zu errichten, so würde ich diesen Platz am Flusse
sehr geeignet hierfür halten, denn die Erhöhungen am
rechten Mbamufer beherrschen die Gegend weithin,
und vor Allem dürste der Platz dadurch viel ge-
sünder sein, daß jeglicher Sumpf fehlt. Der einzige
Nachtheil, welcher dabei in Kauf genommen werden
müßte, ist der, daß die Station etwas weit ab vom
Hauptorte liegt. Doch ist eben diese Gegend die
fruchtbarste des ganzen Balingalandes. Der Ueber-
gang erfolgte auf 4 Kanus ungewöhnlich rasch, und
seßte ich hierauf meinen Marsch nach Süden fort. Der
Weg führte uns durch leicht gewelltes Parkland von
enormem Wildreichthum, doch ohne Spur irgend
welcher Ansiedelung. Wir erreichten den Sannaga
gegen 1 Uhr bedeutend unterhalb der Ramsayschen
Uebergangsstelle, da die Balingas mit den an der
Fähre wohnenden Eingeborenen in Krieg lebten und
deshalb unsere Führer nicht dahin gehen wollten.
Doch war es uns hier nicht möglich, Kanus zu er-
halten, und mußten wir am nächsten Morgen trotz-
dem trachten, die alte Fähre zu erreichen.
Auf dem Wege dahin erreichten uns drei Boten
des Ngilahäuptlings, deren Führer Cornelius
wohlbekannt war, da er f. 3. mit Morgen in
Kamerun gewesen und ihnen später in Ngila als
Dolmetscher gedient hatte. Sie brachten uns den
Willkommgruß von Ngilas Nachfolger Lionn. Er
und der Wataréhäuptling ließen mir ihr Bedauern
ausdrücken, daß ich auf dem direkten Weg nach
Watarc Unannehmlichkeiten gehabt hätte. Sie selbst
lägen im Kriegslager nördlich des Ndshim und
hätten meinen Anmarsch leider zu spät erfahren;
inzwischen hätten Barrongoleute, welche sich in Wa-
taré befanden, die dortigen Wachen aufgehetßt, sich
mir entgegenzustellen. Beide ließen mir danken, daß
ich wegen dieses Mißverständnisses keinen Krieg an-
gefangen hätte, sie selbst hätten ein streuges Gericht
gehalten und den Barrongo, welcher auf mich ge-
schossen, sogleich köpfen lassen. Zugleich verbanden
sie damit die Bitte, sie möglichst rasch zu besuchen. Ich
trennte mich nun von Baermann, welchen ich jeßzt
rückenfrei wußle, und marschirte mit den Abgesandten
Ngilas gegen Watarc weiter. Zahlreiche Farmen
passirend, erreichten wir um Mittag Mbussa-Watarc,
eine größere Ortschaft, woselbst sich die Wege nach
Ngila und Watarc trennen. Die Einwohner, dem
Wutéstamm angehörig, empfingen mich sehr zuvor-
lommend. Zu gleicher Zeit waren wieder Boten
Lionus angekommen, welche mich bewegen sollten,
ihn im Kriegslager aufzusuchen. Dies zu thun, lag
nun absolut nicht in meiner Absicht. Ich wußte
ganz genau, daß es dem Heäuptling nicht so sehr
darum zu thun war, meinen Besuch im Kriegslager
zu erhalten, sondern er hofste, daß er mich dort
eher seinem Wunsche, ihn bei seinen Kriegs= resp.
Naubzuge zu unterstützen, gesügiger machen werde.
Ich sandte deshalb Cornelius mit einigen Boten
zu ihm und ließ ihm sagen, ich könne seinem Wunsche
nicht willfahren, da ich dadurch zu sehr von meiner
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eigentlichen Marschronte abgezogen würde, doch wäre
es mir ein großes Vergnügen, ihn recht bald in
seiner Hauptstadt begrüßen zu können. Wir selbst
gelangten am nächsten Tage nach lurzem Marsch
nach Watarc, einem Dorf mit etwa 3000 Ein-
wohnern, der Residenz des ersten Unterhäuptlings des
Ngilafürsten. Der Häuptling selbst war als oberster
Befehlshaber der Truppen Lionns im Kriegslager.
Doch wurden wir in seinem Namen vom Dorf-
ältesten herzlich willkommen geheißen und uns als Gast-
geschenk vier schöne Schafe und ein Korb mit
Hühnern überreicht. Watarc selbst ist ein überaus
sauber gebauter Ort. Die Häuser, fast durchgängig
rund, sind aus Lehm aufsgeführt und haben svitze
Dächer, lediglich die Hütte des Häuptlings ist im.
Rechteck gebaut, eine Eigenthümlichkeit, welche mir
später wieder in Tikar auffiel, woselbst ebenfalls
nur die Häuser an den Königsplätzen viereckig
waren. Das Dorf liegt auf einer flachen, rings von
Busch umgebenen Kuppe am Südwestsuße des Watarê-
berges, dessen charakteristische Form weithin als
Orientirungspunkt dient.
Die Einwohner sind reine Wutés.
Ueber diesen Volksstamm wurde bereits von
Hauptmann Morgen ausführlich berichtet, und möchte
ich nur meine Erfahrungen kurz anfügen. Vor
Allem kann ich die Wutés nicht als einen Stamm
ansehen, sondern halte sie für ein Gemisch der hier
aneinander grenzenden Sudan= und Bantuneger.
Während sie im Aussehen mehr den LetßOteren ähnlich
sind, stehen sie in ihren Lebensgewohnheiten den
Ersteren bei Weitem näher. Von einer ausge-
sprochenen Religion ist bei ihnen ebensowenig die
Rede wie bei den übrigen Bantustämmen Kameruns.
Durch die stete Berührung mit den Haussahändlern
haben sich die Vornehmen deren Kleidung beigelegt,
und mag wohl auch Einer oder der Andere die mit
Koransprüchen versehenen Amulette tragen und mit
dem Namen „Allah“ kokettiren, doch giebt es weder
Betplätze noch Priester. Obgleich Niemand, selbst
nicht die kleinsten Kinder, ganz nackt gehl, sah ich
doch nicht übermäßig viel Zeug. Die Meisten trugen
Rindenstoff, nur bei besonders festlichen Gelegen-
heiten hatten die Vornehmen Haussatoben an, wäh-
rend für gewöhnlich Alle, selbst Lionn, nur im
Hüfttuche gingen. Dem Oberhäuptling Agute sind
sämmtliche andere Wut sürsten, von welchen wieder
der von Ngila der Mächtigste ist, unterthan. Das
ganze Land ist dem Lamido von Tibati tributär,
welcher alljährlich durch seine Abgesandten den
Tribut an Elfenbein und Sklaven erheben läßt.
Unerklärlich erscheint es fast, daß es den muhamme-
danischen Eindringlingen möglich war, einen so
starken, kriegerischen und reichen Stamm so schnell
unter ihre Botmäßigkeit zu zwingen, und beweist dies
eben nur wieder die kolossale moralische Ueberlegen-
heit der einheitlich energisch geleiteten Fullahs gegen-
über den in sich zerfahrenen und unter sich stets
verfeindeten Heidenstämmen. Würden die Wutés