwinden, besonders aber die 
Nuhholzarten in denselben. Die NuStzholzgewinnung 
der Neger übersteigt Alles. Um ein Brett von 30 cm 
Breite und 5 cm Stärke zu erhalten, wird ein ent- 
sprechender Nußholzstamm gefällt. Mit der Axt, die 
Säge fehlt, bearbeitet man den Stamm von zwei
	        
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