von Dar-es-Saläm gelegenen Inseln Bongoyo,
Mbudya und Fungu-Vasin bildeten die natürliche
Basis für die äußeren Dreieckspunkte, während für
die Linie der inneren Dreieckspunkte an der Küste
bezw. auf dem dicht hinter derselben aufsteigenden
Höhenzuge sich geeignete Plätze finden ließen. Hin-
gegen war die Aufstellung und gegenseitige Sichtbar-
machung der Triangulationsbaken mit erheblichen
Schwierigkeiten verknüpft. An dem Strande nördlich
von Dar-es-Saläm, der aus 8 m hohen, steil ab-
fallenden Korallenklippen besteht, war während des
Südwestmonsuns überhaupt nicht zu landen. Es
mußten daher die Bakenmaterialien über Land nach
dem beabsichtigten Punkte transportirt werden, zu
welchem Zwecke vorher erst ein Weg mit Buschmesser
und Axt durch den dichten Busch zu bahnen war.
Behufs Sichtbarmachung der einzelnen Baken
untereinander erwies sich mehrfach das Schlagen von
Durchhauen für nothwendig, ein mühseliges Geschäft,
das in einem Falle — es handelte sich um den
Durchhau auf der Insel Bongoyo — mehrere Tage
beanspruchte.
Unter diesen Umständen schritt die Triangulations-=
arbeit nur langsam vorwärts, wurde zeitweise zwecks
Ausführung militärischer Aufgaben des Kreuzerdienstes
unterbrochen und war, als Verfasser im Jannar 1892
an Bord kam, erst bis Mbudya, also etwa bis zur
Hälfte des Weges nach Bagamoyo gediehen.
Ende Januar 1892 trat S. M. S. „Möwe“ zur
Erholung und zu Reparaturzwecken eine Reise nach
Bombay an. Nach der Rückkehr von dort wurden
Ende April die Vermessungsarbeiten wieder auf-
genommen. Mit dem Aufhören der Inseln wurde
der weitere Ausbau des Triangulationsnetzes schwie-
riger. Die äußere Linie der Dreieckspunkte mußte
nunmehr an den Strand, die innere auf den etwa
zwei Stunden landeinwärts gelegenen Höhenzug ver-
legt werden, und es ergab sich die Nothwendigkeit,
zur Aufstellung der Binnenlandsbaken und zur Win-
kelmessung von dort aus größere, auf längere Zeit
detachirte Expeditionen zu entsenden.
Immerhin wurde die Triangulation Ende Juni
1892 bis zur Kinganimündung mit gutem Erfolge
durchgeführt. Die auf diese Weise festgelegten Fix-
punkte ergaben hinsichtlich der Gestalt der Küsten-
konturen nur geringe Abweichungen von der englischen
Karte. Es sollte nunmehr mit der Einzelaufnahme
dieser Küstenstrecke begonnen werden. Bevor dieselbe
jedoch in Angriff genommen worden war, wurde
vom Reichs-Marine-Amt angeordnet, daß zunächst
eine Vermessung der bisher noch unvermessenen Küsten-
strecken im nördlichen Theile des deutschen Schutz-
gebietes ausgeführt werden solle, und zwar ohne
Zugrundelegung einer Triangulirung mittelst einer
sortlaufenden Dreieckskette.
Hierbei kam in erster Linie in Betracht die Küste
von Usambara, und zwar nördlich von Tanga bis
zur englischen Grenze und südlich dieses Hafens bis
Pangani. Es wurde zunächst der nördliche Theil
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dieses Küstenstriches, von der Insel Kwale bis zur
englischen Grenze, welcher auf der englischen Seekarte
nur punktirt und mit dem Vermerk „ganz unbekannt“
angegeben war, in Angriff genommen. Derselbe be-
stand im Wesentlichen aus zwei großen Buchten, der
Moabucht und der Mansabucht, und einer dazwischen
liegenden, etwa 8 Sm. langen Halbinsel, Gomani
genannt. Das Schiff ging Anfang August zunächst
nach der Moabucht, um von hier aus die Vermessung
zu beginnen.
Ein Anschlußpunkt an die englische Karte fand
sich in dem Kap Kungunganda, auf welchem außer-
dem Breitenbestimmungen mit dem großen Universal-
instrument vorgenommen wurden. Lettere ergaben
eine Differenz von etwa 157 gegen die Breite der
englischen Karte. Am südlichen Ufer der Bucht
wurde auf dem bei Niedrigwasser trocken fallenden
Korallenriff eine Basis von etwa 1000 m Länge mit
dem gewöhnlichen Stahlmeßband gemessen und sodann
eine Reihe von Punkten an den Ufern der Bucht
durch Kleintriangulation festgelegt. Die Winkelmessung
stieß hierbei, da die Bucht durchgängig von dichten
Mangrovesümpfen umgeben war, auf nicht uner-
hebliche Schwierigkeiten. Man konnte nur bei Nie-
drigwasser arbeiten, und auch dann war der Gebrauch
von festen Instrumenten, Theodoliten u. s. w. wegen
des sumpfigen Bodens häufig ausgeschlossen. Es
wurden in diesen Fällen die Dreieckswinkel mit sorg-
fältig verbesserten Sextanten gemessen und durch
häufige Wiederholungen der Messungen eine aus-
reichende Genauigkeit erzielt.
Die Aufnahme der Landkonturen geschah hier
wie auch später, wo dies möglich war, in der Weise,
daß ein bezw. mehrere Boote bei Hochwasser an der
Strandlinie entlang fuhren und auf alle hundert
Meter, sowie an besonders bemerkbaren Punlten
ihren Ort durch Winkelmessung nach den auf der
anderen Seite der Bucht sichtbaren, durch Triangu-
lation festgelegten Objelkten bestimmten.
Neben der Bestimmung der Strandkonturen wurde
eine ungefähre Topographie des Küstenstrichs bis
ekwa 2 Sm. landeinwärts ausgeführt. Es handelte
sich hierbei im Wesentlichen um die Festlegung der
zahlreichen, bei Beschaffung von Lebensmitteln in
Frage kommenden Dörfer.
Die Lothungen wurden ohne besondere Schwierig-
leit nach dem Pothenotschen Prinzip ausgeführt.
Bei Aufstellung von Pegeln kamen die an Bord
vorhandenen Wattbohrer sehr zu statten.
Nach beendigter Aufnahme der Moabucht wurde
die Mansabucht in analoger Weise vermessen. Dieser
früher gänzlich unbekannte, nur von einem Europäer,
dem Afrikareisenden Banmann, besuchte Meerestheil
ist entschieden als einer der besten Häfen des Schutz=
gebietes zu betrachten. Er hat stilles Wasser, eine
absolut ungefährliche, keinerlei Seezeichen benöthigende
Einfahrt und ungefähr den vierfachen Platz für tief-
gehende Schiffe wie Dar-es-Saläm. S. M. Kreuzer