Am 1. Dezember lagerte ich bei Viranzi. Kurz
nachdem ich am 2. Dezember das von den Mafiti
vollständig zerstörte Dorf Behobeho passirt hatte,
traf die Spitze auf eine Mafitiabtheilung von 10
bis 15 Mann im Kriegsschmuck; nach einigen Schüssen
flohen dieselben in Südostrichtung, nachdem sie ihre
Schilde, Speere und Lebensmittel weggeworfen hatten.
Ich lagerte am Tschogawale, an demselben Platz, an
dem Ew. Excellenz auch gelagert haben; gegen
Abend kam Lientenant Bennecke, der auf die Jagd
gegangen war, mit der Meldung zurück, daß er vier
frische breite Mafitiwege gefunden habe, auf denen
vor wenigen Stunden mehrere Hundert Mafsiti ge-
gangen waren. Ich überzeugte mich sofort von der
Richtigkeit, und die mich begleitenden Masiti aus
Kisaki schätzten nach der Breite der frisch getretenen
Wege die Zahl der Mafiti auf mindestens 500 bis
600 Mann und sagten, „das wäre ein großer Krieg“.
Die Mafiti waren auf ihrer alten großen Straße
von Dekera gekommen, dann zerstreut über den Weg
Behobeho — Kungulio gegangen, um keine Spur zu
hinterlassen, und hatten sich dann südlich von diesem
Wege wieder gesammelt. Zehn Minnten von meinem
Lager führten die Spuren vorbei und Alles deutete
darauf hin, daß die Mafiti Usaramo, wahrscheinlich
Kisagese und Kasangira oder die Kinganidörfer über-
fallen wollten. Ich beschloß deshalb, die Mafiti zu
verfolgen, selbst auf die Gefahr hin, nicht rechtzeitig
zu dem befohlenen Termin am Rufidji eintreffen zu
können, da ich annahm, daß diese Mafitimassen, wenn
ungehindert, ganz Usaramo verwüstet und sehr viele
Leute geraubt hätten. Da die Mafiti, wenn sie
ungestört sind, nie große Märsche zu machen pflegen,
und ich bei einer Verfolgung in der Nacht ohne
Mond leicht hätte die Spur verlieren können, ent-
schloß ich mich, die Verfolgung am nächsten Morgen
aufzunehmen.
Am 3. Dezember früh um 5 Uhr schickte ich den
Unteroffizier Hoffmann mit 22 Mann und allen
Lasten nach Kungulio — 5 Stunden entfernt —,
während ich selbst mit Lieutenant Bennecke und
36 Mann — 1 Eßlast, 1 Kochlast — die Verfol-
gung der Mafiti begann.
Die Marschordnung war:
. Spihe: 1 Ombascha, 9 Mann,
.Kompaguieführer Ramsay,
. Lieutenant Bennecke,
4 Boys,
22 Mann,
4 Träger,
.1 Ombascha, 3 Mann.
Um 9 Uhr kam ich an dem ersten Masitilager
am Mhatzesee an; die Größe des eben verlassenen
Lagers ließ einen weiteren Zweifel über die Stärke
der Mafiti nicht mehr zu.
In diesem Mhatzesee pflegen Wasaramo und
Rufidjileute zu fischen und es war den Mafiti offen-
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fallen und viele Leute zu fangen, was ich aus den
herumliegenden kolossalen Fischmengen und aus den
vielen Pflöcken, an die die Masiti ihre Gefangenen
anzubinden pflegen, schließen mußte. Nach kurzer
Rast marschirte ich weiter, kam um 10 Uhr 30 Min.
an dem Nordende des schönen großen Nserekerasees
an und um 11 Uhr stieß ich auf das besebte große
Mafitilager am Nordostufer des Sees. Die Mafiti
hatten meinen Anmarsch durch einen auf einem hohen
Baume postirten Mann beobachten lassen und hatten
vor ihrem Lager im vollen Kriegsschmuck Aufstellung
genommen. Dicht vor ihrer Front befand sich ein
10 Meter breiter, sehr schlammiger Graben mit un-
gefähr 1 Meter Wasserstand; hinter diesem Graben
wimmelte es im hohen Grase von Mafiti.
Die Abtheilung marschirte kurz vor diesem Graben
rechts und links auf, bis auf 1 Ombascha und 3 Mann,
die zur Bedeckung der Reitthiere und Träger einige
Schritte zurückblieben. Nach einigen Salven wurde
der Graben mit großer Mühe angesichts des Feindes
durchwatet, wobei wir bis zum Leib im Sumpf ver-
sanken, und der nummehr langsam nach Nordost
zurückweichende Feind verfolgt; der Beobachtungs-
posten war inzwischen von dem Baume herunter-
geschossen worden.
Als die Mafiti eine etwa 10 bis 15 Minuten
entfernte große baumlose, zunächst mit hohem Grase
bestandene, dann ganz freie Ebene erreicht hatten,
versammelten sie sich in mehreren Abtheilungen zum
Widerstand. Um bei der Ausdehnung der Schüßen-
linie die Feuerdisziplin besser aufrecht erhalten zu
können, theilte ich meine Abtheilung; Lieutenant
Bennecke kommandirte den linken, ich den rechten
Flügel. Als wir eine offenbar mit Verlusten langsam
zurückweichende Abtheilung verfolgten und sie mit
„Marsch, Marsch, Hurrah“ zu schleuniger Flucht ge-
zwungen hatten, sahen wir uns plötzlich im Rücken
und in der rechten Flanke von zahlreichen Mafiti
angegriffen, die bis dahin im hohen Grase gelegen
hatten und nicht herauskamen, obwohl ein großer
Theil der von uns angesteckten Grasebene schon in
hellen Flammen stand. Die Abtheilung machte
„Kehrt“; die Mafiti kamen in geordneter Reihe unter
großem Geschrei und Pfeifen, Kriegstänze aufführend
und ihre Wassen, Speere und Beile, gegen uns
schütlelnd, auf uns los und kamen trotz vieler Salven
und trotz ihrer Verluste bis auf ekwa 80 Schritt
heran; nach jeder Salve duckten sich sämmtliche
Mafiti, sprangen aber gleich wieder auf. Um Mu-
nition zu sparen, gingen wir nun mit „Marsch,
Marsch, Hurrah" nach vorhergegangenem kurzen
Schnellfeuer auf die Mafiti, die ich inzwischen an
ihrem Kriegsgeschrei und ihrer Kampfesweise als
Lihuhn (Sulu) erkannt hatte, los, da nach meiner
Erfahrung Eingeborene, die noch selten oder gar nicht
gegen Feuerwassen gekämpft haben, immer vor einem
energischen Bajonektangriff zurückweichen. Dasselbe
war auch hier der Fall; die Lihuhn, denen inzwischen
bar gelungen, hier ein solches Fischerlager zu über= der Grasbrand sehr nahe gekommen war, wandten