Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

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Dasselbe ist zugleich als erstinstanzliches Gericht zuständig für diejenigen Civil- und Strafprozesse, 
welche nicht zur Zuständigkeit der Häuptlinge gehören. 
Das Verbrechen des Mordes und Todtschlags bleibt jedoch der Jurisdiktion des Schiedsgerichts 
entzogen. Auch ist dasselbe nicht befugt, auf Todesstrase sowie auf eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei 
Jahren zu erkennen. 
83. 
Für die Rechtsprechung des Schiedsgerichts sind die an Ort und Stelle in Uebung stehenden 
Gebräuche und Gewohnheiten maßgebend. 
8 4. 
Die Mitglieder des Eingeborenen-Schiedsgerichts sowie deren Stellvertreter werden durch den 
Kaiserlichen Gouverneur oder den von ihm beauftragten Beamten ernannt. Die Ernennung ist jederzeit 
widerruflich. 
85. 
Das Schiedsgericht ernennt einen Vorsitzenden, welcher die Verhandlungen zu leiten, sowie einen 
Sekretär, welcher über jeden Streitfall ein Protokoll zu führen hat. Das Protokoll, welches das Datum 
des Sißungstages, die Namen der Nichter und der Parteien, den Gegenstand und Grund des Rechtsstreits 
sowie die erlassene Entscheidung enthalten muß, ist von dem Vorsitzenden und dem Protokollführer zu 
unterschreiben. 
Die Protokolle eines Jahres sind chronologisch zu einem Aktenstücke zu vereinigen und können von 
dem Gouverneur und dessen Stellvertreter jederzeit eingesehen werden. Auch steht dem Gonverneur sowie 
dem von ihm beauftragten Beamten jederzeit frei, den Sitzungen des Eingeborenen-Schiedsgerichts 
beizuwohnen. 
86. 
Gegen die Entscheidungen des Schiedsgerichts ist Berufung an den Leiter der Regierungsstation 
Edea oder dessen Stellvertreter zulässig. Dieselbe muß binnen einer Woche nach Verkündung der Ent- 
scheidung schriftlich oder mündlich bei der Kaiserlichen Regierungsstation eingelegt werden. 
87. 
Die der Kompetenz des Eingeborenen-Schiedsgerichts nicht unterworfenen Strafsachen sind der 
Jurisdiktion des Leiters der Regierungsstation beziehungsweise dessen Stellvertreter vorbehalten. 
Kamerun, den 30. September 1895. 
In Vertretung des Kaiserlichen Gouverneurs: 
(L. S.) gez. Dr. Seitz. 
Bekanntmachung für das Schutzgebiet der Neu-Guincea-Kompagnie. 
An Stelle des abberufenen Kaiserlichen Nichters Herrn Brandeis ist laut Erlaß des Herrn 
Reichskanzlers vom 14. Oktober d. Is. der Königlich preußische Gerichtsassessor Herr Mellien auf Grund 
des Reichsgesetzes vom 13. März 1888 (N. G. Bl. S. 71) zur Ausübung der Gerichtsbarkeit J. Instanz 
im Schutgebiete der Neu-Guinea-Kompagnie ermächtigt worden. 
Gleichzeitig hat derselbe auf Grund des § 4 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der 
deutschen Schußgebiebe (N. G. Bl. 1888 S. 75), und des Reichsgesetzes, betreffend die Eheschließung und 
die Beurkundung des Personenstandes von Rcichsangehörigen im Auslande vom 4. Mai 1870 (B. G. Bl. 
S. 599) die Ermächtigung erhalten, für seine Person und für die Dauer seiner Thätigkeit im Schutgebiete, 
im Bismarck-Archipel bezüglich aller Personen, welche nicht Eingeborene sind, bürgerlich gültige Ehe- 
schließungen vorzunehmen und die Geburten, Heirathen und Sterbefälle zu beurkunden. 
Die gleiche Befugniß ist demselben für Kaiser Wilhelmsland in Behinderungsfällen des hiesigen 
Standesbeamten übertragen. 
Friedrich Wilhelmshafen, den 10. Dezember 1894. 
Der Kaiserliche Landeshauptmann. 
In Vertretung: 
(L. S.) gez. Rüdiger.
	        
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