Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Der vorstehende Vertrag wurde in Gegenwart 
der Mitunterzeichneten vorgelesen, in die Herero- 
sprache durch den Dolmetscher übersetzt, genehmigt 
und unterschrieben. 
Okahandya, den 6. Dezember 1894. 
gez. Leutwein, gez. Samuel Maharero, 
Kaiserlicher Landes- Oberhäuptling. 
hauptmann und Major. 
Als Zeugen: 
gez. v. Lindequist, gez. Assa Riarna. 
Negierungsassessor. 
gez. Lud. Kleinschmidt, gez. Joh. Omuporuna. 
Dolmetscher. 
Da Samuel Maharero durch einen Todessall in 
seiner Familiec an der Theilnahme verhindert war, 
so bestimmte er an seiner Statt den bei den Hereros 
großes Ansehen und Vertrauen genießenden Unter- 
kapitän Assa Niarna zum Grenzkommissar, dem die 
Großmänner Julius, Paulus, Christian, Friedrich 
Maharero, Hugo und der Schulmeister Wilhelm 
beigegeben waren. Letztere gehören zu den Besten 
und Ernstesten unter den Hereros und erfreuen sich, 
insbesondere der Aelteste der Kirchengemeinde in 
Okahandya Julius und Paulus des größten Ver- 
trauens auch bei den Samnel Maharero weniger 
ergebenen Hereros. Der verzeichnete Friedrich 
Maharero ist der älteste Sohn des Oberkapitäns. 
Der Regierungsassessor v. Lindequist berichtet über 
die Thätigleit der Kommission unter dem 19. Jannar 
Folgendes: 
Am 21. Dezember v. Is. verließ ich Windhoek 
zwecks Abreiten der Südgrenze des Hererolandes 
gemäß § 2 des Vertrages vom 6. Dezember 1894. 
Bis Aais schloß ich mich dem Zuge des Herrn 
Majors Leutwein an. 
Am 2. Januar d. Is. brach ich mit acht Neitern 
und den mich begleitenden Okahandya-Hereros gen 
Gobabis auf. 
Am Mittag des zweilen Tages stieß ich bereits auf 
dic ersten Hereroposten, die sich südlich von Gobabis 
an dem auf der v. Frangoisschen Spezialkarte, Ab- 
theilung Gobabis, als Gunakhas bezeichneten Platze 
am schwarzen Nosob befanden, und deren Vieh 
schon darüber hinaus nach Kaitsaub zu weidete. 
Auf meine und der Okahandyaleute Vorslellungen 
hin versprachen sie jedoch sofort jenseits Gobabis 
zu ziehen. Schwerer war es, einen sehr starken 
östlich von Gunakhas befindlichen und noch weiter 
südlich vorgeschobenen Posten Kahimoas zum Ziehen 
zu bewegen. An einer von der Aais-Gobabisstraße 
wie von der Ngamiseestraße abseits gelegenen see- 
artigen Vley, die weder auf der Franvoisschen noch 
auf der Kiepertschen Karte verzeichnet ist, slanden 
mehrere Tausend Stück des ausgezeichnetsten Rind- 
viehs. 
Ueber diesen Platz, den einzigen in den mir be- 
kannten Gebicten, der meines unmaßgeblichen Er- 
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achtens für Ackerbau in größerem Stile, insbesondere 
für Kleinbauern, in Frage kommen kann, sowie über 
die vielversprechenden Weideverhältnisse der von mir 
durchreisten Gebiete bitte ich, mir besonderen Bericht 
gehorsamst vorbehalten zu dürfen. 
In Gobabis galt es zunächst die Nordlinie fest- 
zusetzen, welche die Hereros unmittelbar nördlich 
Gobabis gezogen haben wollten, da der alte Kama-= 
herero die Lamberthottentotten daraus vertrieben 
und denselben später auf ihre Bitten den Platz 
Gobabis erst wieder überlassen hätte. Mit vieler 
Mühe gelang es, sie dazu zu bewegen, das Land 
von Gobabis bis zur Ostgrenze und westlich bis 
Wiwley bis mindestens acht Wagenstunden nach Norden 
als den Deutschen gehörig anzuerkennen. 
Nachdem sie sich endlich hiermit einverstanden 
erklärt hatten, kündigten sie allen in diesem Gebiete 
befindlichen Viehbesitzern und Postenhaltern dies an 
und befahlen ihnen, theils soforl, theils beim Eintritt 
der Regenzeit zu ziehen. Falls es sich später als 
nothwendig erweisen sollte, die Grenze äußerlich 
kenntlich zu machen, so müßten Marken gesetzt 
werden. Dies schon jeßt zu thun, verbot sich wegen 
Zeitmangels. 
In Omataure am weißen Nosob erschien der 
Unterkapitän Nicodemus mit etwa 100 gut- 
bewaffneten und kriegsgewöhnten Leuten, um mich 
zu begrüßen und über die Grenze zu sprechen. Er 
verlangte mit der ganzen Hartnäckigkeit seines 
Charakters, daß die Grenze so gezogen werde, daß 
Seeis den Hereros verbliebe. Nach mehr als zwei- 
slündiger Debatte ließ er Seeis fahren, wogegen 
ich so weit entgegenkam, daß ich den Hereros vor- 
läufig den alleinigen Gebrauch des Nosobwassers 
von Witvley bis Otyipauc zugestand. Gegen die 
Nothwendigkeit einer Grenzregulirung verschloß er 
sich übrigens nicht und vertraute mir später unter 
vier Augen an, daß er nunmehr mit der durch die 
Anwesenheit des Majors Leutwein in Okahandya 
im Juni v. Is. geschaffenen Lage einverstanden sei, 
sich mit Samuel Maharero ganz ausgesöhnt und 
das Vertrauen zu den Deutschen habe, daß sie ihm 
seine Selbständigkeit als Unterkapitän lassen würden. 
Als er im Juli v. Is. nach Okahandya gekommen 
sei, habe er geglaubt, er würde gleich Andreas 
Lambert erschossen werden. Nicodemus begleitete 
mich bis Otyiheinena am oberen Nosob. 
Als ich am folgenden Tage von Assa Riarna 
und den Okahandyaleuten verlangte, daß sie ihren 
Stammesgenossen weiter bekannt gäben, daß von 
Witvley der Nosob die Grenze bilde und die auf 
dem rechten Ufer wohnenden Damaras auf das 
linke hinüberziehen müßten, begegnete ich einem offen- 
bar durch Nicodemus' Anwesenheit noch gestärkten 
Widerstande. Sie malten aus, wie die Rinder alle 
verhungern müßten, und verlangten, daß hier vor- 
läufig Alles beim Alten bliebe. Samuel müsse den 
Vertrag mit der Regierung ändern. Da mir vor 
Allem daran liegen mußte, die Okahandyaleute auf
	        
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