Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

und in Alkohol konservirte Stengeltheile der Pflanze 
zu erhalten, und zwar in denjenigen Entwickelungs- 
stadien der Pflanze, in denen der Faserstoff die für 
die praktische Verwendbarkeit geeignetsten Eigen- 
schaften besitzt, d. h. während der Entfaltung der 
Blüthen. Es ist nicht nur wissenschaftlich von 
Wichtigkeit, sondern auch für die Praxis von 
größtem Interesse, die anatomische Struktur dieser 
bis jetzt in dieser Beziehung nur ungenügend be- 
kannten Pflanze näher kennen zu lernen. 
  
Nittel gegen Insektensliche. 
Ein noch wenig bekanntes, aber sicheres Schutz- 
mittel gegen Insektenstiche ist nach „Unter dem 
rothen Kreuz“ die Tinktur von Pyrethrum roscum, 
welche man mit der zehnfachen Menge Wasser ver- 
dünnt. Ueber dieses sichere Schutzmittel gegen 
Insektenstiche schreibt der Forscher F. Jäger in 
seinen „Reiseskizzen von Singapore, Malakla und 
Java“ Folgendes: Ich passirte oftmals des Nachts 
in einem Boote die übelberufenen Flüsse Siams ohne 
alle Schußbedeckungen, nur mit der Pyrethrum= 
tinktur eingerieben. Auf der Jagd gewährt selbst 
im heißesten Klima das einmalige Einreiben des 
Gesichtes, des Bartes und der Hände Schutz auf 
zwölf Stunden vor allen Belästigungen durch In- 
sekten. Die größte Plage der Tropen, die Ameisen, 
kann man durch Pyrethrumpulver beseitigen. Ein 
schmaler Streifen dieses Pulvers oder das Aus- 
gießen einer Portion Tinktur bildet die sicherste 
Barriere gegen eine Ameisenkarawane. Die vordersten 
Ameisen werden auf die Substanz gedrängt, zeigen 
aber sofort Spuren von Betäubung, sterben rasch, 
und alle anderen entweichen. 
Ueber die Wehrmacht Deutschlands in den Nolonien 
bringt das Militärwochenblatt in Nr. 75 und 76 
einc interessante Darstellung. Entstehung, Zusammen- 
setzung, Ausbildung, Bewaffnung und Bekleidung 
sowie Leistungsfähigkeit der ostafrikanischen wie der 
westafrikanischen Schutztruppen sind darin übersichllich 
in kurzen Zügen geschildert. 
Debung des englischen Fabrzenges „Taif“. 
Der Taucher S. M. Schiffes „Seeadler“ hat mit 
Bewilligung des Kapitäns am 13. Juli das unter- 
gegangene englische Fahrzeug „Taif“ auf dem 
Meeresgrunde aufgesucht und die nöthigen Vor- 
kehrungen zur Hebung des Schiffs getrossen. In- 
solgedessen konnte es schon am Tage darauf ziemlich 
unbeschädigt in die Höhe gebracht und aus Land 
geschafft werden. 
1447 
  
Tilkerarische Besprechungen. 
Edouard Petit: Organisation des colonies 
franoaises. Paris, Nancy 1895. Band II. 
Von dem großen Werke des Prosessors an der 
Pariser Kolonialschule und Bürcauchefs im Kolonial- 
ministerium Petit, dessen ersten Bandes hier ein- 
gehend Erwähnung geschehen ist, ist vor Kurzem auch 
der zweite abschließende Theil erschienen. Es ist hierin 
an erster Stelle das Deportationswesen von Ver- 
brechern nicht nur in den französischen Kolonien, 
sondern auch in dem darin mustergültigen Australien 
ausführlich in seiner Entwickelung dargestellt. Das 
zweite Kapitel behandelt die neuerdings in Frankreich 
eingeführte Relegation rücksälliger Verbrecher. Es 
schließt sich daran die Schilderung des Strafanstalts- 
wesens in den französischen Kolonien. Bieten schon 
diese Abschnitte sehr viel des Neuen und für den 
Praktiker wie Gelehrten Werthvollen, so gilt das in 
nicht geringerem Maße von dem zweiten Theile des 
vorliegenden Bandes, welcher die Landesgeseßgebung 
der verschiedenen französischen Kolonien darstellt. Wie 
bekannt, bietet gerade dieser Zweig der Kolonial= 
verwaltung die allergrößten Schwierigkeiten, und man 
ist noch weit entsernt davon, auf diesem Gebiete die 
überall passenden Normen gefunden zu haben. Zu 
bedauern ist, daß der Verfasser nicht auch die sehr 
zahlreichen und lehrreichen Versuche und Erfahrungen, 
welche Frankreich auf dem Gebiete der Landesgesetz- 
gebung in Algier gemacht hat, in den Bereich seiner 
Darstellung zieht. Gilt Algier auch staatsrechtlich 
in Frankreich nicht mehr als Kolonie, so sind doch 
die erwähnten Masinahmen daselbst für ein Buch 
wie das vorliegende mindestens ebenso interessant 
wie die Schilderung der Erfahrungen, welche in 
Australien und Tunis mit der Torrensakte gemacht 
worden sind. 
Die nächsten Abschnitte des Werkes sind der 
Schilderung des Polizeiwesens, der Sanitätseinrich- 
tungen, Sparkassen, milden Stiftungen, des Post- 
wesens, der Verwaltung der öffentlichen Arbeiten und 
des Justiz-, Unterrichts= und Kultuswesens gewidmet. 
Den Abschluß bildet ein sehr lehrreiches Kapitel über 
die gesammte Entwickelung des Zollwesens in den 
französischen Kolonialbesibungen. Da auch auf diesem 
Gebiete die Erfahrungen noch lange nicht abgeschlossen 
sind, empfehlen wir besonders diesen Abschnitt des 
Werles dem Studium aller Kolonialinteressenten. 
Da der erste Band des Buches noch vor Er- 
richtung eines Kolonialministeriums in Paris er- 
schienen war, giebt der Verfasser als Anhang zu 
dem zweiten Bande noch in dankenswerther Weise 
eine Zusammenstellung aller Aenderungen, die durch 
die neue Einrichtung in der französischen Kolonial= 
verwaltung herbeigeführt worden sind. 
 
	        
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