Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

in dem benachbarten Majumba, mit frauzösischen 
Fahnen im Ueberfluß geschmückt, und abends konnte 
ich die glänzende Illumination des kleinen Ortes 
vom Dampfer aus bewundern. 
Am nächsten Tage fand ich in Loango noch das 
umfangreiche Festprogramm für diesen Regierungs- 
hauptsitz an den öffentlichen Gebäuden angeschlagen. 
Es war in Loango selbst sehr schön gedruckt und 
bestand ans Salutschießen, Parade, Konzert, öffent- 
lichen Belustigungen und Illumination. In Gabun 
selbst findet an diesem Tage alljährlich eine große 
Ausstellung für sämmtliche Erzeugnisse mit Preis- 
vertheilung (Goldene Medaille) statt. 
Wie Gabun für den Norden, so ist Loango für 
den Süden der Hauptort. Es ist mit Brazzaville 
durch eine breite und vollständig sichere Straße ver- 
bunden, welche den Handel vom Kongo ab und zur 
Küste hingeleitet hat, da nunmehr die Trägerkarawanen 
direkt, ohne Umladung bis Loango hinunter verkehren 
können. Loango hat indessen wie alle Küstenplätze 
südlich Kap Lopez wegen der, der Lagune vor- 
gelagerten starken Brandung, die zur Küste nicht 
parallel, sondern im Winkel läust, ganz außerordent- 
lich schwierige Landungsverhältnisse. Man sucht 
dieselben dadurch theilweise zu umgehen, daß die 
schwimmenden Güter, wie Palmölfässer und Nutzholz 
bei guter See durch die Brandung gebracht und 
anßerhalb derselben verankert werden, so daß sie bei 
Ankunft des Dampfers bereit liegen; hierbei werden 
die nicht schwimmenden Hölzer (barwood) mit 
leichten korkähnlichen Hölzern durch eiserne Klammern 
verbunden, um über Wasser gehallen zu werden. 
In Loango trifft man die erste Faktorei des 
„Holländischen Hauses“ in Rotterdam, dessen aus- 
gedehnte und luxuriös angelegte Faktorcien nunmehr 
an jedem Handelsplatze in beherrschender Lage zu 
finden sind. Mit 118 größeren Faktoreien, zahl- 
reichen Flußdampsern und eigener Dampferlinie hat 
diese Firma, deren Angestellte durchweg deutsch 
sprechen können, einen Hauptantheil an dem Handel 
des gesammten Kongogebietes, ihr zunächst kommt 
die englische, auch in unserem Schutzgebiete — Wasser- 
sall — vertretene Firma Hatton & Cookson. 
Der Zwischenhandel ist im Kongogebiet unbe- 
lannt, die Trägerkarawanen von oft bis zu 100 Mann 
bringen den Faktoreien nach wochenlangem Marsch die 
Erzeugnisse Gummi, Elfenbein und trockenes Palmöl 
ins Haus und ruhen sich dort 8 bis 14 Tage vor 
dem Wiederaufbruche aus, weshalb die Faktoreien 
alle zur Beherbergung von Karawanen eingerichtet 
sind. Der Kongogummi ist in sehr lleinen Stücken 
und stark mit Unreinigkeiten durchsetzt, trotzdem wird 
er unsortirt verschifft, er kommt an Gite nicht ent- 
sernt dem unsrigen Uleich. 
Der Dampfer wird in Banana von den Lootsen 
des Kongostaates in Empfang genommen und über 
Voma und Noki (portugiesisch) bis hinauf nach Matadi 
gebracht, wo die Stromschnellen bei Vivi der Dampf- 
schisssahrt ein Ende machen. 
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Die Eisenbahn, die zur Umgehung der Strom- 
schnellen des Kongo zwischen Matadi und Leopold- 
ville erbaut wird, ist bis zum Kilometerposten 102 
gefördert; Regierungshauptsitz ist Boma, das sich 
einer Dampfstraßenbahn erfreut, die vom Flußufer 
hinauf nach den prachtvollen eisernen Regierungs- 
und Beamtenhäusern führt. 
Ein Fort mit sieben Panzerthürmen, die mit 
je zwei Kruppschen Riesengeschützen armirt sind, be- 
herrscht Fluß und Stadt. In Boma befindet sich 
ein italienisches und ein englisches, mit 600 Pfund 
Sterl. jährlich dotirtes Vizekonsulat, das von dem 
Konsulat in St. Paulo de Loanda ressortirt. Das 
staatliche Riesenhotel aus Eisen ist ebenso wie die 
in Banana und Matadi geschlossen, da die Beamten 
es vorziehen, mit Hülfe ihrer täglichen Verpflegungs- 
zulagen (außer Gehalt) von je 6, 8, 10 und 
12 Franken sich selbst zu beköstigen. 
Sehr unzufrieden war die Stimmung der Kauf- 
mannschaft über die Handlungsweise der Regierung, 
welche Elfenbein und erstklassiges Gummi ausschließ- 
lich für sich reservirt hat und den Verkauf dieser 
beiden Artikel den Kaufleuten nicht gestatlet. Zur 
Zeit hielten sich in Boma gerade cin schwedischer 
und ein deutscher Handlungsreisender auf, von 
denen der erstere Holzlieferungen mit der Negie- 
rung abschloß, der letztere in Ausfuhrartikeln für ein 
Hamburger Haus reiste. 
Der Kongo-Freistaat rüstet sich bereits für seine 
Brüsseler Ausstellung im Jahre 1897 und sendet 
heimische Photographen zu Aufnahmen durch das Land. 
In den südlich vom Kongoflusse gelegenen portu- 
giesischen Gebieten „Kongo“ mit dem Regierungs= 
hauptsitz in Cabinda (nördlich vom Kongo) und 
Provinz „Angola“, Hauptstadt St. Paulo de Loanda, 
tritt zu den bisherigen Produkten als weiteres Haupt- 
aussuhrerzeugniß der (wilde) Kaffee hinzu; er ist 
eine kleinbeerige Art und wird in demselben unau- 
sehnlichen, unreinen und brüchigen Zustande verschifft, 
wie ihn die Eingeborenen in die Faktoreien liefern. 
Nur das „Holländische Haus“ besictzt Schäl-, Reini- 
Jungs= und Sortirmaschinen. 
Dieser Kassee wird zu Hause zur Vermischung 
mit besseren Sorten und zur Anfertigung von Kaffee- 
ersatzmitteln gebraucht und erzielt gute Preise. Fracht 
40 Schillinge die Tonne. 
Die einheimische Bevölkerung beider Provinzen 
wurde zur Zeit schwer durch die Pocken heimgesucht, 
so daß auch der Handel ganz danieder lag. Die 
portugiesische Regierung verhält sich vollständig passiv 
gegen diese Epidemie. 
Von Ambriz aus, wo die gewaltige Barre durch 
große Segelleichter überwunden wird, beginnt die 
Provinz Angola, welche bereits ein von Loanda 
ausgehendes 302 km langes Eisenbahnnetz mit End- 
station Queta hat. Der Chef des „Holländischen 
Hauses“, Herr Wenniger, ist Kaiserlich deutscher 
Konsul in Loanda, woselbst sich nur eine neuere 
deutsche Firma befindet. St. Paulo de Loanda ist 
 
	        
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