Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Wirksamkeit, wenn diese Bestätigung nicht binnen 
sechs Monaten erfolgt. Auch kann der General- 
gouverneur Polizei= und Verwaltungsvorschriften 
unter Strafandrohung für den Fall der Zuwider= 
handlung (Haftstrafe bis zu sieben Tagen, Geld- 
strafe bis zu 200 Frcs.) erlassen. 
Unter dem Vorsitz des Generalgouverneurs be- 
sieht ferner ein comité consultatil, dem neben 
den höchsten Beamten der Lokalregierung eine Anzahl 
(jedoch höchstens fünf) vom Gouverneur auf die 
Dauer eines Jahres ernannter Mitglieder angehört. 
Diesen Beirath hat der Generalgouverneur zu hören 
über alle Maßnahmen von allgemeinem Interesse, 
die er entweder von sich aus durchführen oder bei 
der Centralregierung in Vorschlag bringen will. 
Dabei ist aber ausdrücklich festgesetzt, daß die An- 
sichten dieses Beiraths für die Entschließungen des 
Generalgorwerneurs keine bindende Kraft haben. 
Die letzte der drei Vollzugsverordnungen des 
Staatssekretärs, das Réglement genéral pour le 
personel de I’Etat en Alrique, enthält eine er- 
schöpfende Kodifikation des Beamtenrechts der in 
Afrika verwendeten Beamten des Kongostaates. Sie 
behandelt die Ernennung (Art. 1), die Pflichten 
(Art. 2 bis 4), die Rechte der Beamten (Räcktritt 
und Entlassung Art. 5 bis 7, Urlaubsansprüche 
Art. 8 bis 14, Ersatz der Reisekosten Art. 15 bis 19, 
Gehaltsansprüche Art. 20 bis 32), die Dienstaus- 
zeichnung und die Dienstpolizei (Art. 34 und 35). 
Die Ernennung der Beamten erfolgt theils durch 
den Souverän, theils durch den Staatssekretär, theils 
durch den Generalgouverneur. 
Aus den Bestimmungen über die Pflichten der 
Beamten ist besonders interessant die Fixirung des 
Grundsatzes, daß (mit ganz wenigen Ausnahmen) 
der Generalgouverneur befugt ist, jedem Beamten 
ohne Rücksicht auf den Dienstzweig, für welchen der- 
selbe ursprünglich bestimmt war, aus Gründen des 
staatlichen Interesses im Haupt= oder Nebenamt 
diejenigen Funktionen zu übertragen, für welche er 
den betreffenden Beamten besonders geeignet erachtet. 
Die Beschäftigung eines Beamten im Nebenamt giebt 
an sich keinen Anspruch auf Gehaltszulage oder 
Rangerhöhung. 
Mit dem Eintritt in das Personal der Ver- 
waltung im Kongogebiet übernimmt der Bamte die 
Verpflichtung, mindestens drei Jahre in Afrika zu 
dienen, sofern nicht durch Zeugniß eines Regierungs- 
arztes festgestellt oder sonst regierungsseitig an- 
erlannt wird, daß sein Gesundheitszustand ein län- 
geres Verweilen im Kongogebiet nicht gestattet. Im 
Uebrigen ist den Beamten zur Pflicht gemacht, von 
allen Handelsgeschästen, bei denen nicht der 
Staat selbst betheiligt ist, sich fernzuhalten; 
auch ist die Annahme von Belohnungen seitens 
Dritter untersagt. Das Dienstgeheimniß ist während 
der Dienstzeit Amtspflicht, nach dem Ausscheiden 
aus dem Dienste Ehreupflicht. 
  
17 — 
Der freiwillige Austritt aus dem Dienste kann 
erfolgen nach abgeleisteter dreijähriger Dienstzeit. 
Schon vor dieser Zeit kann der Generalgouverneur 
jeden Beamten, welchen er für den Dienst in Afrika 
nicht geeignet erachtet, nach Europa zurückschicken. 
Jeder Beamte hat nach Ablauf der dreijährigen 
Dienstzeit Anspruch auf Urlaub nach Europa in der 
Maximaldauer von sechs Monaten. Binnen acht 
Tagen nach Ankunft in Europa hat er sich bei der 
Abtheilung der Centralregierung, welcher er unter- 
stellt ist, zu melden und sich während des ganzen 
Urlaubs zur Disposition des Staatssekretärs, der 
ihn jederzeit zu Arbeiten heranziehen kann, zu halten. 
Für die durch den Aufenthalt in Brüssel zum Zweck 
der Meldung entstehenden Kosten wird eine Ver- 
gütung nicht gewährt. 
Auserordentlicher Urlaub oder Verlängerung des 
regelmäßigen Urlaubs kann nur aus gesundheitlichen 
Rücksichten gegeben werden. 
Die Bezüge der in Afrika stationirten Beamten 
setzen sich zusammen aus dem (für die Dienst= und 
Urlaubszeit verschiedenen) Gehalt, der Natural- 
verpflegung und dem Ersatz für Reisekosten. 
Die Höhe des Gehalts wird festgesebt durch den 
Staatssekrelär. Ferner liefert der Staat freic Woh- 
nung und Verpflegung, wobei an Stelle der Letteren 
ein für den einzelnen Fall festzusetzendes Verpfle- 
gungsgeld treten kann. 
Scheidet der Beamte vor Ablauf der drei- 
jährigen Dienstzeit aus dem Dienste aus, so wird 
die Gehaltszahlung mit dem Momente eingestellt, 
in welchem der Beamte seinen Dienst in Afrika 
niederlegt. 
Nimmt der Beamte nach Ablauf der dreijährigen 
Dienstzeit seine Entlassung oder wird er vom Gon- 
verneur als zum Dienste in Afrila untauglich zurück- 
geschickt, so erhält er bei sofortiger Rückkehr nach 
Europa das volle Gehalt bis zum Tage der Ein- 
schiffung im Kongostaat, und weiterhin bis zum 
Tage der Landung in Europa, jedoch nicht länger 
als bis zum 30. Tage nach der Einschiffung, die 
Hälfte des Gehalts. 
Stirbt ein Beamter in Afrika, so erlöschen die 
Gehaltsansprüche mit dem Todestage. 
Von dem Gehalte ist während der Dienstzeit nur 
die Hälfte fällig. Diese wird dem Beamten aus- 
bezahlt, während dic zweite Hälfte, welche bis zum 
Tage der Aushändigung rechtlich im Eigenthum des 
Staats bleibt, als Reserve bei der staatlichen Spar- 
kasse niedergelegt wird. Diese Reserve, von welcher 
eltwa gewährte Vorschüsse für die Ausrüstung und 
aus dienstlichen Verhältnissen erwachsene Forderungen 
des Staats an den Beamten abzuziehen sind, wird 
dem Beamten nach seiner Rückkehr von Urlaub, bezw. 
im Falle seines Todes seinen Erben ausbezahlt. 
Ergeben sich über die Höhe der Reserve Differenzen, 
so entscheidet die Centralverwaltung unter Aus- 
schluß jeglichen Rechtsmittels.
	        
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