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unmittelbar an. Wenn man heute die paar Jahre
kolonialer Entwickelung überfliegt, welche wir hinter
uns haben, so wird man nicht leugnen können, daß
oft Privatwünsche von der Regierung nicht haben
erfüllt werden können. Wenn, wie es hier der Fall
war, auf Grund sachlichster Erörterungen bestimmte
Aufgaben sormulirt werden konnten, deren Erfüllung
der kulturellen Entwickelung des Landes wichtige
Dienste leistet, so ist zu hoffen, daß sich Ver-
waltung und Privatinteressen hier begegnen. Man
darf auf beiden Seiten das Bestreben voraussetzen,
die koloniale Sache zu fördern und die Beiträge,
welche dazu geliefert werden, auch wenn sie von der
anderen Seite kommen, anzuerkennen. Darüber
muß man sich doch von vornherein klar sein, daß
beide Fakloren, Staat und Privatinitiative, aufein-
ander angewiesen sind, daß keiner auf die Dauer für
sich Politik machen kann. Wieweit derartige Fragen
wie die hier angeregte sich dazu eignen, die absolut
nothwendige Annäherung zu fördern, muß ich einer
beiderseitigen nachsichtsvollen Kritik überlassen. Mein
Standpunkt formulirt sich in dem Wunsche, daß die
Privatthätigkeit in Fällen, die ihr schwierig erscheinen,
sich vertrauensvoll an die Regierung wende, und
daß diese solche Gelegenheiten verwerkhe, um ihren
Kredit zu mehren.
Um unserer Sache wieder näher zu kommen, so
ist es für die kuliurelle Hebung des Landes un-
zweifelhast wichtig, daß auf dem Gebiete des Binnen-
verkehrs einmal ein bestimmter Versuch gemacht
werde. Unser Fall scheint mir dazu besonders ge-
eignet, weil er in verhälktnißmäßig engem Nahmen
mit einer Mannigfaltigkeit von Faktoren zu rechnen
hat, deren praktische Untersuchung ebenso anregend
wie lehrreich ist. Kolonialwirthschaft kann nicht zu
Hause auf Akademien studirt werden; dort können
wir Erfahrungssätze auswendig lernen, die Andere
entwickelt haben, aber ihre Verwerthung erfordert
doch erst einen praktischen Kursus, für den sich nur
draußen Gelegenheit bietet. Es ist ein Ding der
Unmöglichkeit, ohne Weiteres Theorien auf die Praxis
zu übertragen, derart daß man gleich an den Aus-
bau eines weitläufigen Systems gehen könnte. Es
ist schon so manches Kolonialprogramm aufgestellt
worden, eines wechselt das andere ab, und doch
sieht man keinen merklichen Fortschritt. Das ist eben
der Beweis dafür, daß uns die praltische Schule
abgeht, ohne welche alle Rentabililälsrechnungen
Phantasiegebilde bleiben. Diese Schule müssen wir
erst durchmachen, durch Schaden müssen wir erst
klug werden, ehe wir ein Programm entwerfen
können, welches Aussicht auf Bestand hat. Aber
wir vermögen diese Lehrzeit, ohne die es einmal
nicht geht, dadurch zu beschleunigen, daß wir die
Augen nach allen Seiten hin öffnen, die bewährten
Vorbilder anderer Nationen anerkennen und deren
Erfahrungen verwerthen; indem wir ferner technisch
von vornherein mit den vollkommensten Hülssmitteln
arbeiten, die uns unsere Zelt an die Hand giebt.
Dadurch können wir die Entwickelung abkürzen,
welche andere Kolonialstaaten im langen Lauf der
Zeiten durchgemacht haben, um ihre heutige Blüthe
zu erringen. Der verhängnißvollste Fehler, welcher
bei dem derzeitig intensiven Wettbewerb der Nationen
gemacht werden kann, ist zweifelsohne der, daß man
blind für die Erfahrungen Anderer den ganzen Ent-
wickelungsgang mit allen Verstößen noch einmal
wiederholen will, den unsere Konkurrenten längst
abgeschlossen haben. Ist man, wie wir auf kolonialem
Gebiete, einmal im Räückstande, so giebt nur eine
zielbewußte Sammlung aller Kräfte die Möglichkeit,
beizukommen!
Man suche aus der Fülle der Aufgaben und
Fragen, die uns der überseeische Besitz bielet, be-
stimmte heraus und schrecke nicht vor kleinen Aus-
gaben zurück, um daran Erfahrungen zu sammeln,
die uns vor Mißgriffen im Großen schüten werden.
Im Einzelding die Bedeutung zu erkennen, welche
es für die Allgemeinheit besitzt, sollte der leitende
Grundsaß aller derartigen Versuche sein.
Deutsch-HSüdwelkafrika.
von den BSondelzwarts.
Der Oberkapitän des Hottentottenstammes der
Bondelzwarts Willem Christian hat in einem an
den Major Leutwein gerichteten Schreiben vom
26. April d. Is. gelegentlich der Danksagung für
die ihm ausgesetzte Jahressubvention von 2000 Mark
seiner loyalen Gesinnung Ausdruck gegeben, indem
er bittet, Seiner Majestät dem deutschen Kaiser seine
achtungsvolle Ehrerbietung versichern zu dürfen. Des
Weiteren betont er seinen festen Entschluß, in der
Zukunft, ebenso wie er es bisher gethau, den Be-
dingungen seines Vertrages mit der deutschen Re-
gierung gewissenhaft nachzukommen. Es werde
immer sein ernstes Bestreben sein, „sein Volk mit
der civilisirten Herrschaft zu versöhnen und das
Gedeihen des südwestafrikanischen Protektorates zu
befördern“.
Zum Schlusse erwähnt Willem Christian, daß
die auf Uhabis zur Verhütung des Munitions-
schmuggels und somit zur Beförderung des Friedens
stationirten Mannschaften der Schutztruppe seines
lebhaften Beistandes gewiß sein dürften.
Frachtmengen der nach Deutsch-Lüdwestafrika in den
Jahren 1895/94 von Damburg abgegangenen Dampfer.
Die von der deutschen Kolonialgesellschaft in den
Jahren 1893 und 1894 direkt nach Deutsch-Süd-
westafrika gesandten Dampfer haben folgende Ladungen
nach dorthin mitgenommen: